Am Wiener Stephansplatz soll heute der rechts-katholische „Marsch für die Familie“ stattfinden – als Gegenveranstaltung zur Vienna Pride. Aktivist*innen haben den Platz in der Nacht mit Parolen für Liebe und LGBTIQ+ bemalt.
„Marsch fürn Arsch“ – mit diesem Slogan protestieren linke und LGBTIQ+-Aktivist*innen seit Jahren in Wien gegen den sogenannten „Marsch für die Familie“. Dieser Marsch ist eine weit rechte und katholische Mobilisierung, ein rechter Gegenprotest zur Vienna Pride am selben Tag. Und beim „Marsch für die Familie“ sammelt sich alles, was rechts ist: Von katholischen Fundi-Kreisen über den ehemaligen Wiener ÖVP-Akademikerbund (der es geschafft hat, wegen Rechtsabweichung aus der ÖVP zu fliegen) bis zu offenen Neofaschist*innen.
Jetzt fallen die Masken: Die erste – und sehr aggressive – Reihe des Fundi-Aufmarschs wird nun unter anderem von bekannten extremen Rechten gebildet. Sie sind mit Schirmen und Röhren ausgerüstet. #MarschfuernArsch #w1610 pic.twitter.com/tWoUlzOUgQ
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) October 16, 2021
Als Organisator tritt meist der Burschenschafter Georg I. Nagel auf, der einst als Sprecher der gescheiterten extrem rechten „Pegida“ eine mehr als traurige Figur machte. Seitdem versucht er, mit immer wahnwitzigeren Aktionen Aufmerksamkeit zu erregen: So fuhr er etwa kurz nach dem Terroranschlag in Wien mit einem LKW durch die Stadt, von dem Schussgeräusche abgespielt wurden.
Die Wandlung von Nagel ist dabei beachtlich: Immerhin war der heutige Kämpfer für die Familie einst selbst Fetisch-DJ, samt Plüschkostüm und Plastikdildo. (Plüschkostüme und Plastikdildos sind übrigens absolut okay – ganz im Gegensatz zu FaschistInnen.)
Das ist der extrem rechte Typ, der heute in Wien Menschen verängstigt hat, indem er Maschinengewehrsalven über einen Lautsprecherwagen abspielte. Mit Plüschkostüm und Plastikdildo. Das Internet vergisst nicht, Georg Nagel oder früher "George Le Nagelaux". pic.twitter.com/AXEwc1fB48
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) November 8, 2020
Der „Marsch für die Familie“ wird jedes Jahr von Protesten von linken und LGBTIQ+-Aktivist*innen begleitet. Die Rechten agieren dabei meist ebenso nervös wie hoch aggressiv – ich als Journalist wurde im vergangenen Jahr sogar körperlich attackiert. Doch für heuer haben sich Aktivist*innen der Peace-Party als Protest gegen den rechten Aufmarsch etwas Besonderes einfallen lassen: In der Nacht auf heute haben sie den Stephansplatz mit Parolen für Liebe, Pride und die Rechte von LGBTIQ+-Menschen bemalt.
Direkt auf den Parolen werden die Organisator*innen jetzt ihren reaktionären Marsch abhalten müssen – falls sie nicht noch ein Putzkommando organisieren können. Der Bühnenaufbau heute morgen jedenfalls muss noch direkt vor der Parole „FÜR LEIWAND, GEGEN (M)ARSCH“ stattfinden.
Eigentlich wäre noch weit mehr geplant gewesen, erzählt Peace-Party-Sprecher Marcus Grimas. „Doch die Farbe ist nicht rechtzeitig geliefert worden.“ Den zentralen Wiener Stephansplatz – wie auch weitere zentrale Plätze in der Innenstadt – hätten die Wiener Fundis übrigens noch bis 2025 angemeldet, sagt Grimas.
„Doch dann ist Schluss“. Ab 2026 hätte die Peace Party nun Demos angezeigt – und damit könnte sich auch der Stephansplatz am Tag der Regenbogenparade in einen Platz der Liebe und der Pride verwandeln.
Lautstarker Protest gegen die Schlusskundgebung des katholisch-fundamentalistischen Aufmarschs in Wien: "Hätt Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben". Die Rechten sind hörbar entnervt. Es holpert … und stolpert.#viennapride #Pride pic.twitter.com/jycNvGuz5C
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) June 19, 2021
Doch 2022 ist es noch nicht so weit – und deshalb werden auch heuer Aktivist*innen gegen den „Marsch fürn Arsch“ protestieren, bevor die meisten von ihnen an der Regenbogenparade teilnehmen.
Die Zahlenverhältnisse sprechen dabei übrigens für sich: Während bei der Vienna Pride jedes Jahr mehr als hunderttausend Menschen ein Fest der Liebe und Toleranz feiern, können die extremen Rechten und Fundis gerade einmal einige hundert Personen mobilisieren.
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