Der Krone-Kolumnist steigt als „unabhängiger“ Rechter ins Rennen um die Präsidentschaft. Ganz so unabhängig ist er wohl nicht: Finanziert wird er von Milliardär Stronach – und im Hintergrund steht die Krone.
Tassilo Wallentin hat sich lange Zeit gelassen. Erst am 14. August verkündet er seine Kandidatur – damit hat er gerade einmal rund drei Wochen Zeit, um die 6.000 Unterstützungserklärungen zu sammeln, die für den Wahlantritt nötig sind. Bereits am 2. September endet die Frist.
Doch der 48-jährige Wiener Rechtsanwalt hat mächtige Verbündete. Vor allem mit der Krone ist Wallentin seit Jahren eng verbunden, der größten Zeitung des Landes. Die geschäftlichen Verbindungen zur Eigentümerfamilie Dichand beginnen spätestens, als Wallentin Anwalt des inzwischen verstorbenen Krone-Gründers Hans Dichand wird. 2004 lässt Wallentin dann sogar den Zeitungsnamen „Heute – Aktuell in den Tag“ schützen, wie Dossier 2014 berichtet. Heute ist inzwischen gemeinsam mit Ö24 das wichtigste Gratisblatt in Österreich.
Herausgegeben wird Heute von Eva Dichand. Und die ist wiederum die Frau des heutigen Krone-Herausgebers Christoph Dichand, also dem Sohn des Krone-Gründers. Es bleibt in der Familie.
Rechtes Ping Pong
Später wird Wallentin für die Dichands dann auch publizistisch tätig. Seit fast zehn Jahren ist er nun bereits Kolumnist in der Sonntagsbeilage der Krone – und kann dort auf seiner Meinungsseite „Offen gesagt“ rechte politische Positionen an ein Massenpublikum ausspielen. Ideologisch passende Politiker*innen wie etwa Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz sorgen dann in sozialen Medien für die entsprechende Verbreitung seiner Kolumnen.
Ex-Krone-Chefredakteur Richard Schmitt erklärte das Wechselspiel zwischen den Boulevard und der Politik einst in einem Interview mit dem Fleisch-Magazin am Beispiel von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache: „Wenn Strache einen normalen Bericht von uns auf Facebook teilt, dann merken wir, das haut die Quote auf das 1,5-Fache hoch.“ Es ist ein Ping-Pong-Spiel, wo Krone und Rechte gleichermaßen gewinnen.
Die armen Verfolgten
Die Krone hat Wallentin aufgebaut und bekannt gemacht. Damit ist für den Anwalt wohl auch einiges an Geld hereingekommen: Inzwischen acht Bände mit seinen gesammelten Kolumnen hat Wallentin herausgebracht – die er wiederum in der Krone bewerben durfte. Etwas skurril allerdings wirkt in diesem Zusammenhang die Bewerbung des jüngsten Bandes.
Wallentin würde „jede Woche Themen in der KRONE BUNT auf[greifen], die der Journalismus-Mainstream in dieser Form und Klarheit nicht zu schreiben wagt“, heißt es vom Seifert Verlag. Zur Erinnerung: Wallentin durfte bis zur Bekanntgabe der Kandidatur seine Ergüsse wöchentlich in der Krone verbreiten, der auflagenstärksten Zeitung des Landes. Mehr Mainstream geht nicht.
Wallentin und die Fake News
Mit dem journalistischen Ethos dürfte es Wallentin selbst übrigens nicht so genau nehmen. Vice – ein Medium, für das ich auch lange geschrieben habe – hat 2017 eine Kolumne untersucht, wo der Rechtsanwalt behauptete, dass die Regierung die Kriminalität von Menschen mit Migrationshintergrund klein rechnen würde. Titel: „Wir haben die falschen Behauptungen des „Krone“-Kolumnisten korrigiert“.
In der Kolumne zog Wallentin alle einschlägig rechten Register. Von angeblichen „afghanischen Sex-Mobs“ über die „afrikanische Drogenmafia“ bis zum „Asylmissbrauch“. Fazit von Vice zur Kolumne: „Wallentin führt 7 Punkte an, wie und warum die Regierung die Bürger belügt. 6 der 7 Punkte haben teils gravierende faktische Fehler. Bei einem Punkt ist Wallentin für eine faktische Beurteilung zu ungenau. Alle Informationen, die Wallentin benötigt hätte, sind online zugänglich.“
Und es dürfte kein Einzelfall sein. So wird Wallentin in der Zib2 am 19.09. mit einer Behauptung aus einer seiner Kolumnen vom 8. Mai 2022 konfrontiert: Asylwerber*innen würden den Großteil der Mindestsicherungsbezieher*innen ausmachen, fabuliert Wallentin. Der Schönheitsfehler: Menschen im Asylverfahren haben gar keinen Anspruch auf Mindestsicherung. Reaktion von Wallentin: Er behauptet einfach faktenfrei, dass er dennoch recht hätte. So funktionieren Fake News.
Eine Hand wäscht die andere
Zwar hat Wallentin mit der Bekanntgabe seiner Kandidatur seine Krone-Kolumnen vorerst eingestellt. Doch die Kandidatur wurde selbstverständlich über das Hausblatt bekannt gegeben. Und seitdem gibt es positive Berichterstattung im Blatt, süße Hundebilder inclusive. Auffällig aber ist: Wallentin ist erst sehr spät in den Wahlkampf eingestiegen.
Schon wieder zwei Seiten in der „Krone bunt“ über Tassilo Wallentin. Schmusefoto mit Dackel inklusive. pic.twitter.com/HtRTHhXnEg
— Martin Thür (@MartinThuer) September 4, 2022
Unter anderem, nachdem bereits Gerald Grosz vom Konkurrenzboulevard Ö24 seine Kandidatur bekannt gegeben hatte. Ob die Krone im Hintergrund mitmischt und sich einen eigenen Kandidaten wünschte? Es wäre nicht überraschend.
Wallentin und die FPÖ
Ursprünglich wurde Wallentin als Kandidat der FPÖ gehandelt. Doch daraus wurde schließlich nichts. Warum, das ist unklar. Die einen sagen: Wallentin wäre gern als Pseudo-Unabhängiger mit FPÖ-Unterstützung angetreten. Doch die FPÖ wollte lieber einen klaren Parteikandidaten. Laut Ö24 dagegen seien die Pläne daran gescheitert, dass Wallentin die Corona-Linie der FPÖ nicht mittragen wollte – wobei gleichzeitig Ö24 nicht unbedingt als vertrauenswürdige Quelle gelten kann.
Der Politik steht Wallentin jedenfalls nicht fern: Unter Türkis-Blau war Wallentin ab 2017 sogar als Richter am Verfassungsgerichtshof vorgesehen. Das geht aus einem Sideletter hervor, der im Jänner 2020 aufgetaucht ist. Den Job bekam er dann aber nicht: Statt Wallentin wurde der FPÖ-Anwalt Michael Rami neuer Verfassungsrichter.
Wofür steht Wallentin?
Als ich diesen Artikel geschrieben habe, gab es noch noch keinerlei Programm von Wallentin. Es gab keine Kampagnenseite, das „Team“ von Wallentin konnte auf meine Anfrage nicht einmal Pressebilder zur Verfügung stellen. Die Unterstützungserklärungen für Wallentin standen ausschließlich auf seiner Anwaltsseite bereiht.
Übersetzt: Die Wähler*innen sollten ihn unterstützen – für welches Programm, das bleibt offen. Als Wahlprogramm zählten offenbar die Kolumnen in der Krone. Das war auch sein Hinweis in einem ausführlichen Interview beim Boulevard-Sender Ö24TV.
Kurz nach dem erstmaligen Erscheinen meines Artikels ging dann doch noch eine Kampagnen-Seite online. Wenig überraschend die Schwerpunkte: „Rekordansturm auf unsere Grenzen“, „Genderwahn“, „Recht und Ordnung“.
Doch die Zerfleischung im rechten Lager beginnt bereits. Gegenüber Österreich sagt Wallentin am 15. August über die FPÖ: „Das ist für mich eine sich selbst zerfleischende Partei, die vor allem mit sich selbst beschäftigt ist.“
Wer hat so viel Pinke, wer hat so viel Geld?
Um die finanziellen Aspekte wird sich Wallentin wenig Sorgen machen müssen. Denn unterstützt wird er von Frank Stronach, rechter Milliardär und gescheiterter Ex-Politiker. „Sowohl ideell wie auch materiell“ wolle Stronach Wallentin unterstützen. Das erklärte Stronachs Anwalt, der Ex-FPÖ-Abgeordnete Michael Krüger, gegenüber der APA.
Gegenüber „Österreich“ sagt Wallentin über Stronach: „Er steht mir mit seiner Lebenserfahrung zur Seite. Finanziell unterstützt er mit einem niedrigen sechsstelligen Betrag.“ Ob die Zahl korrekt ist, ob da noch nachgeschossen wird? Das wird die Zukunft weisen. Doch wer Stronachs irrwitzige Fernsehauftritte in Erinnerung hat, wird zweifellos gespannt sein, welche Lebenserfahrung Stronach Wallentin vermitteln wird.
Die ersten Früchte trägt die Zusammenarbeit des „unabhängigen“ Wallentin mit dem Milliardär bereits: In der Sonntagskrone ließ Wallentin am 21. August ein dreiseitiges Inserat mit der Bitte um Unterstützungsunterschriften schalten. Kosten allein für dieses Inserat laut Listenpreis: Knapp 110.000 Euro. Finanziert habe das Stronach, so Wallentin. Wie hoch sein Geamtbudget ist, will Wallentin derzeit übrigens nicht sagen.
Ob Wallentin mit seiner Kandidatur ein One-Hit-Wonder wird? Oder ob Stronach mit Zugpferd Wallentin einen neuen politischen Anlauf versucht? Das muss derzeit offen bleiben. Zuzutrauen wäre es Stronach jedenfalls.
Rechte Konkursmasse
Immerhin kaufte sich der absurde Milliardär beim letzten Versuch seine Partei „Team Stronach“ einfach aus der Konkursmasse der FPÖ-Abspaltung BZÖ zusammen. Zum Drüberstreuen gab es etwas SPÖ. Bei einem neuen Anlauf könnten die FPÖ und vor allem die Corona-Partei MFG im Zentrum solcher Abwerbeversuche stehen:
In der FPÖ herrscht derzeit Unruhe, nachdem Gerüchte aufgekommen sind, dass Parteichef Herbert Kickl die Führung der Wiener Landesgruppe wegputschen wollte. Und die MFG, ein Haufen von politischen Glücksrittern, wird sich wohl weitgehend zerlegen, wenn die Pandemie vorüber ist. Das bietet Chancen für einen rechten Milliardär.
Doch schon beim letzten Mal war die Konkursmasse, die Stronach gekauft hat, nicht unbedingt von bester Qualität. Sein „Team“ hat sich sehr schnell weiter zerlegt. Das wäre diesmal wohl kaum anders.
Dieser Artikel wird laufend aktualisiert.
Weiterlesen: Die Serie zu den rechten Präsidentschaftskandidaten auf standpunkt.press!
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