Der Corona-Marsch-Organisator Rutter will seine einschlägigen Aktivitäten nun mit Stromverkäufen finanzieren. Sein Strompartner ist speziell: Der hatte erst letztes Jahr plötzlich allen Kund:innen die Strom- und Gas-Verträge gekündigt.

„Gibt’s sowas? – Geld beim Strom sparen und gleichzeitig den Widerstand unterstützen? JA!!!“ So lautet zumindest die vollmundige Ankündigung auf dem Telegram-Kanal von Martin Rutter. Mit knapp 28.000 Followern ist dieser Kanal eines der größten Verlautbarungsorgane der rechten Szene in Österreich. So gut wie alle einschlägigen Parolen und Verschwörungserzählungen der extremen Rechten werden auf diesem Kanal rauf und runter gespielt.

Rutter wurde in der Szene als einer der zentralen Organisator:innen von Corona-Aufmärschen groß. Besonders eng war seine Zusammenarbeit dabei immer wieder mit der neofaschistischen Gruppe Identitäre. Die Aufmärsche gehen bis heute weiter, inzwischen sind pro-russische Parolen und russische Fahnen eine ständige Begleiterscheinung. Und jetzt will der rechte Aktivist Rutter seine einschlägigen Aktivitäten mit dem Verkauf von Stromverträgen finanzieren. Stromverträgen, die für die Kund:innen höchst riskant sind.

Ein sehr spezieller Partner

Vollmundig wird das neue Angebot unter dem Namen „Widerstandsstrom“ beworben. „Drei gute Gründe“ würde es laut Werbung geben, den Strom-Anbieter zu wechseln: „Systemtreuen Institutionen“ könne der Stecker gezogen werden. Um welche „Institutionen“ es dabei gehen soll, bleibt allerdings unklar. Dazu wäre die „höchstmögliche Ausnutzung der Strompreisbremse“ möglich. Und schließlich würde auch noch die politische Arbeit von „Direktdemokratisch“ unterstützt. „Direktdemokratisch“ – das ist die Organisation von Rutter und seinen Kameraden.

Auf der Seite des neuen Energieanbieters finden sich dann zwei Logos: Jenes von „Direktdemokratisch“. Sowie das Firmenlogo seines neuen Partners: Des Stromanbieters „Schlau PV“. Und das ist enorm interessant. Denn Eigentümer von Schlau PV ist der Oberösterreicher Jürgen Meinhart. Offiziell ist er zwar „nur“ Geschäftsführer dieser Firma – doch über eine verschachtelte Firmenkonstruktion ist Meinhart tatsächlich auch selbst der Eigentümer des Stromanbieters.

Für Meinhart ist es nicht der erste Versuch, sich am Strommarkt festzusetzen. Doch seinen letzten Energieanbieter, Schlaustrom, könnten so manche Strom- und Gaskund:innen noch in äußerst problematischer Erinnerung haben …

Ein Stromanbieter als Teil der Corona-Szene

Seine ersten politischen Schritte dürfte Meinhart im ÖVP-nahen Mittelschüler-Kartell-Verband (MKV) gemacht haben: Auf Facebook ist etwa noch Einladung der MKV-Verbindung „Siegfriedia zu Linz“ aus dem Jahr 2018 zu finden. Dort wird ein Vortrag mit „Bundesbruder“ Meinhart beworben. Ein weiterer „treuer Besucher“ der Siegfriedia soll laut der katholischen Verbindung übrigens auch Josef Pühringer sein, der ehemalige ÖVP-Landeshauptmann von Oberösterreich.

Den „Widerstand“ hätte Meinhart dann nicht nur „von Anfang an“ unterstützt, heißt es auf der Website von „Widerstandsstrom. Nein, er wäre sogar ein „höchst aktiver Teil“ gewesen. Gemeint mit diesem „Widerstand“ sind wohl die extrem rechts dominierten Aufmärsche in der Corona-Pandemie.

Denn tatsächlich ist Meinhart auch noch am 2. Oktober 2022 bei einem Aufmarsch der rechten Corona-Szene am Wiener Heldenplatz als zentraler Redner aufgetreten. Ich war damals ebenfalls vor Ort und habe den Aufmarsch dokumentiert. Nach Meinhart am Rednerpult: Der FPÖ-Abgeordnete Gerald Hauser. Im Publikum: Wehende russische Fahnen.

Ich konnte vor Ort auch auf Video dokumentieren, wie Meinhart bei dieser Gelegenheit ins Mikrofon schmetterte: „Wir brauchen nicht ein Entlastungspaket, wir brauchen ein Entlassungspaket!“ Und das könnten ehemalige Kund:innen seiner früheren Firma doch etwas zynisch finden.

Das „Entlassungspaket“ des Jürgen Meinhart: Alle Verträge gekündigt

Denn genau in der Zeit, wo Meinhart auf diesem Aufmarsch ein „Entlassungspaket“ forderte, hatte seine Firma „Schlaustrom“ einfach allen privaten Kund:innen die Strom- und Gasverträge gekündigt. Lapidar hieß es damals seitens der Firma:

„1. schlaustrom stellt die Belieferung aller Kunden mit Strom/Gas Ende Oktober 2022 ein
2. Schlaustrom kündigt Ihren Liefervertrag zum 31.10.2022
3. Bitte suchen Sie sich umgehend einen neuen Lieferanten – Sie können jederzeit wegwechseln“

Inzwischen ist die damalige Kund:inneninfo auf der Website von schlaustrom interessanterweise nicht mehr verfügbar. Auf der früheren „Kundeninfo“-Seite kommt heute nur noch eine Fehlermeldung. Für genau diesen Fall hatte ich die Seite aber sofort gesichert.

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Nicht zuletzt der Zeitpunkt der damaligen Kündigung ist brisant: Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 waren die Strom- und Gaspreise enorm gestiegen. Und gerade in dieser Zeit kündigte Schlaustrom allen Kund:innen kurzfristig die Lieferung von Strom und Gas.

Zahlreiche Menschen mussten sich unter diesen schwierigen Bedingungen nun schnellstmöglich einen neuen Anbieter suchen. Sonst hätten sie in der Wohnung keinen Strom oder/und kein Gas gehabt. Meinharts „Entlassungspaket“ bekommt so eine ganz eigene Geschmacksrichtung.

Ob das wirklich schlau ist?

Auf der Seite von „Widerstandsstrom“ ist diese Vorgeschichte heute kein Thema. Stattdessen darf sich dort Meinhart in mehreren Video-Interviews mit Aufmarsch-Organisator Martin Rutter vorstellen. Er hätte sich, so erzählt Meinhart, „vor 13 Jahren in der Energiewirtschaft selbstständig gemacht“. Das kleine Problemchen im Oktober 2022 erwähnt er nicht.

Bescheidenheit ist dabei übrigens keine Zier: So heißt es etwa, Meinhart wäre einer, der wisse, „wie es läuft“. Meinhart soll auch bestrebt sein, „faire Produkte anzubieten“. Was wohl die ehemaligen Kund:innen von Schlaustrom dazu sagen?

Die große Gefahr der Floater-Tarife

Denn auch das aktuelle Angebot von „Widerstandsstrom“ ist hoch riskant. Es handelt sich dabei um sogenannte „Floater-Tarife“. Bei diesen Tarifen wird der Preis in der Regel monatlich an die Preisentwicklung an der Börse angepasst.

Ein Insider aus der Energiebranche erklärt, wie dieses System funktioniert: „Der Anbieter kauft Strom bei fallenden Preisen im Voraus. Fallen die Preise tatsächlich oder sogar stärker als erwartet, hat er einen Gewinn. Einen Teil des Gewinns gibt er in Form von günstigen Tarifen an seine Kundschaft weiter.“ Bettina Ometzberger, Sprecherin der Energieaufsichtsbehörde „E-Control“ sagt dazu: „Float-Produkte an sich können sich – je nach Situation am Großhandelsmarkt – für Konsument:innen durchaus rechnen.“ Doch es gibt gleichzeitig ein großes Problem bei diesen Tarifen.

E-Control-Sprecherin Ometzberger formuliert vorsichtig: „Hat man sich für ein Float-Produkt entschieden, sollte man die Preise aber auf jeden Fall im Auge behalten, um bei Bedarf rasch wechseln zu können.“ Der Energie-Insider, der namentlich nicht genannt werden möchte, erklärt das Problem noch deutlich schärfer: „Zeichnet sich eine Trendumkehr ab und die Preise steigen, muss der Anbieter rasch seine Kund:innen loswerden, um sein Portfolio an Strom-Futures noch schnell abstoßen zu können.“ Auch die AK warnt: „Das Risiko steigender Preise trägt bei Float Tarifen ausschließlich der Kunde.“

Solche Verträge können jederzeit kurzfristig gekündigt werden

Das bedeutet: Solche Angebote sind enorm spekulativ. Solange die Strompreise fallen, fährt der Stromanbieter vermutlich gute Gewinne ein. Und damit gibt es auch Geld für die extrem rechte Rutter-Gruppe. Doch bei steigenden Preisen besteht jederzeit die Gefahr, dass die Stromanbieter die Verträge ihrer Kund:innen kündigen. Und genau das ist auch schon einmal passiert.

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Denn im Herbst 2022 hatte nicht nur Schlaustrom seinen Kund:innen die Verträge gekündigt: Das Problem traf damals auch die Kund:innen zahlreicher weiterer Stromfirmen. „Uns rufen täglich Dutzende betroffene Kunden an“, berichtete damals gegenüber der Kleinen Zeitung der AK-Experte Karl-Heinz Kettl.

 

Für die Stromfirmen ist das eher kein Problem. Die warten nach den Vertragskündigungen einfach eine Weile – und werfen dann das nächste Angebot auf den Markt. Wer durch die Finger schaut: Kund:innen, die auf langfristige Energielieferungen vertraut hatten. Und genau diese Gefahr besteht auch beim Angebot des neuen „Widerstandsstroms“: Denn laut Vertragsbedingungen kann das Unternehmen alle bestehenden Verträge jederzeit innerhalb von gerade einmal acht Wochen kündigen.

Schlaustrom: 12 Euro für eine Telefonauskunft

Bei Meinharts früherem Unternehmen Schlaustrom gab es sogar noch mehr Vorhaltungen: Denn dort hatten Kund:innen laut Arbeiterkammer Oberösterreich trotz eines „Hochrisiko-Tarifs“ eine 12-monatige Vertragsbindung. Ein enormes Problem: Laut AK waren Kund:innen in der Energiepreiskrise „mit exorbitanten Steigerungen der Teilzahlungsbeträge konfrontiert“. Viele Kund:innen hätten sich daraufhin mit Schlaustrom in Verbindung gesetzt, um Probleme mit ihrer Rechnung zu besprechen.

Herr S. aus Traun etwa hatte laut AK gefragt, wann er die auf seiner Abrechnung aufscheinende Gutschrift überwiesen bekommen würde. Ihm sei daraufhin mitgeteilt worden, dass die Rechnung nicht jedem Kunden persönlich erklärt werden könne, das ginge nur mit einem „Premium-Service“. Und dieses „Premium-Service“ ließ sich Schlaustrom gleich nochmals extra mit 12 Euro bezahlen. Der damalige Werbeslogan von Schlaustrom lautete übrigens: „Endlich die Stromrechnung auf die leichte Schulter nehmen“.

Irritation bei der E-Control – Meinhart will sich nicht äußern

Das Angebot von Widerstandsstrom sticht noch aus einem weiteren Grund hervor. Die E-Control betreibt einen eigenen Tarifkalkulator, der soll objektive Preisvergleiche ermöglichen. Strom- und Gaslieferanten sind dazu verpflichtet, ihre Tarife in diesen Kalkulator einzupflegen. Doch ausgerechnet der „Widerstandsstrom“ ist dort nicht zu finden.

Auch in der Lieferantenübersicht der E-Control scheinen weder „Widerstandsstrom“ noch „Schlau PV“ auf. Nach meiner Anfrage kündigt E-Control-Sprecherin Ometzberger an, dass die Regulierungsbehörde dem jetzt nachgehen werde.

Ich habe auch Jürgen Meinhart und Schlau PV eine umfangreiche Anfrage gestellt: Zum fehlenden Eintrag bei der E-Control, zum Umfang der Vergütung für Rutter und auch dazu, ob er garantieren könne, dass er seine Kund:innen nicht wieder alle kündigen würde. Meinharts schriftliche Antwort: Er sei ein „konservativer, wahrhaft demokratisch gesinnter Unternehmer“. Ich dagegen sei ein “ selbsternannter Gesinnungsrichter“, der die „Welt in Gut und Böse spalten“ würde. Daher würde er meine Fragen nicht beantworten wollen.

„den Stecker (…) ziehen, buchstäblich“

Rund um die Pandemie haben eine ganze Reihe von einschlägigen Plattformen wohl gutes Geld mit „interessanten“ Geschäftsmodellen gemacht. Doch hochriskante Energieverträge bewerben, das ist noch mal eine eigene Nummer. Das potentielle Risiko steigender Preise tragen bei Float Tarifen eben die Kund:innen, in diesem Fall die Fans von Rutter und Co. Und im schlimmsten Fall könnten deren Anhänger:innen dann sogar kurzfristig ohne Strom und Gas dastehen.

Auf der Seite von „Widerstandsstrom“ ist dazu ein besonders bezeichnendes Video mit Rutter und Meinhart zu finden. Der Schlau PV-Boss sagt dabei: „Wenn wir dieses System zum Besseren verändern wollen, dann heißt es wirklich, dem System den Stecker zu ziehen, buchstäblich.“ Und Meinhart geht noch weiter: Der gezogene Stecker, so sagt er, wäre „bei uns als Stromlieferant wörtlich zu nehmen“.

Wie Rutter und Meinhart durch den Verkauf von spekulativen Stromverträgen „dem System“ an den Kragen wollen? Das wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Doch dass Meinhart bereit ist, „den Stecker zu ziehen“ – das könnten seine ehemaligen Kund:innen sicher bestätigen. Und das ist leider tatsächlich wörtlich zu nehmen.

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