S´Leben is hoat in Favoritn.

Der ältere Mann mit Stock und nur mehr wenigen Zähnen genießt die Sonne am Wiener Reumannplatz. Er sieht so aus, als hätte er in seinem Leben nicht nur Zähne verloren, sondern wäre auch für so manchen Verlust veranwortlich gewesen. Der Bettler, der quer über die Favoritenstraße robbt und der Bub im Fußballtrikot, der ihm Geld gibt. Ich, der ich dem migrantischen Buben dafür danke. Das Lied „S´Leben is hoat in Favoriten“, das mir bei meinem Spaziergang durch den Kopf geht.

„Kein Mensch ist illegal“, steht gesprayt bei der U-Bahn Station Keplerplatz in dieser ehemaligen Hochburg der tschechischen ArbeiterInnen und der ArbeiterInnenbewegung. Das einst stolze Arbeiterheim der SPÖ ist jetzt ein Hotel. Im Kretaviertel, gleich nebenan, eine Gedenktafel für eine junge Kommunistin, die von den Nazis ermordet wurde. Sie wurde kaum älter als 20.

Die FPÖ hängt Plakate, ein paar dutzend Meter weiter steht „FPÖ geh scheißn“ auf einem Luftschacht. Junge MigrantInnen lachen, das Leben ist bunt. Dem Erotik-Video-Laden geht das Geld aus, immer drängender werden die Lockangebote. Das Geschäft, wo ich einst eine Lederhose kaufte, heißt jetzt „Istanbul Mode Bazaar“. Keine Sorge, Hosen gibt es weiter.

Die „Austria Fans gegen Rechts“ fordern „Kick out fascism“ auf ihren Klebern – hoffen wir, dass sie Erfolg haben. Die Valentinstags-Barbie kostet im Abverkauf nur mehr 9,99 statt 19,99 (Ken und Rollenvorgaben sind weiter inklusive). Die Favoritenstraße geht zu Ende, der Hauptbahnhof kommt. Über dem Gürtel ist die Wieden, ein Wiener Nobelbezirk. Und das wäre ein ganz anderes Kapitel.

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