Servus TV soll angeblich den Betrieb einstellen. Als Begründung gibt Eigentümer Dietrich Mateschitz unter anderem die Gründung eines Betriebsrates an. Das ist ebenso zynisch wie hinterfragenswert.
Servus TV wurde 2009 gegründet und sollte sich vor allem auf die Alpenregion konzentrieren. Es darf als Testballon für das bereits seit Langem geplante Projekt Global TV gelten, einem weltweiten Fernsehsender, mit dem der Red Bull Konzern seine Mediendivision ausbauen möchte.
Martkanteile im Keller
Der Sender läuft bereits seit Langem nicht so, wie die Mediendivision des Red Bull Konzerns sich das vorstellt. Die Aussendung des Konzerns zur Einstellung des Senders beschreibt die Lage so: „Obwohl wir Jahr für Jahr einen nahezu dreistelligen Millionenbetrag in Servus TV investiert haben, lässt sieben Jahre nach Einführung die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation keine wirklich positive Entwicklung erwarten“. Auch die Marktanteile sind im Keller.
Laut Standard stagnieren diese seit dem Start im Bereich von ein bis zwei Prozent. 2015 erreichte der Sender in der Gesamtbevölkerung ab zwölf Jahren einen Marktanteil von 1,7 Prozent – 2014 waren es 1,5 Prozent. Das tägliche Regionalmagazin am Vorabend sehen sich trotz Kooperation mit der Kronen Zeitung nur ein paar Tausend Leute an, so der Standard.
„Wirtschaftlich untragbar“
Auf Basis dieser Zahlen könnte Red Bull nun die Notbremse ziehen. Das Unternehmen sei „wirtschaftlich untragbar geworden“, so der Konzern und schreibt von der „Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsmannes“. Hier hat also ein privates Unternehmen die Zahlen analysiert, Bilanz gezogen und ist zum Schluss gekommen, dem bisher verschwendeten Geld kein weiteres nachzuwerfen.
Die Aussendung des Senders macht deutlich, dass die mögliche Einstellung wohl nicht nur mit der geplanten Betriebsrats-Gründung zu tun hat. Es mutet also mehr als zynisch an, dass Mateschitz noch am potentiellen Sterbebett seines Senders nicht umhin kommt, gesetzliche Rechte wie die Gründung eines Betriebsrates zu attackieren.
Ob die Einstellung des Senders an sich ein Verlust ist, darf allerdings hinterfragt werden. Professionell gemachten Dokus steht die permanente penetrante Werbung für die Zucker-Limonade von Eigentümer Mateschitz gegenüber. In der letzten Zeit hat Servus sich auch immer öfter rechts positioniert, offenbar versuchte sich der Sender als Stimme der FPÖ-SympathisantInnen neu zu erfinden.
FPÖ bedauert besonders
In den sozialen Netzwerken hat FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache immer wieder Beiträge des Senders geteilt. Insbesondere die wöchentlichen politischen Kommentare von Ferdinand Wegscheider auf Servus TV erwähnt Strache häufig und wohlwollend. Wegscheider ist dabei im Sender nicht irgendjemand: Erst im April 2016 wurde er von Mateschitz als neuer Boss von Servus eingesetzt.
Passend also, dass die FPÖ in einer Aussendung hervorhebt, dass Servus TV in „seinen Inhalten in weiten Teilen deutlich mehr dem Anspruch an einen öffentlich-rechtlichen Sender“ entsprochen hätte als der ORF.
Auch All-Hüpfer Felix Baumgartner, ein langjähriges Red Bull Aushängeschild, bedauert die Einstellung des Senders sehr. Baumgartner selbst fiel immer wieder durch seine reaktionären Positionen auf, jünst gab er eine Wahlempfehlung für Norbert Hofer bei den Präsidentschaftswahlen ab.
264 MitarbeiterInnen betroffen
Von einer möglichen Einstellung des Senders wären aktuell 264 MitarbeiterInnen betroffen – wobei noch abzuwarten bleibt, ob es nicht eine größere Anzahl von Übernahmen in das Projekt Global TV geben wird. Unter den Betroffenen ist nicht nur das „politische Personal“, also der Stab in den Redaktionen, der sich nun aufgrund seiner Medien-Erfahrungen und -Kontakte öffentlich besonders artikulieren wird.
Die Einstellung betrifft genauso Haustechnik, Reinigungspersonal und untergeordnete Kräfte in den Redaktionen. Insbesondere ihnen sollte nun besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung gelten.
Mateschitz bleibt reich
Dietrich Mateschitz könnte übrigens den Sender aus dem kleinen Finger weiterbetreiben oder zum Ausgleich enorm hohe Abfertigungen zahlen. Laut „Forbes“ ist er mit 13,2 Milliarden Dollar auf Platz 64 der reichsten Menschen auf dem gesamten Planeten. Wie so oft gilt also auch hier: es ist keine Frage der vorhandenen Mittel, sondern eine Frage der Verteilung!
Update: Nur einen Tag nach der Ankündigung der Schließung macht Mateschitz seine Ankündigung wieder rückgängig. Zuvor hatten über 200 MitarbeiterInnen einen offenen Brief gegen einen Betriebsrat unterzeichnet und sich damit Mateschitz unterworfen.
Titelbild: Wikimedia Commons / Karl Gruber, Lizenz
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