Der Verdacht besteht bereits länger: Im österreichischen Bundesheer und der Polizei könnte es geheime rechte Terrorzellen geben. Aufgekommen ist der Verdacht in Zusammenhang mit dem deutschen „Hannibal“-Netzwerk. Dort haben sich extrem rechte Soldaten und Polizisten vernetzt und Umsturzpläne für einen „Tag X“ geplant.
Unter anderem kursierten in Chatgruppen Feindeslisten für politische GegnerInnen. In diesen geheimen Chatgruppen, die über den Messenger-Dienst Telegram organisiert wurden, sollen auch Österreicher aktiv gewesen sein.
Vernetzt haben sich die extremen Rechten in Chatgruppen, die in verschiedene Gebiete unterteilt waren. Die deutschen Chatgruppen hatten die Namen Vier Gewinnt, Nordkreuz, Nord.Com, Nord, Ost, Süd, West. Darüber hinaus soll es sogar eigene Gruppen für Österreich und die Schweiz gegeben haben, heißt es in einer Studie der „Informationsstelle Militarisierung“.
Löschkalk für Massengräber
Bei Ermittlungen gegen die Gruppe Nordkreuz haben die Behörden auch eine Art Materialliste gefunden. Darauf sollen unter anderem Leichensäcke und Löschkalk verzeichnet gewesen sein. Löschkalk wird in Massengräber geschüttet, um die Verwesung zu beschleunigen. Das berichtete im Juni 2019 das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.
Nun warnt eine Gruppe von Mitarbeitern des militärischen Abwehramtes in einem Konvolut vor der Gefahr, die auch in Österreich von diesen Strukturen ausgeht. Darüber berichten Österreich und Standard. Das Hannibal-Netzwerk wiederum steht in Zusammenhang mit dem Verein Uniter, einem klandestin auftretenen Wehrverein. Der weitete jüngst auch offiziell seine Strukturen nach Österreich aus.
So fand am 27. Juli in Bregenz ein erstes Vorarlberger Treffen statt. Allgäu Rechtaußen hat zuerst darüber berichtet. In einer Facebook-Gruppe des österreichischen Uniter-Netzwerkes sollen sich Sanitäter, Angehörigen von Armeen, der Polizei und des Sicherheitsgewerbes versammeln. Laut den Mitarbeitern des Abwehramtes soll die Steiermark ein weiteres Zentrum der Uniter-Aktivitäten sein.
Ein zentrales Einfallstor für extreme Rechte sollen auch sogenannte „wehrpolitische Vereine“ darstellen. Solche Vereine dürfen Infrastruktur des Bundesheers nutzen. Konkret genannt wird etwa der Verein Militär Fallschirmspringer Verbund – Ostarrichi (Milf-O).
Die Abwehramt-Mitarbeiter befürchten, so der Standard, dass es regelmäßig zu einem Informationsabfluss aus dem Bundesheer zu Objekten ihrer Beobachtungen gekommen sei. Sie verweisen etwa auf zwei ranghohe Mitarbeiter des Heeres, die bei der Nationalratswahl für die FPÖ kandidiert haben. Auch Milf-O soll hier eine Rolle spielen, so das Konvolut.
Bis vor Kurzem war der ehemalige Brigadier Josef-Paul Puntigam Präsident von Milf-O. Und der wiederum ist offenbar bestens vernetzt mit der FPÖ. So präsentierte er 2015 gemeinsam mit dem steirischen FPÖ-Chef und späteren Verteidigungsminister Mario Kunasek ein Konzept der FPÖ zum Grenzschutz.
Der Verein habe immer wieder „sofort“ über Ermittlungen des Abwehramtes Bescheid gewusst, zitiert Österreich die Geheimdienst-Angehörigen. Milf-O fällt dabei nicht zum ersten Mal auf.
Zu Beginn sei der Verein eine „sportliche Sache“ gewesen, zitierte die Zeit bereits 2012 einen hochrangigen deutschen Bundeswehrangehörigen, der den Verein in Österreich seit Jahren beobachtete, „aber mittlerweile haben die Herren die Grenzen des Patriotismus weit überschritten. Die stehen ganz, ganz weit rechts.“ Sein Name möge bitte nicht veröffentlicht werden, so der Bundeswehr-Angehörige, denn „diese Leute sind echt gefährlich“.
Der Verein Milf-O würde auch in Kontakt stehen mit paramilitärischen Organisationen wie der Legion of Frontiersmen, der unter anderem Fremdenlegionäre angehören. Trotz dieser Vorgeschichte wurde der Verein per 30. Mai 2018 als wehrpolitisch relevanter Verein des Bundesheeres anerkannt.
Der Verein würde das Bundesheer „im Bereich der Wehrdienstberatung und wehrpolitischen Information“ unterstützen, so der damalige FPÖ-Verteidigungsminister Kunasek in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der grünen BundesrätInnen.
Die Unterstützung durch Kunasek sollte nicht verwundern: Zahlreiche FPÖ-Politiker und FPÖ-nahe Bundesheer-Angehörigen sollen ebenfalls mit Milf-O in Zusammenhang stehen und als Funktionäre für den Verein aufgetreten sein, schreibt die Zeit.
Die Ermittlungen zu extrem rechten Zellen im und rund um das Bundesheer sollen aber sogar innerhalb des Abwehramts keine hohe Priorität genossen haben, so die Geheimdienst-Mitarbeiter. Auch das sollte nicht verwundern. Denn der oberste Verantwortliche für die Behörde war bis Mai 2019 der damalige Verteidigungsminister Mario Kunasek von der FPÖ.
Update 22.11., 21.09h: Ergänzt um weitere Informationen zum Verein Milf-O und zu Uniter
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