„Gehen Sie nur in den dringenden Fällen nach draußen, dann müssen Sie keine Angst vor Strafen haben“, droht die Salzburger Polizei einer Frau. Doch eine solche Verordnung gibt es nicht.

Christine Kastner* wollte sich in Salzburg am 08. April eigentlich nur auf eine Wiese setzen. „Ich wohne in einer sehr kleinen Wohnung, und ja, die Decke fällt mir langsam auf den Kopf“, sagt sie. Es sei für sie klar gewesen, dass sie nirgendwohin mit dem Auto fährt, sondern in der Nähe von zu Hause bleibt. Davor hätte sie sich extra noch über die gesetzlichen Maßnahmen informiert, „um ja nichts Falsches zu machen“, wie Kastner erzählt.

Einzelne Leute wären dann am Salzburger Almkanal in der Wiese gesessen, alleine oder zu zweit. Eine Gruppe wäre auch dabei gewesen. „Doch ich habe extra darauf geachtet, weit von den anderen Menschen entfernt zu sitzen und habe ein Buch gelesen.“

Die Wiese beim Almkanal. Bild: Christine Kastner

Auf einmal sei ein Polizeiauto herangerast, ein Polizist hätte gebrüllt, dass alle sofort aufstehen müssten und gehen. Sie hätte die Polizisten extra darauf hingewiesen, dass sie alleine gesessen sei, doch: „Als ich das dem Polizisten gesagt habe, hat er mich sofort mit einer Strafe bedroht „, so Kastner.

Solche falschen Aussagen und Drohungen von einzelnen PolizistInnen sind leider inzwischen fast schon Alltag – doch in diesem Fall haben sogar die Stadt Salzburg und die Landespolizeidirektion Salzburg nochmals mit falschen Informationen nachgelegt. (Hier könnt ihr lesen, was in Österreich nun wirklich erlaubt ist und was verboten.)

Stadt Salzburg: „wir interpretieren einmal“

Denn Kastner hat danach sowohl bei der Stadt Salzburg wie bei der Polizei nachgefragt. Und deren Antworten sind rechtlich schlichtweg abstrus. Das Social Media Team der Stadt Salzburg schreibt an Kastner: „laut Ausgangsbeschränkungen darf man mit Menschen, mit denen man zusammenwohnt, einen Spaziergang unternehmen, sprich: sich die Beine vertreten. Wohnt man allein, dann eben nur mit sich selbst. Legt man das ganz streng aus, schwingt da ein gewisses ‚In-Bewegung-Bleiben‘ mit – interpretieren wir jetzt einmal.“ Ein Screenshot der Nachricht liegt mir vor.

Nun lassen die aktuellen – sehr schwammigen – Verordnungen tatsächlich bestimmte Interpretationen zu. Doch die Interpretation der Stadt Salzburg ist von keiner gesetzlichen Verordnung gedeckt und damit schlichtweg falsch: Selbstverständlich ist es weiterhin erlaubt, allein in einer Wiese zu sitzen.

Zu hinterfragen wäre wohl auch, warum sich die Stadt Salzburg veranlasst sieht, die Verordnungen des Ministeriums munter in irgend eine rechtlich absurde Richtung zu „interpretieren“. Auch die Landespolizeidirektion Salzburg hat Kastner um eine Auskunft ersucht – auch deren Reaktion ist äußerst dubios.

Auf die Frage von Kastner, ob sie denn nun alleine im Freien sitzen dürfe, erfolgt zuerst ausschließlich die Antwort, dass „die Einhaltung des Abstandes von mindestens einem Meter zu den Mitmenschen zu gewährleisten“ sei sowie die Bitte um Schilderung der genaueren Umstände. Dem kommt Kastner nach.

Sie betont dabei nochmals, dass sie den erforderlichen Abstand selbstverständlich eingehalten hätte. Die lapidare Antwort der Landespolizeidirektion Salzburg: „Gehen Sie nur in den dringenden Fällen nach draußen, dann müssen Sie keine Angst vor Strafen haben.“

Erst auf meine Nachfrage bei der Landespolizeidirektion Salzburg erklärt Sprecher Hans J. Wolfgruber, es gäbe „keine zeitlichen oder örtlichen Beschränkungen“ beim Aufenthalt im öffentlichen Raum, solange die entsprechenden Abstandsbestimmungen eingehalten würden.

Eine interne Überprüfung des Falls sei negativ verlaufen, da „in Ermangelung einer faktischen Amtshandlung (…) keine Aufzeichnungen zu dem Vorfall existieren“ würden. Das aber ändert nichts an der Auskunft, die Christine Kastner bekommen hat.

Kastner fragte ganz konkret bei der Polizei nach, warum sie mit Strafen bedroht wird und vertrieben wird, obwohl sie sich völlig rechtskonform verhalten hat. Die Antwort: Wenn sie alles tun, was wir sagen – egal, ob rechtlich gedeckt oder nicht – dann „müssen Sie keine Angst vor Strafen haben“. So etwas kennen wir sonst nur aus Polizeistaaten.

* Der Name wurde auf Wunsch der Betroffenen geändert.

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