Eine Wiener Lehrerin schreibt, was in den Schulen so schnell wie möglich umgesetzt werden müsste, um die Corona-Ansteckungen halbwegs in den Griff zu bekommen.

Ein Gastbeitrag einer Lehrerin aus Wien: Niemand, wirklich niemand möchte zurück ins Homeschooling. Weder LehrerInnen noch SchülerInnen und auch nicht die Eltern. Aber Schule, wie sie im Moment stattfindet, wird in einem riesigen Desaster enden.

Die Verantwortlichen in Österreich haben komplett negiert, dass es zu Problemen an Schulen kommen könnte. Jetzt heißt ihr einziges Rezept für uns „Lüften“ (eine ständige Durchlüftung ist allerdings im Winter praktisch kaum umsetzbar ist, wenn wir nicht riskieren wollen, dass alle Kinder krank werden).

Bildungsminister Heinz Faßmann von der ÖVP gibt gleichzeitig jede Verantwortung ab und erklärt am 11. November, er sei für Schulschließungen gar nicht zuständig. Seit Mitte vergangener Woche sind nun die SchülerInnen ab Oberstufe im Distance-Learning, die jüngeren SchülerInnen sind weiter in den Schulen.

Dabei hätte es so viel gegeben, was getan werden hätte können: Eine Auswahl:

  • Luftreiniger, transportable Hepafilter etc. ankaufen. Kosten ab ca. 2.500 aufwärts pro Klasse. Ist teuer ich weiß, aber Folgekosten bei Krankheiten sind das auch.
  • Anschaffung sogenannte „Lüftungsampeln“ Sie messen den CO2 Gehalt in der Raumlauft und zeigen, wann es „kritisch“ wird. Kosten ab ca. 100 Euro aufwärts pro Ampel.
  • Einzeltische: Hat z. B. Italien für alle Schulen besorgt. Bringt man in unseren Schulklassen aber schon aufgrund der räumlichen Enge schwer unter (ich hab in einem Raum in meiner Schule nachgemessen -> zwischen Tafel und Schüler sind 70 cm. In diesen 70 cm stehe ich). Dennoch wäre das sehr sinnvoll, wo möglich.
  • Zusätzliche Räume anmieten, z. B. Seminarräume in Hotels, die derzeit ohnehin weitgehend leer stehen.
  • Maskenpflicht im Unterricht bei SchülerInnen, das wird in vielen Ländern auch schon bei kleineren Kindern gemacht, etwa Spanien oder Griechenland. Ab welchem Alter das sinnvoll ist, müssen VirologInnen oder EpidemologInnen entscheiden.
  • Dazu kürzere Stundeneinheiten und gestaffelte Pausen, die draußen verbracht werden können (schwierig an manchen Standorten – ich weiß). Maskenpflicht nur am Gang ist sinnlos und für die SchülerInnen auch seltsam widersprüchlich – sie verstehen überhaupt nicht, warum dort und in der Klasse sitzen sie ohne Maske 10 cm neben ihren MitschülerInnen. Ich persönlich halte Masken in der Klasse für sehr wichtig. In meiner Schule war das gut zu sehen: In den Klassen in denen viele SchülerInnen fehlen – bis zu 10 im Moment –, möchten immer mehr SchülerInnen Masken tragen. Damit hätte ich nicht gerechnet, aber die Angst ist merkbar und verständlich.
  • Schnelltests! Ganz viele Schnelltests. Ein hipper Cluster-Buster-Bus wird nicht reichen (auch nicht zwei oder drei). Viele SchülerInnen rufen 1450 nicht mehr an, weil sie teils im September mehrere Tage Wartezeit hatten, bis sie getestet wurden. Das hat sich inzwischen verbessert. Doch wenn SchülerInnen mit Antigenschnelltest am Wochenbeginn getestet würden, könnten infektiöse, symptomlose SchülerInnen aus dem Klassenverband herausgenommen werden.
  • Schulpersonal aufstocken. Das betrifft LehrerInnen, Administration und Sekretariate und nicht zu vergessen das Reinigungspersonal. Die KollegInnen leisten derzeit enormes, das müsste nicht zuletzt finanziell honoriert werden!

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  • Schutzmasken für das Lehrpersonal organisieren – die versprochenen FFP2 Masken sind zum Teil offenbar immer noch nicht da. KollegInnen berichten, dass es in mehreren Schulen skandalöserweise für die LehrerInnen Masken mit Ventil gibt. Die schützen zwar die LehrerInnen, aber nicht die Schülerinnen in den ersten Reihen vor den LehrerInnen.
  • Im Rückblick: Laptops für Lehrpersonal und SchülerInnen so bestellen, dass diese auch beim Schulanfang da sind.

„Nun rächen sich die bildungspolitischen Versäumnisse der Vergangenheit“

  • Nun rächen sich auch die bildungspolitischen Versäumnisse der vergangenen Jahre. Hätte es beispielsweise mehr Gesamtschule mit verschränktem Unterricht gegeben, wäre es jetzt viel einfacher möglich, gestaffelte Öffnungszeiten umzusetzen und Klassen entsprechend zu teilen.
  • Eine gute zentrale Onlineplatform schon in den Ferien zur Verfügung stellen inkl. entsprechender Schulung. Die Plattform kam erst im Oktober. Was nicht gekommen ist, ist eine Vorbereitung mit „Hybrid-Unterricht“, also ausgedünnten Klassen, wo etwa die Hälfte zu Hause ist und der Rest den Unterricht per Bildschirm verfolgt.
  • Auch bei der Anreise der SchülerInnen: Mehr Busse, mehr Straßenbahnen, mehr Züge oder gestaffelter Beginn des Unterrichts.
  • Mehr Rücksicht auf SchülerInnen die zu Hause sind, entweder weil sie RisikopatientInnen oder in Quarantäne sind. Diese müssen sich jetzt mehr oder weniger um ihren Stoff selbst kümmern.  Auch SchülerInnen mit Risikopatienten im selben Haushalt werden nicht in ihren Bedürfnissen wahrgenommen. Es gibt kein eigenes Konzept für sie. Vielleicht könnten hier ambulante Betreuungsteams mit verstärktem Sicherheitskonzept helfen?
  • Desinfektionsmittelspender in jeder Klasse (es gibt nicht überall Waschbecken)
  • Aufklärung über Ansteckungswege und Folgen von auch milden Verläufen und LongCovid. Wir tun so, als wäre Schule „Corona-freier Raum“, auch viele LehrerInnen sind bemerkenswert uninformiert, was Aerosole betrifft.

Es braucht jedenfalls dringend Lösungen und Unterstützung. Nur Abstand halten in engen, warmen Schulklassen im Winter mit ein wenig Lüften dazwischen wird dramatisch enden. Für alle Betroffenen: Die SchülerInnen, deren Eltern und Verwandte und für die LehrerInnen. Das muss nicht sein. Das geht besser.

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