Bis heute ist ein Platz in der niederösterreichischen Gemeinde Mank nach dem faschistischen Diktator Dollfuß benannt. Nun hat die ÖVP-regierte Gemeinde entschieden: Das soll auch weiter so bleiben.
Der Name sorgt seit Jahren für Aufregung. In der niederösterreichischen Gemeinde Mank ist ein Platz gleich neben dem Ortszentrum zu Ehren des faschistischen Mörders Engelbert Dollfuß benannt. Am 19. April hat der Gemeinderat von Mank beschlossen: Das soll trotz langjähriger Proteste auch weiter so bleiben. Die ÖVP hat im Gemeinderat von Mank mit 18 von 23 Mandaten eine satte Mehrheit.
Es ist die letzte Verkehrsfläche in ganz Österreich, die weiter nach dem Putsch-Kanzler benannt ist. Es gibt zwar in Österreich weiterhin zahlreiche Ehrungen für den christlichen Faschisten, meist auf Kirchengrund. Eine Liste dieser faschistischen Heldengedenkstätte habe ich hier veröffentlicht. Doch zumindest auf öffentlichen Verkehrsflächen wurde die Dollfuß-Verehrung bereits weitgehend zurückgedrängt. Die große Ausnahme: Mank in Niederösterreich. Eine kleine Gemeinde nur wenige Kilometer entfernt von Texingtal, dem Geburtsort des späteren Diktators.
Und genauso soll es auch in Zukunft bleiben. Denn am 19. April hat der Gemeinderat von Mank beschlossen, dass der Name des Platzes künftig „als Erinnerung und nicht als Ehrung dienen“ solle. In der Praxis macht das klarerweise keinen Unterschied.
Die tatsächliche Folge: In Mank wird es weiter einen „Dr. Dollfuss Platz“ geben. Wie absurd das Argument ist, zeigt ein einfaches Gedankenexperiment. Angenommen, jemand würde vorschlagen, dass irgendwo in Österreich ein „Adolf Hitler Platz“ bestehen solle. „Als Erinnerung und nicht als Ehrung.“ Wie würde da die Öffentlichkeit reagieren?
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Statt einer Umbenennung bleibt alles beim Alten
Noch im Dezember 2023 standen die Zeichen eigentlich auf Umbenennung. Bereits da hätte ein Vorschlag von Historiker:innen zur Platz-Benennung vorliegen sollen. Doch angeblich war das Zeitfenster zu kurz, wie die Niederösterreichischen Nachrichten damals berichteten [€ Paywall]. Bürgermeister Martin Leonhardsberger (ÖVP) sowie Alexander Hauer vom Verein „Merkwürdig“ hätten betont, dass das Thema „natürlich auf dem Tisch“ liege. Sobald es den Vorschlag gäbe, werde der Gemeinderat darüber entscheiden.
Nun wären weitere vier Monate Zeit gewesen. Doch statt Vorschläge für eine Umbenennung auf den Tisch zu legen, soll der Platz einfach weiter nach dem Faschisten benannt bleiben.
Der Gemeinderat will jetzt herausfinden, wer Dollfuß war
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Dazu will sich der Gemeinderat laut dem aktuellen Gemeinderatsbeschluss nun damit auseinandersetzen, welche Umstände zur Platzbenennung geführt hätten. Ebenfalls „beleuchtet“ werden solle „die Person Dr. Englbert Dollfuß“ [Fehler im Original], wie es im Beschluss des Gemeinderats heißt. Immerhin sei Dollfuß laut dem Beschluss „besonders nach 1945“ von den politischen Parteien „als negatives Symbol ‚Arbeitermörder‘ bzw. als positives Symbol ‚Märtyrer im Kampf gegen die Nazis‘ hochstilisiert“ worden.
Tatsächlich aber wird keine weitere Beleuchtung etwas an den Fakten ändern können. Und das „positive Symbol“ wird ausschließlich von der ÖVP hochgehalten, die so ihre faschistische Vergangenheit relativieren will.
Die Fakten: Engelbert Dollfuß war ein deutschnationaler und antisemitischer Führer der Christlichsozialen Partei, also der heutigen ÖVP. Im März 1933 putschten die Christlichsozialen gegen das Parlament, danach regierte Dollfuß als Diktator. Vorbild für den Putsch war offensichtlich die Machtergreifung der Nazis im Jänner 1933 gewesen. Der engste Verbündete von Dollfuß und seinen Austrofaschist:innen: Der italienische faschistische Diktator Benito Mussolini. Ende Jänner 1934 besetzten die katholisch-faschistischen Heimwehren dann Innsbruck, kurz danach folgten Teile von Linz.
Ein Putschist und ein Mörder
Ab dem 12. Februar 1934 organisierten oppositionelle Teile der Sozialdemokratie und Arbeiter:innenbewegung den bewaffneten Aufstand gegen den Faschismus. Als Reaktion ließ Dollfuß etwa in Wien und in der oberösterreichischen Industriestadt Steyr mit Artilleriefeuer auf Arbeiter:innensiedlungen schießen. Sogar die regimetreue „Steyrer Zeitung“ übte danach Kritik: „Muß denn ausgerechnet die christliche Regierung mit Kanonen gegen die armen Teufel vorgehen und ihnen die letzte Habe zerstören?“
Viele Arbeiter:innen wurden unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Aufstands ermordet, neun Menschen wurden vom Dollfuß-Rerime im Anschluss hingerichtet. Am 1. Mai 1934 ließ Dollfuß eine neue faschistische Verfassung proklamieren. Der Diktator starb schließlich bei einem Putsch der Nazis am 25. Juli 1934, sein Tod war vermutlich nicht beabsichtigt. Die Fakten über Dollfuß, sein Leben und seine verbrecherische Ideologie habe ich hier für euch aufgeschrieben.
Angeblich weitere Schritte im Jahr 2025
Laut Gemeinderatsbeschluss soll nun eine „sachliche Aufarbeitung“ von Dollfuß „die Grundlage für nächste Schritte im Jahr 2025 bilden“. Letztlich aber ist das vor allem eine weitere Verzögerungstaktik. Denn tatsächlich liegen alle Fakten und Grundlagen schon lange auf dem Tisch. Und die sind eindeutig: Eine ÖVP-regierte Gemeinde in Niederösterreich will auch 2024 einen zentralen Platz weiterhin nach einem Faschisten und Mörder benennen.
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