In der Öffentlichkeit wurde Richard Lugner vor allem als skurriler Clown wahrgenommen. Tatsächlich war Lugner über viele Jahre ein Politiker und Unterstützer der äußersten Rechten.
Titebild: Manfred Werner/Tsui, Lizenz
Seine politischen Vorlieben zeigte Richard Lugner bis zuletzt ganz öffentlich. Noch im Februar besuchte der jüngst verstorbene Wiener Unternehmer gemeinsam mit Ex-FPÖ-Chef Norbert Hofer den Akademikerball der deutschnationalen Burschenschaften. Dem Kurier gegenüber behauptete Lugner danach, dass er dort „keine Rechtsextremen gesehen“ hätte, sondern „Burschenschafter, junge, nette Studenten und alte Herren“.
Tatsächlich ist der Akademikerball seit vielen Jahren eine der wichtigsten Vernetzungsveranstaltungen der extremen Rechten im gesamten deutschsprachigen Raum. Und „Alte Herren“, das ist der einschlägige Fachbegriff für Mitglieder von deutschnationalen Studentenverbindungen, die ihr Studium bereits beendet haben.
Auch für Lugner war die Veranstaltung im Februar etwas ganz Besonderes. Allerdings im positiven Sinne. Dort würde „überhaupt nichts Unanständiges“ geschehen, so Lugner. Ganz im Gegenteil: Selten träfe man „so gehobene Schichten wie an Akademikerball“, behauptete er. Er sei sogar bereits zum zweiten Mal von Hofer eingeladen worden. Die Antifaschist:innen, die gegen die Veranstaltung protestieren, waren für Lugner dagegen „Krawallbrüder“ und „Berufsdemonstranten“. Es sind klassische rechte Propagandabegriffe.
Beste Verbindungen zur FPÖ
Der Einkaufszentrum-Besitzer und Multimillionär erklärte bei dieser Gelegenheit auch, warum er die einschlägige Veranstaltung gerade mit FPÖ-Mann Hofer besuchen würde. Mit dem sei er seit der Bundespräsidentschaftswahl 2016 „ein wenig befreundet“. Tatsächlich hatten die beiden damals sogar noch gegeneinander kandidiert. Denn der ehemalige Bautycoon trat 2016 sogar selbst zur Wahl an – mit 2,26 Prozent rangierte er allerdings unter „ferner liefen“. Der Freundschaft zu den Blauen hat das offenbar keinen Abbruch getan.
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Und diese einschlägige Freundschaft reicht lange zurück und ist gut dokumentiert. So konnte die FPÖ regelmäßig große Wahlkampfveranstaltungen in Lugners Einkaufzentrum „Lugner City“ am Wiener Gürtel durchführen. Zuletzt etwa die offizielle Auftaktveranstaltung für den EU-Wahlkampf der FPÖ im Mai 2024. Samt Auftritten von FPÖ-Spitzenkandidat Harald Vilimsky, FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz sowie der notorischen FPÖ-Combo „John Otti Band“. Auch Lugner selbst trat auf die Bühne und hielt eine kurze Ansprache.
Einzig im Frühjahr 2022 gab es kurz Ärger im Paradies. Da hatte Lugner auf Puls4 gesagt, FPÖ-Chef Kickl solle in die Ukraine geschickt werden, „damit sie ihn erschießen“. Seine nachträgliche Entschuldigung sollte allerdings erstaunen: Er wäre eben „frustriert“. Denn einerseits hätte er eine andere Position zur Corona-Impfung als die FPÖ. Und andererseits würde sich die FPÖ inzwischen zu wenig gegen „überbordende Zuwanderung“ einsetzen. Der FPÖ zu wenig Rassismus vorzuwerfen, ist zweifelsohne eine Leistung.
Es bleibt in der blauen Familie
Lugners Verbindungen zur FPÖ waren jüngst sogar familiär geworden. Seine Tochter Jaqueline Lugner heiratete erst im Juni den FPÖ-Politiker Leo Kohlbauer. Im Rahmen der Heirat nahm Kohlbauer sogar den Namen Lugner an. Der FPÖ-Obmann im innerstädtischen Mariahilf und ehemalige Wiener Landtagsabgeordnete gilt als einschlägiges Rechtsaußen-Gesicht der Partei. Laut Presse gibt es zumindest ein Foto, das Kohlbauer und Identitären-Aushängeschild Martin Sellner bei einer Veranstaltung zeigt.
Ob der FPÖ-Mann auch die abstrusen Society-Auftritte seines verstorbenen Schwiegervaters übernimmt, bleibt abzuwarten. Sicher aber ist, dass der frisch gebackene Lugner auch finanziell seine Hände im Spiel haben wird. Ehefrau Jaqueline Lugner ist bereits seit Jahren Geschäftsführerin der Lugner City, sie dürfte künftig laut Standard vor allem die Fäden ziehen. Und auch der blaue Leo Lugner bringe sich „operativ engagiert „ein, heißt es.
Wenn die FPÖ also künftig ihre Wahlkampfveranstaltungen im Einkaufszentrum abhält, könnte die Abwicklung gleich über einen Funktionär der eigenen Partei erfolgen. Wie praktisch.
In der breiteren Öffentlichkeit war Richard Lugner vor allem für seine Auftritte am Opernball, seine Sendungen im Trash-TV und seine wechselnden Partnerinnen samt seltsamer Tier- und Kosenamen bekannt. Vergessen wird dabei allerdings, dass Lugner über viele Jahre auch als politischer Aktivist der äußersten Rechten auftrat.
Die politischen Ambitionen von Richard Lugner
Politisch selbst aktiv wurde Lugner erstmals bei der Bundespräsidentschaftswahl 1998. Aus dem Nichts erzielte er damals 9,9 Prozent der Stimmen. Ermöglicht wurde dieses gute Ergebnis wohl vor allem, weil die FPÖ bei dieser Wahl auf eine eigene Kandidatur verzichtet hatte. Damit konnte Lugner einen Teil der rechten Stimmen abstauben.
Auf diesen Erfolg wollte er dann auch bei der Wahl im darauffolgenden Jahr aufbauen und gründete sogar eine eigene Partei: „Die Unabhängigen – Liste Lugner“ (DU). Unterschriften auf der Straße musste er allerdings für seine Kandidatur keine sammeln. Ihm reichten stattdessen die Unterschriften der drei damaligen FPÖ-Abgeordneten Heinz Anton Marolt, Elfriede Madl und Anton Blünegger.
„zum Teil die gleichen Ziele wie die Freiheitlichen“
Die drei Abgeordneten waren davor von der FPÖ auf aussichtslose Plätze gereiht worden und hatten somit keine Chance auf eine Wiederwahl – Marolt trat sogar zu DU über. O-Ton Lugner: Seine Partei hätte ja ohnehin „zum Teil die gleichen Ziele wie die Freiheitlichen“.
Um das zeigte sich dann auch im Wahlkampf. Dort positionierte sich die DU mit Forderungen „gegen Asylmissbrauch“ und für „starke Grenzen“ klar auf der rechten Seite und sah sich selbst als einzige „nicht-linke Alternative. Sogar die FPÖ wurde von Lugner also der politischen Linken zugeschlagen.
Eine schlechte, rechte Kopie
Die damalige Frau des Millionärs, Christine Lugner, gab bei den Wahlkampf-Veranstaltungen die inhaltliche Einpeitscherin. Kebabstuben seien „der Kulturverfall Österreichs“ war dabei einer ihrer Slogans. Lebenslang müsse lebenslang bleiben und ihre Tochter solle keinesfalls serbokroatisch lernen. Die Lugner hatte allerdings bei diesem Wahlantritt ein offensichtliches Problem.
Warum sollten rechte Wähler:innen Lugners Kopie wählen und nicht das Original, also die FPÖ? Das konnte das Ehepaar niemals erklären – am Wahltag gab es dann auch nur vernichtende 1,02 Prozent der Stimmen.
Doch zumindest Christine Lugner wollte politisch auch unmittelbar weitermachen: 2002 gab es Gerüchte um eine Kandidatur für die FPÖ, später kandidierte sie für Haiders spätere FPÖ-Abspaltung Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ). Update: Bei der Ankündigung eines FPÖ-Vorzugsstimmen-Wahlkampfes von Schwiegersohn Leo Lugner im September 2024 zeigte sich dann, dass Christine Lugner weiter auf einschlägiger Linie ist. Auf der Pressekonferenz wetterte sie laut Newsflix etwa gegen „Asylwerber“ und wollte „Österreich wieder unseren Österreichern und niemand anderem“ geben. Da hat sich also offensichtlich nichts geändert.
Karl May-Festspiele, „Gutmenschen“ und „nationale Lösungen“
Ihr Ex-Ehemann Lugner stieg bereits zur Präsidentschaftswahl 2016 erneut selbst in den politischen Ring. Sein „Programm“ war allerdings bestenfalls irrwitzig. In einem wirren sechsseitigen Text betonte er vor allem, dass er nicht studiert habe und oft im Fernsehen auftreten würde. Zitat: „2010 habe ich als Schauspieler bei den Karl-May-Festspielen in Gföhl die Rolle des Mr. Buttler gespielt“. Doch die Skurrilität sollte nicht über die politischen Aussagen in diesem Text hinwegtäuschen.
Denn politisch wurde Lugner nur bei drei Punkten: Beim Bundesheer, bei der Flüchtlingspolitik und bei seinem Verhältnis zur FPÖ. Das Bundesheer solle „Schutzausrüstung gegen Demonstranten“ und zum „Einsatz im Inneren“ beschaffen. Bei der Flüchtlingspolitik wollte er (eigens fett geschrieben) „nationale Lösungen“ und kritisierte die angebliche „Gutmenschen Presse“.
Der Bundespräsident solle nach seiner Meinung gegen die angebliche „Unterdrückung schlechter Nachrichten über Ausländer aus ‚political correctness'“ auftreten (Grammatik im Original). Und schließlich folgte noch die Anbiederung an die FPÖ: Mit ihm als Bundespräsident würde es eine „Ausgrenzung von Parteien“ nicht geben. Doch 2016 blieb Lugner dann mit den bereits erwähnten 2,26 Prozent wohl weit unter den eigenen Erwartungen. Kein Wunder, diesmal trat auch die FPÖ an – wieder musste Lugner lernen, dass das Original besser funktioniert als die Kopie.
Ein Feind der Gewerkschaften und der Beschäftigten
Die angebliche Vertretung der Bevölkerung endete bei Lugner allerdings immer sehr schnell, wenn es um die eigenen geschäftlichen Interessen ging. 2011 etwa wollte die Gewerkschaft der Privatangestellten von den Beschäftigten der Lugner-City wissen, was sie denn von Lugners wiederholten Vorstößen zur Sonntagsöffnung halten. Ein Video zeigte Lugners Reaktion darauf.
Der Gewerkschafter Karl Proyer erklärte Lugner, dass es ein demokratisches Recht der Gewerkschaften sei, die Beschäftigen zu befragen. Lugners Reaktion: „Ja schon, aber nicht in der Lugner-City.“ Mit einem fast schon cholerisch gebrüllten „Wir diskutieren hier nicht!“ zog Lugner schließlich ab.
Dazu passend war Lugner immer wieder sehr laut, wenn es darum ging, auf Kosten der Öffentlichkeit seine Gewinne zu schützen. So wollte er etwa bereits in seinem Wahlkampf 1999 die Berufsschulzeiten von Lehrlingen durch die öffentliche Hand statt durch die Firmen finanzieren lassen. Und ein Mindestgehalt für Frauen, wie damals vom Frauenvolksbegehren gefordert, sei „nicht akzeptabel“.
Lob und Unterstützung für die Scientology-Sekte
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Bessere Verbindungen als zu den Gewerkschaften hatte Lugner dagegen offenbar zur Scientology-Sekte. Das zeigte sich im Jahr 2012, als eine Hackervereinigung den E-Mail-Verkehr von Scientology Österreich für die Jahre 2010 und 2011 online stellte. Auch ein Schreiben von Lugner war dabei.
Er würde der Organisation „auch für die Zukunft alles Gute“ wünschen. Und die „von vielen Neidern immer wieder erhobenen Anfeindungen mögen von den guten Taten überstrahlt und damit ad Absurdum geführt werden“, hoffte der Wiener Millionär. Er stellte der Sekte dann sogar sein Grundstück für die Agitation zur Verfügung. Lugners Rechtfertigung gegenüber der Süddeutschen Zeitung: Er hätte „nur gute Erfahrungen“ mit Scientology gemacht.
Ein Multimillionär als angeblicher Vertreter der Bevölkerung
Seinen Wahlkampf 2016 wollte Lugner übrigens komplett aus eigener Tasche finanzieren. Kein Problem für den Multimillionär, gehörte er doch zur finanziellen Elite des Landes. Wie hoch sein Vermögen ist, ist allerdings unklar – wie so oft bei den Superreichen. 2016 etwa konfrontierte in die Presse bei einem Interview mit einem kolportierten Vermögen von 135 Millionen Euro.
Seine Antwort: Er wolle sich über sein Vermögen „nicht zu sehr im Detail auslassen“ und hätte ja auch „viele“ Schulden. Dass er sich bei diesem Millionenvermögen allerdings gleichzeitig als Vertreter der „einfachen“, „nicht-akademischen“ Bevölkerung gab, erinnert an die abstrusen Tricks von Donald Trump. Das passt auch inhaltlich sehr gut: So sagte Lugner über Trump einst in einem Falter-Interview, der rechte Ex-US-Präsident sei zwar ein wenig „sprunghaft“, doch er könne „für Amerika gut sein“.
Eigentlich hatte Lugner bereits angekündigt, dass er auch im kommenden Jahr den extrem rechten Akademikerball besuchen wolle. Dazu wird es nun nicht mehr kommen.
Ergänzt um zusätzliche Informationen zu Leo Lugner, zu dessen Vorzugsstimmenwahlkampf sowie zu Richard Lugners Verhältnis zu Donald Trump.
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