Elon Musk macht jetzt auf Twitter/X höchstpersönlich Werbung für den berüchtigten Verschwörungserzähler Alex Jones. Wie durchgeknallt ist Jones wirklich? Und wie gefährlich ist das?
„Wir haben heute einen Idioten im Programm“, sagt BBC-Moderator Andrew Neil. Hinter ihm brüllt Alex Jones im Studio währenddessen laufend neue Verschwörungserzählungen in die Kameras.
Und während Jones schreiend seine Parolen drischt, dreht Moderator Neil schließlich vor der Kamera seinen Zeigefinger mehrmals schnell an der Schläfe – das international gängige Symbol, um darzustellen, dass jemand komplett durchgeknallt ist. Diese Szene aus dem Jahr 2013 ist vermutlich die beste öffentlich verfügbare Beschreibung von Alex Jones.
„Warum sind Sie noch am Leben?“
Das Interview mit Jones in der BBC ist aber noch aus einem anderen Grund sehenswert. Denn neben Jones im Studio sitzt der Times-Journalist David Aaronovitch. Und er fragt Jones: „Sie haben die Neue Weltordnung aufgedeckt, die tödlich ist.“ New World Order, das ist ein bekannter Kampfbegriff der Verschwörungs-Szene.
Doch, so fragt Aaronovitch: Das wären doch angeblich alles Kriminelle, die die Welt beherrschen würden und alle töten, die sich ihnen in den Weg stellen. Und dann stellt der Journalist dem Verschwörungserzähler eine sehr einfache Frage. Wenn also angeblich all diese super geheimen Mächte hinter Jones her wären: „Warum sind Sie noch am Leben?“
Ist Jones sogar selbst ein Teil der globalen Verschwörung?
Es gäbe eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder würde die Verschwörung nicht existieren. „Oder Sie sind Teil der Verschwörung.“ Jones brüllt erneut herum, berichtet von angeblichen Todesdrohungen. Aaronovitch kontert trocken: „Ich bin hier, um zu bezeugen, dass Ihr Kopf nicht abgeschnitten wurde.“
Einige Schreiorgien später hatten dann auch die großen Plattformen genug von Jones. Von der Plattform Twitter/X wurde Jones 2018 gesperrt. Auch Facebook, Youtube und Apple schalteten Jones ab. Verantwortlich dafür waren vor allem seine widerlichen Verschwörungserzählungen rund um das Massaker an der Volksschule „Sandy Hooks“ – dazu später noch mehr.
Elon Musk macht Werbung für den „Idioten“
Doch vor wenigen Tagen hat der rechte Twitter/X-Eigentümer Elon Musk den Verschwörungserzähler nun wieder auf seine Plattform zurückgeholt. Seitdem kann Jones über sein Twitter/X-Konto mit rund 1,7 Millionen Followern erneut seine Tiraden verbreiten – eine Möglichkeit, von der er bereits ausgiebig Gebrauch macht.
Kurz danach ging Musk sogar noch weiter. In einem rund eineinhalb Stunden dauernden Live-Gespräch mit Musk konnte Jones seinen Müll an ein Massenpublikum ausspielen. Er nutzte die Möglichkeit, um etwa gegen angebliche „Globalisten“ zu wettern, wie The Verge berichtet. Es ist ein bekannter antisemitischer Kampfbegriff, eine Neu-Interpretation des „heimatlosen Juden“.
Musk profitiert von diesen Verschwörungserzählungen
Vor allem aber verbrachte Jones viel Zeit damit, Musk zu loben. „Ich bin kein Arschkriecher“, behauptete er. Die Fakten sahen anders aus. Zitat Jones: „Elon, du hast große [Eier], Mann, an jeder Front.“
Am 13. Dezember kündigte Jones dann an, dass er künftig eine neue News-Show exklusiv auf Twitter/X präsentieren würde. Innerhalb von rund 6 Stunden war die Ankündigung bereits über eine Million Mal ausgespielt worden. Ein gutes Geschäft für Elon Musk.
Woher Alex Jones seinen Unsinn hat
Vor allem in den USA ist Alex Jones in der rechten Szene eine enorm große Nummer. Geboren wurde er 1974 in Dallas im US-Bundesstaat Texas, schon als Jugendlicher beschäftigte er sich mit einschlägigen Verschwörungserzählungen. Als Teenager fand er im Bücherregal seines Vaters das 1971 erschienene Machwerk „Die Insider“ von Gary Allen, wie die New York Times (€ Paywall) berichtet.
Gary Allen hatte in diesem – auch im deutschsprachigen Raum weit verbreiteten – Buch so ziemlich alle einschlägigen Verschwörungen der rechten Szene zusammengetragen. Hauptthema: Angebliche Eliten, die heimlich die Kontrolle über die Welt hätten. Eine Verschwörungserzählung, die den Antisemitismus in sich trägt wie die Wolke den Regen.
Hass auf die Linke
Bei Allen kam ein weiteres Element hinzu: Ein enormer Hass auf die gesamte Linke. Nicht zufällig finden sich auf dem Cover von „Die Insider“ neben dem Symbol der Freimaurer unter anderem auch ein Friedenszeichen (Vietnam-Krieg!), ein Symbol der Ökologie-Bewegung, eine Black-Power-Faust sowie Hammer und Sichel. Für die ideologische Entwicklung von Alex Jones soll dieses Pamphlet enorm bedeutend gewesen sein.
Als Jones dann begann, bei lokalen Radio- und Fernsehstationen in Texas zu arbeiten, verbreitete er auch dort seine Verschwörungserzählungen. Und auch ökonomisch scheint Jones bei Gary Allen gelernt zu haben.
Der 1986 verstorbene Allen hatte seine Bücher, Filme und Kassetten über den Versandhandel verkauft. Es ist ein Marketingmodell, das Jones später 1:1 für seine Plattform „Infowars“ übernahm.
Schulmassaker: Jones hat das Leben des Vaters zur „Hölle auf Erden“ gemacht
International bekannt wurde Jones vor allem wegen einer besonders ekelerregenden Verschwörungserzählung: Am 14. Dezember 2012 hatte ein Amokläufer in der Volksschule „Sandy Hook“ in der Kleinstadt Newton im US-Bundesstaat Connecticut insgesamt 27 Menschen ermordet. Der 20-jährige Täter erschoss sechs Schulangestellte, seine Mutter sowie 20 Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren. Es war einer der schlimmsten Amokläufe in der Geschichte der USA.
Doch anstatt Mitleid mit den Angehörigen der Opfer zu zeigen, behauptete Jones wieder und wieder, dass das Massaker gar nicht stattgefunden hätte. Die Eltern der ermordeten Kinder seien „Schauspieler“.
Damit warf er die Eltern dem Mob seiner Anhänger:innen zur Hetzjagd vor. Neil Heslin, der Vater des 6-jährigen Sandy Hook-Opfers Jesse Lewis, sagte etwa im August 2022 vor Gericht, Jones hätte sein Leben zur „Hölle auf Erden“ gemacht.
Das Motiv des extremen Rechten erklärte dann vor Gericht eine seiner Mitarbeiterinnen: Jones wollte mit diesen Lügen schlichtweg mehr Besucher:innen auf seine Kanäle ziehen. Und so mehr Geld verdienen.
Die Hass-Liebe für Donald Trump
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Über viele Jahre war Jones auch ein begeisterter Unterstützer von Ex-US-Präsident Donald Trump. Im Dezember 2015 etwa konnte Jones für seine Plattform Infowars ein ausführliches Interview mit Trump veröffentlichen, das ihm der während seines (erfolgreichen) Wahlkampfs für die US-Präsidentschaft gegeben hatte.
Im Gegenzug retweetete Trump, dann schon Präsident, schon mal Videos von Infowars. Seit einiger Zeit hat der rechte Honeymoon allerdings einen Knick bekommen. So kritisierte Jones den Ex-Präsidenten im Dezember 2021 scharf, nachdem Trump zugestanden hatte, dass Corona-Impfungen effektiv sind. Für Jones ein No-Go.
Profite mit der Dummheit der Fans
Wie die Profit-Masche von Jones funktioniert, zeigt nicht nur sein Umgang mit dem „Sandy Hook“-Massaker, sondern auch sein Webshop: In seinem „Infowars Store“ vertreibt der Verschwörungsideologe auch diverse dubiose Mittelchen um teures Geld. Darunter etwa Tinkturen namens „Super Male Vitality“ und „Super Female Vitality“ – also super männliche und super weibliche Lebenskraft. Was in dem Zeug drin ist, ist allerdings reichlich unklar.
Super Female Vitality jedenfalls sei „das Ergebnis beispielloser alter Weisheiten, die im Lichte moderner Geräte und Analysen neu interpretiert wurden“. So heißt es zumindest auf Infowars in typisch esoterischer Schwurbelei.
Lauter Flaschen
Größenangaben gibt es auf der Seite nirgends, doch die Mini-Fläschchen für Männer und Frauen wirken auf den Bildern gleich groß – tatsächlich eher: gleich klein. Auffallend allerdings ist, dass es die Frauen-Flaschen um 27,98 Dollar gibt, während die Männer-Flaschen 52,45 Dollar kosten. Ob wir jetzt daraus schließen können, dass die männlichen Fans von Jones nochmals doppelt so blöd sind wie die weiblichen? Das überlasse ich Ihrer Interpretation.
Im Dezember 2022 musste Jones allerdings Insolvenz anmelden. Nach seinen Lügen über die Familien der Sandy-Hook-Opfer war er zur Zahlung von 1,5 Milliarden Dollar Schadenersatz verurteilt worden. Vermutlich ist auch das ein Grund, warum Jones sich aktuell bei Elon Musk einschleimt. Denn um da wieder rauszukommen, werden ein paar Eso-Flaschen wohl nicht reichen.
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