Bei der Wiener Austria weht seit einem Jahr ein neuer Wind: Extreme Rechte werden in der Fanszene erfolgreich zurückgedrängt. Jetzt strömen immer mehr Fans ins Stadion und in die Kurve.
Schon wieder eine Reichskriegsfahne im Sektor! Über Jahre mussten antifaschistische Fans der Wiener Austria in regelmäßigen Abständen Berichte über Neonazis in ihrer Kurve ertragen. Und das war nicht nur ein randständiges Phänomen: Mittendrin war zumeist der führende Austria-Fanclub Viola Fanatics (VF).
Die Fanatics stellten den Vorsänger der violetten Kurve und beanspruchten auch den zentralen Platz auf der Heimtribüne der Austria. Eine absurde Situation: Die Violetten sind ein Klub mit einer stark jüdisch geprägten Geschichte.
Der neue Kurs kommt an
Doch seit einem Jahr weht nun ein gänzlich neuer Wind in der Kurve. Da hat die enorm dynamische Fangruppe KAI 2000 die Führungsrolle übernommen – und es ist beachtlich, wie viel sich seither verändert hat. Die Nazis sind weitgehend aus dem Stadion vertrieben. Und im Gegensatz zum Stadtrivalen Rapid werden vom violetten Vorsängerpult auch keine homophoben Sprechchöre mehr angestimmt.
Der neue Kurs kommt an: Immer mehr Menschen finden den Weg ins Stadion der Violetten. Der Zuschauer:innenschnitt steigt trotz sportlichen Misserfolgen immer weiter, zuletzt auf durchschnittlich über 12.000 Fans pro Spiel. Damit steht die Austria im ligaweiten Vergleich auf Platz drei. Im November 2023 meldete der Verein, dass die Marke von über 8000 Abos überschritten wurde – ein Plus von mehr als 50 % im Vergleich zum Sommer 2021.
Und, vor einigen Jahren noch völlig undenkbar: Die Ost-Tribüne der Hardcore-Fans vom Verteilerkreis Favoriten ist mittlerweile sogar mit Abos ausverkauft. Auch die Vereinsführung weiß, was hier entsteht: Der Run auf die Abos der Ost-Tribüne wäre „nicht zuletzt dem großen Engagement und starken Support unserer Fanklubs zu verdanken“, sagt Vorstand Harald Zagicek. Die neue Dynamik zeigt sich auch im Wiener Stadtbild: Violett wird immer öfter zur Modefarbe auf den Mauern der Stadt.
„Rapid ist haram“
Vor allem die verhältnismäßig neue Fangruppe Scheiberlspiel Austria Wien (SAW) ist auch außerhalb des Stadions mit Graffitis und Aufklebern hoch aktiv. Das „Scheiberlspiel“ ist ein Begriff der großen Ära des österreichischen Fußballs aus den 1920er Jahren und beschreibt ein schnelles Kurzpassspiel. Die Austria war damit auch international eine große Nummer: Zweimal gewann sie sogar den Mitropacup, der als Vorläufer der heutigen Champions League gilt.
Die SAW-Leute sind künstlerisch begabt, kreativ und witzig. Ihre Graffitis sind ebenso zahlreich wie gut gemalt. Auch in Rapid-Fanforen ist immer öfter zu lesen, dass die Austria derzeit beim „malen“, also sprayen, in der Stadt vorne liegen würde.
Ein Aufkleber der Scheiberspieler zeigt einen violetten Kebabwirten und die Aufschrift „Rapid ist haram“. „Haram“, das steht im Islam für verboten und unrein. Für die humorbefreite und rassistisch dominierte Szene früherer Tage mit ihren martialischen Slogans wäre das undenkbar gewesen. Heute ist dieser Aufkleber das perfekte Symbol für die neue Wiener Austria. Doch wie konnte all das gelingen?
Eine peinliche Niederlage
Alles begann vor einem Jahr mit einem ganz normalen Überfall. Normal zumindest für Fußballfans der Kategorie Ultra. Eine größere Gruppe aus der Fanszene des SK Rapid stürmte am 01.04.2023 vor das Stadion der Wiener Austria und erbeutete Teile einer Choreografie des violetten Erzrivalen. Die Austria-Fangruppe „Junge Legion“ (JL), die Jugendsektion der Fanatics, hatte die Choreografie direkt vor dem Stadion der Wiener Austria gemalt. Nicht sehr schlau, wie sich zeigte.
Dem Vernehmen nach hatten die JL-Leute bereits seit Tagen öffentlich vor dem Stadion herumgebastelt. Damit war es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Gelegenheit herumsprechen würde. Allerspätestens landete die Information vermutlich am Tag davor bei der grünen Konkurrenz. Denn da spielte das Nachwuchs-Team der Austria zu Hause gegen Blau-Weiß Linz – und Teile der Linzer Szene sind enorm eng mit dem Grünen aus Hütteldorf.
Die Maibäume der Ultras
Das „Ziehen“, also Klauen, von Szene-Utensilien gegnerischer Gruppen ist in der Ultra-Kultur üblich. Das mag für viele Menschen sehr fremd wirken – letztlich ist es auch nichts anderes als das traditionelle Stehlen von Maibäumen im ländlichen Raum. Ein Teil ist da natürlich ein Filetstück.
Wer eigene Materialien verliert, wird verspottet – üblicherweise wird das gezogene Material dann bei einem der nächsten Spiele der beiden Vereine präsentiert und verbrannt. Besonders peinlich für die JL-Leute: Der Ultra-Kodex besagt, dass eigene Materialien auf jeden Fall verteidigt werden müssen.
Ein Bruch mit der „mentalità“
Die JL-Mitglieder dagegen sollen vor den zahlenmäßig mehrfach überlegenen Gegnern geflüchtet sein. Menschlich ebenso klug wie verständlich. Doch eben auch ein unverzeihlicher Bruch mit der Ultra-Mentalität.
Und es gibt noch einen weiteren wichtigen Kodex: Jede Gruppe hat ein Banner, das bei jedem Spiel im Stadion gezeigt wird. Üblicherweise ein größeres für die Heimspiele, ein kleineres für Auswärts-Begegnungen. In der österreichischen Fußballszene werden diese Zaunfahnen „Fetzn“ genannt.
Wenn nun eine Gruppe den eigenen Fetzn verliert, muss sie sich gemäß Ultra-Kodex auflösen. Manche Gruppen machen das auch konsequent, andere erfinden Ausreden. Der Verlust einer Choreografie dagegen ist zwar peinlich, aber zumindest kein Grund für eine Selbstauflösung.
Die rechten Fanatics lösen sich auf
Dennoch folgte in Favoriten sehr schnell ein radikaler Schritt: Binnen kürzester Zeit gingen erste Gerüchte durch die violette Szene, dass die Junge Legion sich entweder selbst aufgelöst hätte oder seitens der Muttergruppe Fanatics aufgelöst worden wäre. Bald bestätigten sich die Gerüchte.
Und es kam noch dicker: Vier Tage nach dem Überfall gaben auch die VF offiziell ihre Auflösung bekannt. Alles über die Auflösung der Fanatics habe ich hier für euch aufgeschrieben. Je nach Sichtweise hatte die Austria nun also ihre Führungsgruppe verloren. Oder war sie endlich losgeworden. Denn für viele Fans der Veilchen war es ein lang ersehnter Befreiungsschlag. In den Tagen danach bekam ich ziemlich viele Nachrichten von violetten Fans. Der Tenor war immer ähnlich: „Einmal müssen wir uns bei den Grünen bedanken!“. Dazu meist lachende Smileys.
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Die Freunde aus dem Ausland
Über Jahre hatten die Fanatics gemeinsam mit ihren Verbündeten von der Neonazi-Gruppe Unsterblich die violette Szene buchstäblich in Geiselhaft gehalten. Immer neue Nazi-Skandale, dazu Reichskriegsfahnen, SS-Totenköpfe und Blood-and-Honour-Symbole im Sektor und Neonazi-Aufkleber im Stadtbild von Wien.
Wer im Stadion öffentlich gegen die rechten Umtriebe protestierte, lebte enorm gefährlich. Die einschlägigen Vorlieben der Fanatics zeigten sich vor allem bei Spielen im Ausland und bei internationalen Begegnungen.
Bei solchen Begegnungen hing die Reichskriegsfahne von Unsterblich in den vergangenen Jahren dann brüderlich neben der Zaunfahne der Fanatics (ich habe darüber oftmals berichtet). Vor allem war das der Fall, wenn die beiden Gruppen wieder einmal nach Bratislava fuhren, wo sie eine enge Freundschaft mit den neonazistischen „Ultras Slovan Pressburg“ unterhalten.
„Rassist – Faschist – Hooligan“
Diese Freunde der Fanatics verstecken ihre braune Gesinnung nicht: 2015 etwa präsentierten die Slovan-Ultras ein Banner, das einen Zug nach Auschwitz zeigte. Daneben standen die Worte: „Refugees Welcome“.
Spätestens im August 2018 konnte es dann auch in Wien keine Fragen mehr geben. Da brüllte ein Slovan-dominierter Mob in einer Wiener U-Bahn „Rassist – Faschist – Hooligan“, ich habe das Video danach veröffentlicht. Mitten im Pulk als Verhandler mit der Polizei: Der Capo der Fanatics, der damals auch der erste Vorsänger der Kurve war.
Eine sehr enge Beziehung hatten die Fanatics in den vergangenen Jahren auch zu den Hooligans des FC Zbrojovka Brno aufgebaut. Auch bei dieser Gruppe aus der tschechischen Stadt nahe der österreichischen Grenze gibt es keine offenen Fragen zur politischen Gesinnung.
Verlässliche Schläger
Auf ihrem Gruppen-Banner zeigen die Brno-Leute sogar einen Totenkopf, der dem SS-Totenkopf bis auf die fehlenden gekreuzten Knochen gleicht. Das große Banner wurde auch schon im Stadion der Wiener Austria präsentiert. Ein ähnliches Symbol verwendet übrigens auch Unsterblich auf den Jacken (“Kutten”) der Truppe.
Der extrem rechte Flügel in der Fanszene der Wiener Austria verbündet sich immer enger mit Nazis des FC Brno. Sogar ein SS-Totenkopf wurde schon im Austria-Stadion präsentiert. Was macht die Austria? Ein Freundschaftsspiel mit Brno. Ein Geschenk für die Nazis. Unfassbar. pic.twitter.com/eguVEh606C
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) November 10, 2022
Für Fanatics und Unsterblich hatten die Nazis aus Bratislava und Brno noch eine weitere wichtige Funktion: Es waren verlässliche Schläger. Etwa, wenn eigene Fans eingeschüchtert werden sollten, die mit dem Rechts-Kurs nicht einverstanden waren. Und diese Fans zeigten sich immer öfter.
Die Kampfastllln aus Inzersdorf
Vor allem die Gruppe KAI 2000 wurde in den vergangenen Jahren immer stärker. Gegründet wurde sie im Jahr 2000 ursprünglich im Stadtteil Inzersdorf, einem Ortsteil des 23. Bezirks im Süden von Wien. Daher auch der Name: Kampfastllln Inzersdorf. Ein „Astl“ ist im Wiener Dialekt ein besonders kräftiger Oberarm. Die KAI distanzierten sich immer offensichtlicher von den VF, zogen ihr eigenes Ding durch. Und hatten damit Erfolg.
Wer die Kurve im Stadion der Austria in Wien-Favoriten in den vergangenen Jahren genauer beobachtete, sah immer öfter folgendes Bild: In der Mitte und links, wo die Fanatics und ihre Verbündeten standen, kaum mehr Stimmung. Auf der rechten Seite dagegen, wo die KAI ihr eigenes Vorsängerpult hatten: Dynamik und volle Ränge.
Mit dem „Block 116“ schufen sich die KAI dazu ihre eigene Vorfeld- und Unterstützungsorganisation. Immer lauter wurden auch in den Fanforen die Stimmen, die die Übernahme der Kurve durch KAI forderten.
Interne Konflikte
Ohne Konflikte verlief das alles nicht. Fans berichten von Situationen, wo sich große Gruppen von Austria-Fans kampfbereit gegenüberstanden. Der Auslöser? Ist in solchen Situationen gar nicht so sehr entscheidend – es kann auch ein Missverständnis sein oder zu viel Alkohol und Drogen sind im Spiel. Entscheidend sind die zugrunde liegenden Animositäten.
Denn was viele Fußballinteressierte in dieser Zeit viel zu wenig wahrgenommen hatten: Dass es bei der Austria auch weiterhin und durchgehend durchgehend zahlreiche Fans und Fangruppen gab, die mit den Nazis überhaupt nichts am Hut hatten. Einige von ihnen sammelten sich zunehmend an einem bestimmten Platz im Stadion.
Der große Frust der Fanatics
Vermutlich wäre die Ablöse der Fanatics also ohnehin nur eine Frage der Zeit gewesen. Das spürten wohl auch die VF selbst. Ihre Frustration zeigte sich auch im Auflösung-Statement der Gruppe von Anfang April 2023. So heißt es dort etwa: „Selbstreflektierend im Zuge der Auflösung der Jugendsektion müssen wir uns selbst eingestehen, dass vor allem in den letzten Jahren unsere Geschichte nicht alles so verlief wie es uns die Vorväter der Gruppe […] mit auf den Weg gaben.“ (Rechtschreibung und Grammatik im Original.) Die Gruppe hätte es verabsäumt, in geänderten Zeiten „mit dem Wandel der Zeit zu gehen“.
In den letzten Jahren sei es nur mehr durch das besondere Engagement einzelner Mitglieder möglich gewesen, den eigenen Namen „ganz oben“ zu halten. Nun sei die Gruppe an einem „aussichtslosen Punkt ohne weitere Lösungen angelangt“. Da liegen die Ursachen für die Auflösung also eindeutig wesentlich tiefer als nur im Verlust einer Choreografie.
Ein enormer Umbruch
Die Reaktion auf die Auflösung innerhalb der violetten Szene folgte jedenfalls prompt. Schon beim nächsten Heimspiel war der Fetzn der Fanatics im Stadion nicht mehr präsent. Damit prangte eine gut sichtbare und große Lücke in der Mitte der Kurve. Auch viele Fanatics waren nicht ins Stadion gekommen. In der zweiten Halbzeit verließen dann sogar die verbliebenen Vorsänger der Fanatics das Vorsängerpult. Freiwillig soll das eher nicht erfolgt sein. Und nun übernahmen die KAI auch offiziell die führende Rolle in der Kurve.
Unterstützt wurden sie dabei vom „Schachklub“. Es ist ein informeller Fan-Zusammenschluss, der viele „Wiesngeschichten“ für die violette Fanszene austrägt. Solche Begegnungen der „dritten Halbzeit“ werden auch „Feld, Wald, Wiese“ genannt oder in Deutschland „Ackermatches“. Übersetzt bedeutet das: Sich an – oft vorher verabredeten Orten – mit Fans anderer Vereine in die Pfeife zu hauen, die ebenfalls Lust darauf haben. Der Schachklub hatte zumindest in der Vergangenheit selbst gute Kontakte zu Unsterblich und posierte gemeinsam für Fotos, die mir vorliegen. Das dürfte nun vorbei sein.
Die ersten rechten Verbindungen werden gekappt
Nach der Amtsübernahme der KAI wurden auch sehr schnell die ersten klaren Signale gesetzt. Sehr schnell beendeten sie etwa die Freundschaft zu den Nazis des FC Brno. Später folgte auch ein informelles Stadionverbot für die Nazis von Unsterblich. Zweifellos wesentlich wirksamer als das zahnlose Hausverbot, das der Verein für die Gruppe – nicht jedoch für alle Mitglieder – ausgesprochen hatte.
Deutlich komplexer gestaltete sich die Geschichte mit Slovan Bratislava. Durch die langjährige Zusammenarbeit der beiden Szenen sind hier wohl auch viele persönliche Verbindungen entstanden. Dazu ging es hier eben um eine Truppe, die zeitweise mehrere Dutzend Personen nach Wien brachte. Und damit auch eine gewisse Schlagkraft.
Ein Schwebezustand, der nicht ewig halten konnte
Vermutlich hofften die rechten Kräfte in der Szene der Austria auch, mit Slovan weiter einen Fuß in der Tür zu haben. So präsentierte etwa die verhältnismäßig große Fangruppe „Schwechater“ erst jüngst ihren Fetzn bei einem Slovan-Spiel. Es war wohl nicht zuletzt auch eine indirekte Kampfansage an die KAI, mit denen die Schwechater immer wieder Konflikte hatten.
Dass dieser Schwebezustand nicht ewig halten würde, wussten damit zweifellos auch die KAI und ihre Verbündeten in der Kurve. Offen ausgebrochen ist der schwelende Konflikt schließlich rund um das große Wiener Derby im Februar 2024.
Der Konflikt eskaliert
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KAI und ihre Verbündeten waren wohl nicht begeistert, dass Slovan mit einer enorm großen Zaunfahne in Wien auftauchte. In weiterer Folge gab es offenbar Diskussionen darüber, wie ausführlich Slovan begrüßt werden solle. Und schließlich eskalierte die Lage.
Im Nachgang beschreibt der KAI-Vorsänger der Austria den Beginn der Auseinandersetzung in einer internen Nachricht folgendermaßen: „Aus dem Nichts“ hätte ihm ein Capo von Slovan während des Spiels einen Schlag verpasst, nachdem er ihm erklärt hätte, dass es im Sektor „nur mehr um Austria Wien“ gehen würde. Den Vorsänger vor versammelter Kurve attackieren: Völlig undenkbar, dass darauf in Fußballkreisen keine Reaktion folgen würde.
"Rassist, Faschist, Hooligan" und "Sieg Heil" bei einem Fanturnier von Slovan Bratislava am 6. Juli. Mit dabei laut Turnierprogramm die "Viola Fanatics", der Fanclub des @FKAustriaWien, der – immer mehr umstritten – die "Führung" der Fankurve beansprucht.
Thread! 1/ pic.twitter.com/TZmuKwDwMz
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) July 8, 2019
Die Slovan-Hools hätten dann sogar mit Sprechchören gegen die Austria begonnen, wie mehrere Anwesende berichten. Dazu hätten sie Slogans wie ihr übliches „Rassist – Faschist – Hooligan!“ gegrölt. Nach dem Ende des Spiels und der Rückkehr zum Stadion der Austria wurde der Konflikt dann handgreiflich ausgetragen. Eine Quelle aus der Austria-Szene sagt, dass die Slovan-Leute regelrecht „gejagt“ worden seien. Alles über diese Auseinandersetzung habe ich hier für euch aufgeschrieben.
Damit ist nun auch die Freundschaft mit Slogan offiziell beendet. Quellen aus der Austria Szene berichten, dass nunmehr folgende Regelung gilt: Einzelne Personen von Slovan dürften zwar weiterhin ins Austria Stadion. Doch die Freundschaft der beiden Szenen wäre offiziell beendet. Auch der Freundschaftsfetzen hängt inzwischen nicht mehr in der violetten Kurve.
„Wir müssen gegen die Nazis auftreten“
Es ist ein weiterer wichtiger Schritt der Emanzipation. Und all das löst auch eine völlig neue Dynamik aus. Die Austria hat in Wien und in der Ost-Region zahlreiche Fans und Sympathisant:innen, Studien sprachen in der Vergangenheit von mehreren hunderttausend. Und diese Fans gehen nun auch immer öfter wieder ins Stadion. Auch alte und respektierte Persönlichkeiten der Fanszene, die sich zurückgezogen hatten, zeigen sich wieder in der Kurve. Dazu kommen immer mehr neue Fans mit Migrationsbiografie. Auch der Verein wird all das vermutlich sehr gerne sehen.
Der heutige Sportdirektor der Violetten, Manuel Ortlechner, sagte mir etwa schon 2014 in einem großen Interview, damals noch als Spieler der Austria: „Wir müssen gegen die Nazis auftreten, ob am Sportplatz oder außerhalb.“
Liebe und Schulden sind unbezahlbar
Sind nun alle Probleme bei der Wiener Austria gelöst? Das wäre naiv. Der Verein selbst steht vor enormen sportlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Wenn das Stadion nicht schnell verkauft wird, könnten in Favoriten bald die Lichter ausgehen. Witzig und selbstironisch hatte die Fanszene dieses Problem jüngst beim Auswärtsspiel gegen Blau-Weiß Linz aufgearbeitet.
Zuerst wurde eine aufwändige Choreografie in Gold und Violett mit Dagobert Duck und dem Slogan „Unsere Liebe zu dir ist unbezahlbar“ präsentiert. Einige Minuten nach dem Ende der Choreografie hielten einige Fans kurz ein Banner mit der Aufschrift „… so wie unsere Schulden“ hoch. Dazu gibt es auch in der Fanszene noch viele offene Fragen.
Es gibt noch viel zu tun am Verteilerkreis!
Rassismus und Homophobie werden in der violetten Kurve nun offensichtlich zurückgedrängt, der Sexismus dagegen ist weiter ein Problem. KAI scheint aktuell als Führungsgruppe unumstritten, doch immer wieder wird von Intrigen berichtet. Manche Personen in der Kurve mit rechten Sympathien warten wohl nur auf ihre Chance.
Dazu gibt es traditionell weit rechte Gruppen wie Atzgersdorf und Bulldogs, die sich über Jahre an die Seite der Fanatics gestellt hatten. Der Kapo von Atzgersdorf, Wolfgang W., Szenename „Wudle“, hat am Unterschenkel das Logo des mörderischen Ku-Klux-Klan tätowiert – gut erkennbar, wenn er mit kurzen Hosen am Platz steht. Solche Figuren sind weiter im Stadion präsent.
Ein symbolisch wichtiger Schritt wäre wohl auch die Beendigung der (real ohnehin nie existenten) Freundschaft mit den rechten Ultras Sur von Real Madrid. Und auch bei den KAI und ihren Verbündeten gibt es sehr unterschiedliche inhaltliche Ausrichtungen. Fragwürdig sind etwa die Kontakte zu den bekannt rechten Ultras Triest. Doch viele wichtige Schritte sind bereits getan.
Da geht noch mehr!
Gleichzeitig gibt es auch viele neue Fangruppen, die noch angesprochen werden könnten: So steht etwa direkt neben dem Stadion der Austria der Fachhochschul-Campus Wien – mit über 8000 Studierenden die größte Fachhochschule in Österreich. Es würde sich sowohl für den Verein wie für die Fanszene anbieten, hier verstärkt präsent zu sein. Dazu ist die Kurve der Austria weiterhin sehr männlich dominiert – doch der zwölfte Mann kann auch eine Frau sein.
Und schließlich ist die Austria im einwohner:innenstärksten Bezirk der Stadt Wien daheim, in Favoriten. Hier lebten immer schon zahlreiche Menschen mit Migrationsbiografie, die verstärkt ins Stadion gelockt werden könnten. „Rapid ist haram“ ist da vermutlich schon ein sehr guter Ansatz.
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