Wenn die FPÖ die Hand zur Abstimmung hebt, klingeln die Kassen der Konzerne. Für euch mit zahlreichen Beweisen recherchiert: Die FPÖ ist die Partei der Superreichen und der Industriebosse. Gleichzeitig wollen die Blauen den Sozialstaat zerstören.
In den Nobelvillen des Landes müssen Mitte August 2024 die Champagnerkorken geknallt haben. Denn da ist FPÖ-Chef Herbert Kickl bei der Boulevardplattform Ö24 zu Gast. Und was Kickl dort verspricht, hat es in sich. Er garantiert, dass mit der FPÖ keine Millionärssteuer kommen würde. Und dazu auch noch „keine wie auch immer gearteten Vermögenssteuern, keine Erbschaftssteuern, keine Schenkungssteuern“ so Kickl.
Umverteilung von Oben nach Unten dagegen lehnt der FPÖ-Chef entschieden ab. Seine Begründung: Wohlstand entstünde „nicht dadurch, dass man jemanden etwas wegnimmt und es umverteilt.“ Im Klartext: Kickl formuliert eine offene Kampfansage an jede Form von Steuern für Reiche. Und damit ein Geschenk für die Superreichen und Konzerne in Österreich.
FPÖ: Seit vielen Jahren für die Superreichen
Die Ansage des blauen Parteichefs ist kein Ausrutscher im Wahlkampf – tatsächlich steht die FPÖ seit Jahrzehnten verlässlich auf der Seite der Reichen. Kickl selbst behauptet schon im September 2023 ernsthaft, dass Vermögens- und Erbschaftssteuern mit einem „scharf marxistischen Belastungswahnsinn“ gleichzusetzen wären. Angeblich wären Steuern für Superreiche ein „Anschlag auf die Familien, Unternehmen und alle Leistungsträger“, so Kickl. Möglicherweise hat der langjährige FPÖ-Funktionär dabei auch sein eigenes fettes Gehalt im Kopf.
Im Nationalratswahlkampf 2017 hatte die FPÖ sogar schon einmal ein eigenes Plakat zu diesem Thema produziert. Der Slogan: Eine Erbschaftssteuer wäre angeblich „unfair“. Doch „unfair“ ist da gar nichts – diejenigen, die erben, haben das Vermögen ja noch nie versteuert. Und vor allem: Es gibt bei allen bekannten Modellen enorm hohe Freibeträge. Die viel zitierten „Häuslbauer:innen“ wären also gar nicht betroffen. Hier geht es ausschließlich um Steuern für Superreiche und Millionär:innen treffen. Das weiß die FPÖ auch selbst sehr gut.
Nicht einmal Millionenerbschaften
Das zeigt etwa ein Interview mit dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache im Juli 2017 auf Puls4. Da wird er gefragt, ob er auch gegen Erbschaftssteuern bei Beiträgen von fünf Millionen Euro wäre. Straches wörtliche und eindeutige Antwort: „Ein grundsätzliches Nein“. In Folge beklagt sich Strache auch noch mehrmals über „Reichensteuer“ und den angeblichen „Raubritter Staat“. (Hier nachzusehen ab Minute 48:45.)
Und auch im Wahlkampfprogramm für die Nationalratswahl 2024 bleibt die FPÖ bei dieser Linie. Dort heißt es wörtlich: „Wir lehnen eine Erbschafts- und Schenkungssteuer genauso wie eine Vermögenssteuer dezidiert ab.“ Kein Wunder, dass Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer zum Trend sagt: „Beim blauen Wirtschaftsprogramm sind Unterschiede zur ÖVP nur mit der Lupe auszumachen.“ Das wird offenbar auch von der Industriellenvereinigung honoriert.
Die Industriellenvereinigung versteht die Botschaft
Innenpolitik-Journalist Josef Votzi zitiert Anfang September 2024 mehrere ÖVP-Insider:innen: Die Industriellenvereinigung mache bereits „für eine Neuauflage einer ÖVP-Regierung mit den Blauen mobil“. Doch gleichzeitig hat die FPÖ mit dieser wirtschaftsfreundlichen Linie natürlich ein Problem: Sie muss das irgendwie vor ihren Wähler:innen mit weniger Einkommen verstecken. Und da kommen dann Slogans wie die „soziale Heimatpartei“ ins Spiel.
Doch wenn die Blauen an der Regierung sind, rollen die Angriffe auf den Sozialstaat. Der Trick hat übrigens bereits eine lange Geschichte – auch die Nazis nannten sich „national-sozialistisch“ und gaben sich vor der Machtergreifung sozial-radikal – während sie gleichzeitig von Großkonzernen wie Thyssen oder IG Farben (heute BASF, Bayer, Hoechst) finanziert wurden. Doch die FPÖ stimmt sogar in der Opposition verlässlich für die Interessen von Superreichen und Konzernen. Vor allem, wenn sie glaubt, dass es niemand bemerkt. Das zeigt sich etwa im EU-Parlament.
FPÖ gegen Mindestlöhne
Im August 2023 etwa behauptet FPÖ-Chef Herbert Kickl im ORF-Sommergespräch, er würde einen Mindestlohn von 2000 Euro brutto fordern. Reichlich wenig, aber zumindest ein Anfang. Etwas glaubwürdiger wäre Kickls Propaganda allerdings, hätte die FPÖ nicht selbst im September 2022 im EU-Parlament ausdrücklich gegen adäquate Mindestlöhne gestimmt.
Oder gleiche Löhne für Männer und Frauen. Im Oktober 2023 beklagt sich die FPÖ öffentlichkeitswirksam in einer Aussendung über die „Gehaltsschere zwischen Männern und Frauen“. Das wäre zwar faktisch richtig. Doch die FPÖ-Story hat ein Problem.
Gegen gleiche Löhne für Männer und Frauen
Denn im EU-Parlament hat die FPÖ im April 2022 explizit gegen ein Gesetz gestimmt, mit dem durch Lohntransparenz gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit gestärkt werden sollte. Und auch, wenn es um bessere Arbeitsbedingungen geht, steht die FPÖ verlässlich auf der falschen Seite.
So stimmte das EU-Parlament im Februar 2023 über bessere Arbeitsbedingungen in der sogenannten Plattformarbeit ab. Dabei geht es vor allem um Menschen, die für Essenszustellungen oder Taxi-Dienste arbeiten. Wer gegen Verbesserungen für die Beschäftigten in dieser absoluten Niedriglohnbranche gestimmt hat? Richtig, die FPÖ.
Solche Abstimmungen sind keine Unfälle
Wer unter dieser Politik leidet, ist offensichtlich: Die arbeitenden Menschen in Österreich und in der gesamten EU. Doch es ist auch klar, wer davon profitiert: Die Eigentümer:innen von Unternehmen und Konzernen – die damit noch weniger von ihren Profiten abgeben müssen.
Das alles sind keine Unfälle und da hat auch niemand bei einer Abstimmung auf den falschen Knopf gedrückt. Genauso tickt die FPÖ. Das haben die Blauen gezeigt, als sie zuletzt in der Regierung waren. Nun könnten manche behaupten, dass das Regierungsprogramm der letzten ÖVP-FPÖ-Koalition zwischen 2017 und 2019 ja von der ÖVP diktiert worden wäre.
Die FPÖ wäre nach dieser Erzählung also – quasi gegen ihren Willen – zum Sozialabbau gezwungen worden. Doch bei dieser Behauptung gibt es ein faktisches Problem: Denn tatsächlich fordert die FPÖ selbst seit vielen Jahren immer mehr Sozialabbau – und gleichzeitig Geschenke für Superreiche und Konzerne.
Das Programm der FPÖ: Ein Programm für den Sozialabbau
Im offiziellen Parteiprogramm stehen zu all diesen Themen ausschließlich einige dünne Phrasen – mit gerade einmal 17 Seiten ist es auch auffallend dünn. Auch das ist sicherlich kein Zufall: So können die konkreten Sozialabbau-Pläne besser von der breiten Öffentlichkeit versteckt werden. Wer also wirklich wissen will, wofür die FPÖ steht, muss sich die entscheidenden programmatischen Texte der Partei ansehen.
Ich habe sie gelesen, damit ihr es nicht tun müsst. Die beiden wichtigsten Texte sind dabei das sehr umfangreiche „Handbuch freiheitlicher Politik“ sowie das „Freiheitliche Wirtschaftsprogramm„. Es sind Programme für den brutalen Sozialabbau.
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Besonders bezeichnend ist die Politik der FPÖ dabei in den Bereichen, die für große Teile der Bevölkerung von zentraler Bedeutung sind: Die soziale Absicherung, die Situation am Arbeitsplatz, die Mieten und die Pensionen. Dazu kommen die Vermögensteuern – denn Verbesserungen für die Bevölkerung müssen ja auch finanziert werden. Welche Ziele hat die FPÖ in diesen Bereichen also ganz konkret?
Die FPÖ attackiert Notstandshilfe und Mindestsicherung
Es war eines der zentralen Projekte von FPÖ und ÖVP in ihrer Koalition zwischen 2017 und 2019: Die komplette Abschaffung der Notstandshilfe für arbeitslose Menschen. Gerade für viele ältere arbeitslose Menschen ohne Aussicht auf einen Job hätte das bedeutet: Sie wären in die Mindestsicherung gedrängt worden, wo zuerst die eigenen Ersparnisse aufgebraucht werden müssen.
Viele Menschen hätten damit vor der Pension ihre gesamten Lebensersparnisse opfern müssen. Frauen wären laut einer Berechnung des Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) besonders betroffen gewesen. Vermutlich hat nur der Ibiza-Skandal, der die Regierung gesprengt hat, die Umsetzung verhindert.
Menschen mit Migrationsbiografie sind nur der Vorwand
Zufällig kam dieser brutale Angriff auf arbeitslose und ältere Menschen allerdings nicht. In der Propaganda schiebt die FPÖ bei der Mindestsicherung gerne Menschen mit Migrationsbiografie in den Vordergrund. Doch tatsächlich wollen die Blauen alle arbeitslosen Menschen treffen. So heißt es im „Handbuch freiheitlicher Politik“ der FPÖ, dass angebliche „Berufsarbeitslose“ eine finanzielle „Unterstützung nicht verdient“ hätten.
Es solle stattdessen ausschließlich eine „Grundsicherung in Form von Sachleistungen“ geben. Wie die FPÖ „Berufsarbeitslosigkeit“ feststellen will, wird nicht weiter ausgeführt. Zur Erinnerung: Beim Arbeitslosengeld und bei der Notstandshilfe handelt es sich um Versicherungsleistungen. Die Menschen müssen also zuvor eingezahlt haben.
Kickl ist voll verantwortlich
Falls die FPÖ sich übrigens damit herausreden möchte, dass die letzte Ausgabe des „Handbuchs“ schon ein wenig älter sei: Das stimmt, doch es ist weiter die aktuelle Beschlusslage der FPÖ. Und der heutige FPÖ-Chef Kickl hat für das Handbuch sogar eigens ein Vorwort verfasst. Es sei ein „unverzichtbarer Begleiter für die tägliche politische Arbeit“, so Kickl. Dass er ein eigenes Vorwort schreiben durfte, sollte ohnehin nicht verwundern: Immerhin war Kickl während der Programmerstellung der Generalsekretär der Blauen. Da wird kein Distanzieren etwas helfen.
Eine ausführliche Analyse zu den Wirtschaftsforderungen und Programmen der FPÖ findet ihr in meinem Buch „Die FPÖ – Partei der Reichen“. Ihr könnt es hier bestellen.
150 Euro im Monat sollen angeblich reichen
Parallel dazu attackierten FPÖ und ÖVP an der Regierung auch die Mindestsicherung für Menschen, die ohnehin schon viel zu wenig Geld zum Leben haben. In Österreich wäre es angeblich möglich, von 150 Euro im Monat zu leben, falls die Wohnung finanziert wäre. Diese abstruse Behauptung stellte die damalige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein von der FPÖ im Juli 2018 auf. Zur Einordnung: Zu diesem Zeitpunkt lag die Armutsgefährdungsschwelle für einen Ein-Personenhaushalt laut Statistik Austria bei 1238 Euro.
Mit dieser irrwitzigen Behauptung wollte die FPÖ-Politikerin die Kürzung der Mindestsicherung für Menschen mit besonders wenig Geld rechtfertigen. FPÖ und ÖVP versuchten dabei immer wieder, die Kürzung der Mindestsicherung rassistisch aufzuheizen.
So wurde etwa eigens beschlossen, dass Menschen mit schlechteren Deutschkenntnissen nochmals 300 Euro weniger erhalten sollten. Die Lebensmittelpreise im Supermarkt richten sich allerdings nicht nach Deutschprüfungen. Doch tatsächlich war das ohnehin nur ein Scheinthema.
Die Opfer der FPÖ: Mehrkind-Familien und Menschen mit Behinderung
Denn real sollten diese Kürzungen sehr viele verschiedene Gruppen treffen: Etwa Familien mit mehreren Kindern, Menschen mit einer Behinderung, Menschen ohne Pflichtschulabschluss sowie Menschen, die mit anderen Mindestsicherungs-Bezieher:innen in einer WG wohnen. Erst der Verfassungsgerichtshof hat im Dezember 2019 zumindest die Kürzungen ab dem zweiten Kind sowie für lernschwache Menschen als verfassungswidrig aufgehoben.
Im März 2022 hat die Amtskonferenz eine Studie zur ÖVP-FPÖ-Sozialhilfe veröffentlicht. Der Befund der Expert:innen: „Die Folgen für Menschen mit Behinderungen, Wohnen, Frauen in Not, Gesundheit, Kinder und Familien sind massiv. Die Verschlechterungen treffen alle.“
Die FPÖ sorgt für noch mehr Lohndruck
Überraschen sollte diese Politik der FPÖ allerdings niemanden. Denn die Blauen waren bereits bei der Einführung der Mindestsicherung im Juli 2010 „klar“ dagegen. Das hielt der damalige FPÖ-Generalsekretär Kickl sogar eigens in einer Aussendung fest.
Für Unternehmen und Konzerne waren und sind all diese Forderungen der FPÖ ein Geschenk: Je weniger soziale Absicherung es gibt, desto eher werden Menschen schlecht bezahlte Jobs und miese Arbeitsbedingungen akzeptieren müssen.
Frontal gegen Arbeitszeitverkürzung
Wer heute „Löhne hinauf und Vier-Tage-Woche“ fordern würde, würde „in einer sozialromantischen Blase des Klassenkampfes gegen Arbeitgeber, Unternehmer und Industrie“ leben. Das behauptet zumindest FPÖ-„Sozialsprecherin“ Dagmar Belakowitsch im Mai 2024. Im Klartext: Die FPÖ wendet sich explizit gegen höhere Löhne und gegen Arbeitszeitverkürzung.
Auch im Programm für die Nationalratswahl 2024 wird der „Arbeitszeitverkürzung für die breite Masse“ nochmals eine klare Absage erteilt. Das würde die Wirtschaft „dauerhaft zum Stehen“ bringen – was natürlich Unsinn ist. Diese Phrase kommt seit 100 Jahren verlässlich bei jeder Forderung nach Arbeitszeitverkürzung. Doch die Unternehmer-Freund:innen der FPÖ werden es zweifellos mit Freude lesen.
Der 12-Stunden-Tag und die Angriffe auf das Arbeitsinspektorat
Auch die Position der FPÖ zu den Arbeitszeiten hatte bereits konkrete Auswirkungen: Im September 2018 setzten FPÖ und ÖVP sogar eine Arbeitszeit von bis zu 12 Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche durch. Davor waren es 10 Stunden am Tag und 50 Stunden in der Woche. Angeblich freiwillig. Doch sobald die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes dazu kommt, ist es mit der Freiwilligkeit meist nicht mehr weit her.
In gewerkschaftlich besser organisierten Branchen wurden die Folgen oft durch Kollektivverträge abgefedert. Doch gerade Menschen in Niedriglohnbranchen leiden bis heute unter dem 12-Stunden-Tag. Kontrollen für Unternehmer:innen gibt es übrigens immer weniger: Denn ÖVP und FPÖ haben praktischerweise gleichzeitig das Arbeitsinspektorat personell zusammengekürzt.
Auch hier sind es Forderungen der FPÖ, die von Schwarz-Blau umgesetzt wurden. So fordert die FPÖ schon in ihrem „Freiheitlichen Wirtschaftsprogramm“ wörtlich „eine Reduktion der Kompetenzen des Arbeitsinspektorat“. Meine Analyse zu diesem Wirtschaftsprogramm findet ihr hier.
Arbeitsdruck und Massenentlassungen
Für die Nationalratswahl hat die FPÖ dazu auch noch weitere Forderungen, die die Konzern-Herzen höherschlagen lassen: „Die Produktivität der Arbeitnehmer“ solle erhöht werden, damit die Unternehmen noch mehr Profite machen. So heißt es in der Langfassung des Wahlprogramms. „Produktivität erhöhen“, das ist die übliche Umschreibung von Unternehmerverbänden, um den Arbeitsdruck zu verstärken.
Und dann folgt im Wahlprogramm der Blauen eine Forderung, die vor allem Beschäftigte in der Industrie wohl nur als gefährliche Drohung verstehen können. Unternehmen solle es ermöglicht werden, „so viel wie möglich ihres Gewinns in Automatisierung“ zu investieren. Doch mehr Automatisierung bedeutet üblicherweise: Menschen verlieren ihren Arbeitsplatz. In der Kurzfassung des Programms, die wohl deutlich breiter verteilt wird, ist davon übrigens nichts zu lesen …
Der Schmäh mit den Lohnnebenkosten
Bereits seit Jahren fordert die FPÖ eine Senkung der Lohnnebenkosten, auch im Wahlkampf 2024. Die leicht merkbare Phrase „mehr netto vom brutto“ bringt Parteichef Kickl etwa Mitte August auf Ö24 unter. Doch tatsächlich ist das ein gefährlicher Angriff auf alle arbeiteten Menschen in Österreich.
Denn die Lohnnebenkosten sind im Wesentlichen nichts anderes als die Beiträge der Unternehmen zur Pensions-, Kranken-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Eine Senkung der Lohnnebenkosten ist also ein Geschenk für die Unternehmen – auf Kosten der sozialen Absicherung der arbeitenden Bevölkerung. Eine tatsächlich soziale Politik wäre stattdessen: „Mehr netto, mehr brutto“.
Frontalangriff gegen die Arbeiterkammer – und die „Volksgemeinschaft“ der Nazis
Die Rechtsberatung der Arbeiterkammer (AK) sind für viele arbeitende Menschen und für viele Konsument:innen eine enorme Hilfe und Unterstützung. Bei Rechtsstreitigkeiten unterstützt die AK kostenlos und verhilft Menschen so zu ihrem Recht. Der FPÖ ist das offensichtlich ein massiver Dorn im Auge. Das zeigt sich auch im Wahlprogramm 2024.
Da forderte FPÖ die „Abschaffung verpflichtender Arbeiterkammerbeiträge“ – übrigens ebenfalls nur in der Langversion des Wahlprogramms. In der Kurzform heißt es dazu nur „Keine Zwangsmitgliedschaften“. Die meisten Wähler:innen werden eher nicht verstehen, dass sich dahinter ein Angriff auf die AK verbirgt. Doch wenn die AK kein Budget mehr hätte, könnte sie auch keine Rechtsberatung machen. Der Applaus aus den Chefetagen der Unternehmen ist der FPÖ sicher.
Stattdessen heißt es im Wahlprogramm, die FPÖ würde eine „Trennung in Arbeitgeber- und Arbeitnehmerpolitik“ ablehnen. Doch diese Trennung ist schlicht die faktische Realität der Klassengesellschaft. Schon die Nazis propagierten solche Ideen mit ihrer „Volksgemeinschaft“. Im NS-Regime zeigte sich dann, was solche Forderungen in der Realität bedeuten: Die brutale Ausbeutung rechtloser Beschäftigter zum Wohl der Konzerne.
Der peinliche Slalom der FPÖ bei den hohen Mieten
Die FPÖ und ihr Bautensprecher Philipp Schrangl treten seit vielen Jahren als Lobby-Partei der Vermieter:innen auf. Um das zu verbergen, muss die FPÖ allerdings einen bemerkenswerten Slalom hinlegen.
Dass die Mieten immer höher steigen, wissen alle, die verzweifelt nach einer Wohnung suchen. Wo die FPÖ hier steht? Eindeutig auf der Seite der Vermieter:innen. So behauptete FPÖ-Bautensprecher Schrangl bereits 2016 in einer Aussendung, dass Mietzinsbegrenzung, Mietenlimit oder eine Leerstandsabgabe für ihn ein Schwelgen in „kommunistischen Phantasien“ wäre. Der deutschnationale Burschenschafter Schrangl hat das zweifellos nicht positiv gemeint.
Hat Kickl auf einmal kommunistische Phantasien?
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Nachdem die Mieten durch die hohe Inflation ab 2022 endgültig durch die Decke gehen, legt die Bundesregierung im August 2023 einen Entwurf für eine Mietpreisbremse vor. Die ist allerdings nur ein Tropfen auf dem heißen Stein – sie kommt zu spät und ist zu eng gefasst. Doch die Reaktion der FPÖ ist bemerkenswert.
Nun behauptet FPÖ-Chef Kickl bei einer Pressekonferenz auf einmal, dass die Mietpreisbremse den „wohnpolitischen Kurs der FPÖ“ bestätigen würde. An seiner Seite: Genau jener FPÖ-Bautensprecher Schrangl, der die Mietpreisbremse als kommunistische Phantasie kritisiert hatte. Einige Monate später folgt dann die nächste Drehung, erneut um 180 Grad.
Verlässlich auf der Seite der Immobilienspekulant:innen
Im Dezember 2023 erklärt die FPÖ auf einmal per Aussendung, dass sie der Mietpreisbremse nun doch nicht zustimmen wolle. Weil die angeblich zu spät käme. Warum es allerdings besser wäre, wenn es stattdessen überhaupt keine Mietpreisbremse gibt? Dazu kommt von der FPÖ kein Wort.
Stattdessen fordert FPÖ-Mann Schrangl nun einen „Mietenstopp“ – obwohl der doch in seinen eigenen Worten eine „kommunistische Phantasie“ wäre. Die tatsächliche Taktik der FPÖ ist eindeutig: Sie stimmt konsequent für die Interessen der Hausbesitzer:innen. Und will das in der Opposition hinter sozialen Phrasen verstecken.
Und im Nationalratswahlkampf 2024? Da hat die FPÖ zu den hohen Mieten bemerkenswert wenig zu sagen. Mit einer auffallenden Ausnahme. Mehrere Bundesländer heben sogenannte Leerstandsabgaben ein. Damit soll verhindert werden, dass Wohnungen aus Spekulationsgründen leer bleiben. Doch auch hier zeigen die Blauen ihr wahres Gesicht und fordern in ihrem Wahlprogramm: „Nein zur Leerstandsabgabe“. Denn das wäre laut FPÖ eine „verdeckte Vermögenssteuer“, die sie als „massiven Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum“ bezeichnet. Auch hier steht die FPÖ verlässlich auf der Seite der Immobilienspekulant:innen.
Kürzen bei den Pensionen
In der breiten Öffentlichkeit ist die FPÖ beim Thema Pensionen extrem vorsichtig. Es könnte ja Wähler:innen verschrecken. Doch im kleineren Kreis wird Klartext gesprochen. So forderte etwa FPÖ-Wirtschaftssprecher Axel Kassegger in einem Beitrag für die extrem rechte Plattform „unzensuriert“ bereits ganz offen eine „Anpassung“ des Pensionssystems in Hinblick auf das Pensionseintrittsalter. Im ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm von 2017 wurden dann auch entsprechende Maßnahmen angekündigt, etwa die Anhebung des Zugangsalters zur Altersteilzeit.
Die Höhe der Pensionen hatten FPÖ und ÖVP übrigens bereits in ihrer ersten Koalition im Jahr 2003 drastisch reduziert: Davor wurde für die Pensionsberechnung das Durchschnittseinkommen der letzten 15 Jahre herangezogen. Das waren meist auch die bestbezahlten. Doch ÖVP und FPÖ haben das auf 40 Jahre ausgedehnt. Die Folge: Fast alle Menschen, die heute in Pension gehen, haben deutlich niedrigere Pensionen als vor Schwarz-Blau I.
Apropos Vorsicht: Wie der Trick funktioniert, erklärt vor der Nationalratswahl im September 2024 auch FPÖ-Mann Arnold Schiefer ganz offen. Burschenschafter Schiefer gilt als blaue Eminenz, vor allem in Wirtschaftsfragen. Er präsentierte Anfang September auch das Wirtschaftsprogramm der Partei. Übrigens gemeinsam mit der einschlägig neoliberalen Barbara Kolm.
O-Ton-Schiefer im Standard: „Warum sollen wir die Leute narrisch machen und Panik verbreiten, indem wir sagen, wir müssen sparen?“ Doch gleichzeitig wünscht sich Schiefer bereits bei der Präsentation des Wirtschaftsprogramms durchgehende Kürzungen in allen Ressorts: „Fünf Prozent an Potenzial finde ich in den Ressorts immer“, behauptet der Manager.
Kickl will Steuern für Unternehmen radikal senden
Wo die Blauen dagegen äußerst großzügig sind: Bei den Unternehmenssteuern. Die sollen radikal reduziert werden, wenn es nach der FPÖ geht. So fordert Kickl auf Ö24 etwa, dass die Körperschaftssteuer (KÖSt) für Unternehmen erneut gesenkt werden solle. Tatsächlich wurde die allerdings bereits in den vergangenen Jahren immer wieder reduziert. Mit höchst problematischen Folgen
Nur die jüngste Senkung von 25 auf 24 Prozent durch Schwarz-Grün kostete laut dem gewerkschaftsnahen Momentum-Institut allein im Jahr 2023 eine halbe Milliarde Euro. Steuergeld, das im Sozialstaat fehlt. Doch Kickl reicht auch das noch nicht. Er fordert nochmals eine radikale Kürzung: Bei großen Unternehmen wolle die FPÖ „runter auf 20 Prozent, bei kleineren – bis etwa 400.000 Euro Umsatz – da sollten es zehn Prozent sein“. Die Folge wären Milliardenverluste für die öffentliche Hand.
Ein radikales Sparpaket droht
Doch was wäre die logische Folge, wenn die Republik jedes Jahr mehrere Milliarden Euro weniger zur Verfügung hat? Das Geld würde fehlen – ein radikales Sparpaket wäre die Folge. Etwa im Gesundheitssektor, bei den Schulen, bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, bei den Pensionen oder in der Pflege. Kickl kündigt ein solches Sparpaket indirekt auch bereits an.
Es hätte „zweimal ein Nulldefizit gegeben. Zweimal mit der FPÖ in der Regierung“, lobt er sich auf Ö24. Das bedeutet eine drastische Reduzierung aller Ausgaben – es ist eine gefährliche Drohung für die Bevölkerung. Kickl bleibt dabei allerdings wenig konkret.
Das kann der FPÖ-Chef deshalb, weil in Interviews bei seinen wirtschaftlichen Forderungen kaum je genauer nachgefragt wird. Doch in welche Richtung es geht, zeigen Forderungen des österreichischen „Fiskalrats“ von Mitte Juni 2024. Fiskalratschef Christoph Badelt fordert unter anderem drastische Kürzungen bei “Pflege, Gesundheit und Pensionen”. Hier findet ihr meinen Bericht „Neoliberale fordern ein Milliarden-Sparpaket“.
Aber die Hausfrau?
Kickl versucht dann noch, seine Forderung nach einem radikalen Sparpaket mit dem Hinweis auf „jede Hausfrau“ kleinzureden. Die wüsste ja auch, dass „man sich nach der Decke strecken muss“. Tatsächlich aber sind staatliche Investitionen natürlich etwas völlig anderes als Verbrauchsgüter in einem Haushalt.
Hier wird der Unterschied zwischen der „Mikroökonomie“ und der „Makroökonomie“ schlagend, also zwischen Einzelpersonen und dem Staat. Um ihre Sparpakete ideologisch abzusichern, versuchen Neoliberale regelmäßig, diesen Unterschied wegzureden. Dabei ist es offensichtlich: Private Schulden haben für die Betroffenen meist vor allem negative Folgen. Doch wenn heute in bessere Schulen oder den Ausbau der Bahn investiert wird, dann profitieren künftige Generationen.
„Sozial“ ist offiziell gestrichen
Mit solchen doppelten Botschaften spielt die FPÖ übrigens immer wieder gerne. So hatten die Blauen gemeinsam mit der ÖVP bereits im Frühjahr 2019 eine deutliche Reduzierung der Körperschaftsteuer für Unternehmen umgesetzt. Doch in ihrer Aussendung behauptet die FPÖ in der Überschrift eine Steuersenkung „für Arbeiter und Pensionisten“.
Die FPÖ wurde am 7. April 1956 gegründet. Das ist ihr erster Parteichef: Der SS-General Anton Reinthaller. Als Unterstaatssekretär in Nazi-Berlin war der spätere FPÖ-Vorsitzende der höchstrangige österreichische Nazi nach Hitler. Das ist die tatsächliche Geschichte der FPÖ. pic.twitter.com/DXCyp28DFq
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) April 7, 2024
Gerade die Vermögensteuern sind damit ein Paradebeispiel für die Politik der FPÖ: In der Opposition wird die Verteidigung der Superreichen gerne hinter sozialen Phrasen versteckt. Und wenn die FPÖ an der Regierung ist, wird Politik für die Unternehmen gemacht. Verwundern sollte das allerdings niemanden. Die FPÖ ist seit ihrer Gründung eine Partei der Wirtschaft und der Industrie. Und die neoliberale Ausrichtung der FPÖ zeigt sich in all ihren programmatischen Texten.
Seit einigen Jahren verwendet die FPÖ den Slogan „Soziale Heimatpartei“. Die Fakten sprechen allerdings eine ganz andere Sprache. Doch es gibt eine bemerkenswerte Ausnahme: Die FPÖ in Oberösterreich hat das Wort „sozial“ ganz offiziell gestrichen. Das ist wenigstens ehrlich: Denn tatsächlich ist und bleibt die FPÖ die Partei der Reichen und der Konzerne.
Ergänzt um Aussagen von Arnold Schiefer.
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