Die größten Energiekonzerne der Welt wollen sich im März 2024 zu einer Konferenz in Wien treffen. Ihre freche Frage: „Können wir aufhören, es eine Krise zu nennen?“ Aktivist:innen kündigen Proteste an.
Die Menschen in Österreich, Deutschland und vielen anderen Ländern stöhnen unter sauteuren Energiepreisen. Und die Klimakrise hat die Welt fest im Griff. Doch was schlecht ist für große Teile der Bevölkerung, ist gut für die Profite der Aktionär:innen.
Die mächtigsten Energie-Konzerne der Welt wie BP, Shell oder Chevron verkündeten im Jahr 2022 neue Milliardengewinne. Der US-Konzern ExxonMobil meldete für 2022 mit 56 Milliarden Dollar gar einen neuen Rekordgewinn. Zahlen für das abgelaufene Jahr sind noch nicht verfügbar. Die Gewinne sollen 2023 zwar rückläufig sein – doch wir sprechen immer noch von Milliarden von Dollar für die Aktionär:innen.
Und nun wollen sich im März 2024 einige der größten Energie-Konzerne der Welt zu einem internationalen Treffen in Wien versammeln. Auch alle eben genannten Konzerne sind „Partner“ der Organisation, die die Konferenz veranstaltet.
Ein dreckiges Geschäft
Gas ist ein buchstäblich schmutziges Geschäft. Bei der Verbrennung von Gas entstehen klimaschädliche Gase – vor allem Kohlendioxid, aber auch Methan. Ein enormes Problem für die Erderwärmung und damit für die Menschheit in der Klimakrise.
Umweltschützer:innen fordern daher den möglichst raschen Ausstieg aus Gas. Das allerdings wäre eine schlechte Nachricht für die Gewinne der Öl- und Gaskonzerne. Die suchen stattdessen nach Mitteln und Wegen zur Steigerung ihrer eigenen Profite – auch in Wien.
Die Ankündigung ist gut versteckt
Inzwischen steht auch der Termin für das Konzern-Treffen in Wien fest. Für 26. bis 28. März 2024 ist die Konferenz angekündigt, das genaue Datum ist auf der Konferenz-Homepage allerdings äußerst gut versteckt. Auch ein Ort für die Konferenz wird offiziell noch nicht genannt – genauso war es schon im letzten Jahr. Offensichtlich wollen die Energie-Konzerne lieber im Verborgenen bleiben.
143 Menschen hat die Wiener Polizei heute nach eigenen Angaben bei den Protesten gegen die #EuropeanGasConference der Energie-Konzerne festgenommen. 143 Menschen. Wir erinnern uns, wie zurückhaltend die Polizei bei den rechten Corona-Aufmärschen aufgetreten ist.#BlockGas #w2703 pic.twitter.com/1It4JVMPcR
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) March 27, 2023
Im vergangenen Jahr, wo die Konferenz ebenfalls in Wien stattfindet, wurde der Veranstaltungsort dann kurz vor dem Treffen bekannt: Das noble Hotel Marriott auf der Wiener Ringstraße.
Was passiert auf der Gas-Konferenz in Wien?
Bereits den Titel für die allererste Veranstaltung auf der Konferenz könnten viele Menschen etwas zynisch finden: „Können wir aufhören, es eine Krise zu nennen?“, lautet der Titel dieser Präsentation. Die offizielle Tagesordnung ist zwar auf der Konferenz-Homepage nicht verfügbar, doch mir liegt ein Exemplar vor.
Ein Schwerpunkt der Konferenz soll in diesem Jahr auf Flüssiggas liegen, diesem Thema ist der gesamte erste Tag gewidmet. International ist Flüssiggas bekannt als LNG, die Abkürzung steht für „Liquefied Natural Gas“.
Besonders klimaschädlich
Flüssiggas gilt als einer der letzten Rettungsanker der Gasindustrie. Aktuell entstehen etwa in Deutschland mehrere neue Schiffsterminals speziell für den Import. Doch Flüssiggas gilt als besonders umweltschädlich.
Hunderte Klima-Schützer:innen blockieren die Europäische Gaskonferenz – ein Treffen von internationalen Energiekonzernen – vor dem Hotel Marriot in Wien!#blockgas #w2703 #europeangasconference pic.twitter.com/3TfB2Gl2Vg
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) March 27, 2023
Flüssiggas besteht fast komplett aus Methan, das ungefähr 25-mal so klimaschädlich ist wie Kohlenstoffdioxid und stark zum Treibhauseffekt beiträgt. Dazu wird Flüssiggas vor allem in den USA durch die sogenannte Fracking-Methode gewonnen. Dabei wird durch Bohrungen eine Flüssigkeit mit hohem Druck ins Erdreich gepresst. Die Methode gilt als extrem umweltgefährdend.
Die österreichische OMV ist mittendrin
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Der zweite Tag beginnt mit einer Eröffnungsrede der teilstaatlichen österreichischen OMV, die auch als offizieller Partner der Konferenz auftritt. Sowohl die OMV wie ihre Tochtergesellschaft OMV Petrom (ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem rumänischen Staat) werden offiziell übrigens sogar als Sponsoren der Konzern-Konferenz in Wien genannt.
Anschließend soll es am zweiten Tag um „Energiesicherheit“ gehen. Ein großes Thema an diesem Tag ist offenbar die Sicherung der Profite für die Aktionär:innen der Energiekonzerne.
Es geht um die Profite
Eine Präsentation etwa trägt den Titel „Bauen für morgen durch Diversifizierung und neue Einnahmequellen“. Ähnlich geht es dann am letzten Tag der Konferenz weiter, wo es um „Wasserstoff und die Energiewende“ gehen soll.
Immer wieder geht es um Finanzfragen: Etwa „welche Finanzierungsinstrumente“ für den Aufbau neuer Infrastruktur vorhanden wären. Letztlich nicht überraschend immerhin werden wohl die fettesten der internationalen Energiekonzerne in Wien zusammentreffen.
Wird Wasserstoff uns retten?
Der Wasserstoff, der am dritten Tag der Konferenz im Zentrum steht, könnte tatsächlich Teil einer besseren Energie-Zukunft sein – aber es ist auch kein Allheilmittel. So bezweifelt etwa der deutsche Naturschutzbund in einer Studie, dass sogenannte grüner Wasserstoff tatsächlich nachhaltig ist: „Wasserstoff ist zur Erreichung der Klimaziele und tiefen Dekarbonisierung notwendig“, heißt es zwar in der Studie, über die das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet.
Gleichzeitig schreiben die Autor:innen der Studie aber auch, dass Wasserstoff nicht automatisch emissionsarm sei. Die Nachhaltigkeit würde stark von der Herkunft und der Produktionsroute abhängen. Kritisiert wird ebenfalls, dass für die Produktion von Wasserstoff enorme Mengen von Wasser notwendig sind. Das könne vor allem in wasserarmen Gebieten zu großen Problemen führen.
Was die Konzerne davon haben
Vermutlich könnte auch gar nicht genug „grüner“ Wasserstoff hergestellt werden, um dem bestehenden Energiebedarf zu decken. Und das würde bedeuten, dass dann erst recht wieder auf „blauen“ Wasserstoff zurückgegriffen wird – zu dessen Herstellung Gas benötigt wird.
Seit Stunden hält die Polizei in Wien nun Klima-Schützer:innen in einem Kessel fest. Die Aktivist:innen protestieren gegen die #EuropeanGasConference. Hier ist Schneeregen und es ist saukalt – doch die Stimmung ist kämpferisch. #blockgas #w2703 pic.twitter.com/8ShMReQKGX
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) March 27, 2023
Was die Gas-Branche natürlich freut. Und genau deshalb ist Wasserstoff wohl auch ein großes Thema auf der Konferenz.
Die fetten Katzen, der Krieg …
Veranstaltet wird das Treffen in Wien vom „Energy Council“ (EC), einer in London registrierten Firma. Aufschlussreich sind dann die Partner, die auf der Homepage des EC genannt werden. Ein Auszug aus der Liste: BP, ExxonMobile, Shell und Chevron – also genau jene Konzerne, die ich bereits eingangs mit ihren fetten Gewinnen genannt hatte.
Dazu kommen etwa der US-Energiezulieferer Halliburton, der britische Konzern Energean oder die norwegischen Unternehmen BlueNord und Equinor. Vor allem Halliburton sticht hier ins Auge, der Konzern ist politisch in den USA eine fixe Größe und hat etwa enorm von Irakkrieg profitiert.
Der rechte Republikaner Dick Cheney, ehemals Vorstandsvorsitzender des Konzerns, war zwischen 2001 und 2009 sogar Vizepräsident der USA. Er wechselte direkt vom Energiekonzern ins Weiße Haus. Und vor seinem Job bei Halliburton war er genau während der Invasion im Irak bereits US-Verteidigungsminister gewesen.
… und die Diktaturen
Ein weiterer Konferenzteilnehmer, die mehrheitlich staatliche Equinor, gilt als das größte Unternehmen in ganz Norwegen. In Skandinavien wird unter anderem kritisiert, dass der Konzern mit autoritären Regimen wie Angola, Aserbaidschan oder Libyen zusammenarbeiten würde.
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Apropos autoritär: Mit von der Partie sind auch zwei Öl-Konzerne aus dem diktatorisch beherrschten Vereinigten Arabischen Emiraten: Die staatseigene Adnoc sowie Crescent Petroleum.
Proteste!
Im vergangenen Jahr gab es erstmals größere Proteste gegen das Treffen der Gas-Lobby in Wien. Mehrere tausend Menschen versammelten sich in der Wiener Innenstadt zu einer Großdemonstration. Beteiligt daran waren unter anderem Aktivist:innen aus den Ländern des Südens, die mit der Parole „Don’t Gas Africa“ die Demonstration anführten.
Demonstriert und blockiert wurde auch vor der OMV-Raffinerie in Schwechat bei Wien sowie direkt vor dem Hotel Marriott auf der Ringstraße. Dort ging die Polizei mit Pfefferspray und Hunden gegen die Klimaschützer:innen vor und kesselte zahlreiche Aktivist:innen stundenlang bei Schneeregen ein. Insgesamt 143 Menschen wurden nach Angaben der Polizei festgenommen. Hier findet ihr die Bilder zur Großdemonstration. Hier findet ihr die Bilder zu den Blockaden.
Auch für 2024 kündigen Klimaschützer:innen bereits Proteste an. Sie wollen „die Energieversorgung und Entscheidungen darüber endlich in die Hände der Vielen holen“, wie es in ihrem Aufruf heißt. Das Leben müsse wieder „leistbar werden und die Grundversorgung gesichert“. Die Parole der Aktivist:innen für die Gas-Konferenz 2024: „Gaskonzerne verbrennen unsere Zukunft! Wir entfachen Alternativen!“
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