Das Bundesverwaltungsgericht hat heute gegen die Familie Kaya entschieden. Damit könnten die Eltern und ihre zwei Kinder jetzt jederzeit in die Türkei abgeschoben werden. Obwohl den Eltern dort Gefängnis droht.

Es ist ein enorm bedrückendes Gerichtsurteil, das die Familie Kaya heute entgegen nehmen musste. Das Bundesverwaltungsgericht in Wien hat mit Beschluss vom 5. März den vorläufigen Abschiebeschutz für Vater Tosun und seinen 20-jährigen Sohn Yilmaz aufgehoben. Damit könnten Tosun und Yilmaz sowie Mutter Meryem und der 13-jährige Yiğit jetzt jederzeit abgeschoben werden. Der Beschluss liegt mir vor.

Die Eltern, Tosun und Meryem, waren in der Türkei für die linke und pro-kurdische Partei HDP aktiv gewesen. Vor fünf Jahren sind sie nach Österreich geflüchtet, zuletzt haben sie in Tirol gelebt, wo die Kinder zur Schule gehen konnten. In einer ersten Stellungnahme zum Urteil zeigt sich die Familie „entsetzt angesichts des Schicksals, das uns jetzt droht“. Gerhard Mack vom Solidaritätskomitee für die Familie spricht mir gegenüber von einem „schmutzigen Handlangerdienst Österreichs für den Despoten und Kurdenschlächter Erdoğan“.

„Wir konnten gerade noch rechtzeitig flüchten. Kurz nach unserer Flucht verhaftete die türkische Polizei in unserer Region Elbistan mehrere HDP-AktivistInnen. Darüber haben damals auch türkische Medien berichtet“, hat mir Mutter Meryem kürzlich in einem Interview erzählt. Ein Zeitungsbericht, der das belegt, ist bis heute online zu finden.

Besonders bemerkenswert ist die drohende Abschiebung des 13-jährigen Yiğit. Denn nach der Abschiebung der zwölfjährigen Tina hatten die Grünen angekündigt, das Kindeswohl bei künftigen Abschiebungen genau prüfen zu wollen. Sogar eine eigene „Kindeswohl-Kommission“ wurde eingesetzt. Laut Solidaritätskomitee kennt Vizekanzler Werner Kogler den Fall, er vertritt derzeit Justizministerin Alma Zadić. Eine Anfrage an Vizekanzler Kogler zur Abschiebung der Familie ist gestellt und wird bei Eintreffen eingefügt.

Die Gefahr für die Familie ist bekannt

Die Verbindungen der Eltern zur HDP werden auch vom Gericht nicht bestritten. Dennoch stellt das Gericht wörtlich fest, dass der „Behauptung einer drohenden Verfolgung durch staatliche Organe in der Türkei“ ein „glaubwürdiger Kern“ fehlen würde. Eine bemerkenswerte Aussage, nachdem aktuell zahlreiche AktivistInnen und FunktionärInnen der Partei in türkischen Gefängnissen sitzen.

Darunter sind etwa die beiden ehemaligen Parteivorsitzenden sowie mehrere ehemalige Abgeordnete. In 65 Provinzen hatte die HDP bei den letzten Kommunalwahlen gewonnen, fast überall wurden ihre BürgermeisterInnen und GemeindevorständInnen mittlerweile abgesetzt und durch Zwangsverwalter der türkischen Regierung ersetzt. Nur noch sechs kleine Gemeinden werden von der HDP regiert. Ein großer Teil der abgesetzten PolitikerInnen sitzt ebenfalls im Gefängnis.

Zugespitzte Situation

In den letzten Wochen hat sich die Situation sogar noch verschärft. Die rechte Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdoğan sowie ihre Koalitionspartnerin, die faschistischen Grauen Wölfe (MHP), bereiten aktuell den Boden für das Verbot der gesamten HDP vor. Zuletzt hat auch der türkische Innenminister Süleyman Soylu die HDP und ihre Mitglieder als „offizielle Handlanger von Terroristen“ bezeichnet und ihr das Existenzrecht abgesprochen.

https://www.standpunkt.press/die-tuerkei-ein-land-im-krieg-364/

„Eine Partei, die die PKK nicht als terroristische Organisation definiert und sich nicht von ihr distanziert, kann keine politische Partei dieses Landes sein“, so Soylu. Kurz zuvor hatte der Innenminister nochmals 700 Provinz- und Bezirksvorsitzende der HDP verhaften lassen. Und in dieser Situation behauptet das Bundesverwaltungsgericht in Wien, es gäbe keinen „glaubwürdigen Kern“ für eine drohende Verfolgung von HDP-AktivistInnen.

„Ich habe Angst“, sagt Mutter Meryem

Gerhard Mack vom Solidaritätskomitee warnt vor dem Schicksal, das der Familie in der Türkei drohen könnte: „Tosun Kaya wurde von den Behörden nachweislich gesucht. Die Eltern könnten sofort vom Flughafen ins Gefängnis wandern.“ Das glaubt auch Meryem Kaya: „Ich habe Angst. Falls wir abgeschoben werden, werden mein Mann und ich ins Gefängnis gesteckt werden.“ Sorge hat Meryem auch um ihre Kinder: „Yilmaz würde als Kurde zur türkischen Armee eingezogen. Ich habe Angst, dass ihm was zustößt.“ Der 13-jährige Yiğit könnte dann allein zurückbleiben. Seine Eltern könnten im Gefängnis sitzen. Ob das wirklich der Humanität und dem Kindeswohl entspricht?

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