Zahlreiche Nazis wechseln nach dem Zweiten Weltkrieg direkt zur ÖVP. Dort übernehmen sie führende Funktionen – einer wird sogar Bundespräsident. Die Folgen zeigen sich bis heute.
Immer noch glauben viele Menschen in Österreich, dass die ÖVP erst unter Sebastian Kurz einen deutlichen Rechtsruck gemacht hätte. Manche wünschen sich gar die „christlich-soziale Vergangenheit“ der ÖVP zurück. Doch tatsächlich ist der heutige Rechtskurs der ÖVP eine logische Konsequenz. Denn gegründet wurde die ÖVP 1945 als Nachfolge-Partei des katholischen Faschismus der Zwischenkriegszeit. Und dann strömten sehr schnell sehr viele Nazis in die ÖVP.
Diese ausführliche Recherche wurde durch die Unterstützer:innen von standpunkt.press möglich.
„Gleichberechtigung“ für Nazis – das fordert die ÖVP schon bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Sie will den Nazis eine Brücke bauen und bezeichnet sie mitfühlend als „Österreicher zweiter Klasse“. Exakt das steht auf einem Plakat, das die ÖVP im Wahlkampf für die Nationalratswahl 1949 plakatiert. Und die Einladung der ÖVP wird von den Nazis angenommen.
Er gilt als einer der wichtigsten Finanzminister der Zweiten Republik: Reinhard Kamitz, zwischen 1952 und 1960 parteiloser Minister auf einem ÖVP-Ticket. In der Schule haben manche Leser:innen vielleicht einmal vom sogenannten „Raab-Kamitz-Kurs“ gehört: So wird die Wirtschaftspolitik Österreichs in den Jahren nach dem Weltkrieg genannt.
Vom Nazi-Geheimdienstler zum Finanzminister
Was dagegen kaum bekannt ist: Kamitz war vor seiner ÖVP-Karriere ein hochrangiger Nazi gewesen. Der NSDAP war er bereits 1932 oder 1933 beigetreten. Und bereits 1934 ist Kamitz Mitarbeiter des Nachrichtendienstes bei der Landesleitung der Wiener NSDAP. In der Nazizeit macht der in Böhmen geborene Kamitz dann weiter Karriere.
Ab 1939 arbeitet er in der Industrie- und Handelskammer in Wien. Dann wird er Dozent und sogar Professor an der Hochschule für Welthandel, der heutigen Wirtschaftsuni. Nach 1945 sieht das alles nicht so gut aus: Kamitz verliert erstmal seinen Job an der Uni. Doch dann kommt die ÖVP im Spiel.
Der Austrofaschist hilft dem Nazi-Faschisten
Schnell stellt die nun ÖVP-dominierte Handelskammer eine Unbedenklichkeitserklärung aus. Kamitz hätte sich „stets anständig und loyal benommen“. Und schließlich bekommt er auch noch einen neuen Job: Er wird Mitarbeiter in der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft. Dort setzt sich unter anderem der spätere ÖVP-Bundeskanzler Julius Raab für ihn ein.
Raab kommt historisch aus der anderen großen faschistischen Strömung der Zwischenkriegszeit: Er war in der Zwischenkriegszeit Führer der katholischen Heimwehr in Niederösterreich gewesen. Ziel dieser paramilitärischen Organisation: Ein faschistischer Staat nach dem Vorbild Italiens.
Mörderische Gemeinsamkeiten
Die Zusammenarbeit von Kamitz und Raab nach 1945 steht damit fast symbolisch für die Geschichte des rechten Lagers in Österreich. Bereits in der Zwischenkriegszeit hatte es in vielen Phasen eine enge Zusammenarbeit zwischen katholischen und deutschnationalen Faschist:innen gegeben. Die gemeinsamen Klammern: Anti-Marxismus und Antisemitismus. Es gab auch eine laufende Zusammenarbeit, etwa in antisemitischen Geheimgesellschaften wie der „Deutschen Gemeinschaft“ („Die Burg“) oder der „Bärenhöhle“ auf der Uni Wien.
Bei der Deutschen Gemeinschaft etwa waren sowohl Engelbert Dollfuß wie Arthur Seyß-Inquart aktiv. Der eine wurde ab 1933 zum austrofaschistischen Diktator. Der andere wurde nach dem Einmarsch der Wehrmacht zuerst österreichischer Kurzzeit-Kanzler und später Generalgouverneur in Polen sowie Reichskommissar für die Niederlande. 1946 wurde Seyß-Inquart als einer der Hauptkriegsverbrecher in Nürnberg hingerichtet.
Und die mörderischen Folgen dieser Zusammenarbeit zeigten sich bereits früh: Etwa im März 1925, wo ein Faschist den Wiener Journalisten Hugo Bettauer ermordet. Die Rechten hassen den Zeitungsherausgeber und Autor mit jüdischem Hintergrund. Weil er Sexualaufklärung betreibt. Und weil er den Roman „Die Stadt ohne Juden“ verfasst hatte – eine Vorwegnahme der NS-Deportationen nach 1938.
Der Mord ist für die ÖVP-Vorläuferin ein „Volksurteil“
Schließlich wird die Hetze zum Mord. Der Faschist Otto Rothstock schießt Bettauer in der Lange Gasse in Wien-Josefstadt nieder, der Journalist stirbt an seinen Verletzungen. Der Mordprozess gegen Rothstock wird zur Farce: Der Täter wird zu acht Monaten in einer psychiatrischen Klinik verurteilt. Nicht nur die Nazis loben den Mörder, sondern auch die konservative Presse. So schreibt etwa das christlichsoziale Zentralorgan „Reichspost“, der Mord sei ein „Volksurteil“ gewesen.
Jetzt Journalismus mit Meinung und Haltung unterstützen!
Die Sympathien der Christlichsozialen für den Mörder sollten nicht verwundern. Denn tatsächlich ist die Partei seit ihrer Gründung zutiefst antisemitisch. Täter Rothstock wird übrigens auch noch 1977 in einem Interview des ORF keinerlei Reue zeigen. Ganz im Gegenteil. Das Einzige, was er heute anders machen würde: Heute würde er sich „die Verantwortlichen für solche Entwicklung“ vorknöpfen, dafür wäre „eine Tonne Dynamit nötig“.
Gemeinsame Kandidatur mit den Nazis
Bei der Nationalratswahl 1927 kandidieren die Christlichsozialen dann sogar gemeinsam mit zwei Fraktionen der damals gespaltenen Nazis auf einer „Einheitsliste“. Doch dann trennen sich die Wege: Die katholischen Faschist:innen setzen auf Mussolini, die deutschnationale Fraktion geht mit Hitler.
Bekanntermaßen setzen sich die Nazis 1938 durch, danach werden auch viele katholische Faschist:innen zu ihren Opfern. Doch vor allem der gemeinsame Hass auf die Linke und der Antisemitismus werden nach 1945 schnell zu einer neuen Annäherung der beiden Lager führen.
Wer gründet die ÖVP?
Nach der Niederlage des NS-Regimes besteht das Führungspersonal der ÖVP im Wesentlichen aus alten austrofaschistischen Kadern. Da ist etwa der bereits genannte Heimwehr-Führer Julius Raab. Oder Leopold Figl, der nach den Wahlen 1945 Bundeskanzler wird. In der Zwischenkriegszeit war er der niederösterreichische Führer der faschistischen „Ostmärkischen Sturmscharen“ gewesen, einer katholisch-antisemitischen paramilitärischen Truppe. Noch 1947 sagt Figl als Bundeskanzler zu jüdischen Entschädigungsforderungen nach der Shoah: „Die Juden wollen halt rasch reiche Leute werden.“
Und dann ist da noch Leopold Kunschak, er unterzeichnet 1945 im Namen der ÖVP die österreichische Unabhängigkeitserklärung. Kunschak erklärt auch noch 1945 ganz offen, er sei „immer Antisemit“ gewesen. Doch in der ÖVP sind nach 1945 nicht nur die eigenen Faschist:innen und Antisemit:innen willkommen.
Denn nun geht die ÖVP noch einen entscheidenden Schritt weiter: Sie übernimmt große Teile des deutschnationalen Lagers der Zwischenkriegszeit. Und dieses Lager besteht zum großen Teil aus überzeugten Nazis.
Die deutschnationalen Wurzeln der ÖVP
Die ÖVP kann dabei einerseits auf ihre eigenen deutschnationalen Traditionen zurückgreifen. Immerhin hatten die Austrofaschist:innen ihre Diktatur ja auch als „christlichen, deutschen Staat“ verstanden. Doch nun werden auch noch weitere Gruppen integriert. Vor allem ist da der Landbund. In der Ersten Republik war diese antisemitische Partei noch enorm einflussreich gewesen, bevor sie weitgehend in der NSDAP aufging. Viele Landbündler (und spätere Nazis) wechseln nach 1945 direkt zur ÖVP, dazu später noch mehr. Und dann ist da noch die katholisch-faschistische Heimwehr.
Vor allem in der Steiermark war die Heimwehr schon früh und fast geschlossen ins Nazilager übergegangen. Und die deutschnationale Steiermark-Connection in der ÖVP ist bis heute auffällig.
Steiermark: „in der Hauptsache gute Nazi“
Bereits unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg hatte die ÖVP in der Steiermark sogenannte „Amnestieausschüsse“ eingerichtet. Die setzten sich für die Rehabilitierung von Nazis ein – und versuchten gleichzeitig, sie an die ÖVP zu binden. Später wurde von der steirischen ÖVP sogar eigens der „Ennstaler Kreis“ aufgebaut, eine informelle Diskussionsplattform zwischen der ÖVP und dem Nazi-Milieu. Und dieser Kreis existiert bis heute.
Als Gründer der „Ennstaler“ tritt zu Beginn der ehemalige HJ-Führer und spätere ÖVP-Landtagsabgeordnete Alfred Rainer auf. Diesen ÖVP-Kreis kennt übrigens damals auch der berüchtigte Wiener Universitätsprofessor, Nazi und Antisemit Taras Borodajkewycz – über ihn werde ich euch später noch erzählen.
Der Historiker Matthias Falter zitiert in der Zeitschrift Zeitgeschichte, wie Borodajkewycz einem Bekannten über den Kreis vorschwärmt: „Ich glaube, der Menschenkreis würde dir gefallen; viele alte Freunde und Bekannte – in der Hauptsache gute Nazi.“
Ex-ÖVP-Ministerin Karl ist die aktuelle Vorsitzende
Den Ennstaler Kreis gibt es bis heute, zweimal im Jahr gibt es sogar ein Symposium. Die Veranstaltung ist allerdings reichlich geheimnistuerisch: Eine Teilnahme ist laut Homepage nur mit persönlicher Einladung möglich. Als Gründungsziel wird jedenfalls der Dialog zwischen der ÖVP und „Vertretern des sogenannten nationalliberalen Lagers“ genannt. Das ist, freundlich formuliert, reichlich verharmlosend.
Bei der aktuellen Vorsitzenden des Ennstaler Kreises sind wir dann schon mitten in der politischen Gegenwart. Es ist Beatrix Karl, noch zwischen 2010 und 2013 ÖVP-Wissenschafts- und Justizministerin. Aktuell ist Karl Rektorin der Pädagogischen Hochschule in Graz – und damit verantwortlich für die Ausbildung künftiger Lehrer:innen in der Steiermark.
Deutschnational in der Steiermark: Bis zu ÖVP-Minister Bartenstein
Apropos Minister:innen! Ein steirischer ÖVP-Mann sorgt sogar für eine Besonderheit in der Zweiten Republik: Martin Bartenstein, der als langdienender Minister zwischen 1996 und 2008 für die ÖVP in der Regierung sitzt. ÖVP-Mitglieder von Student:innenverbindung kommen üblicherweise aus dem katholischen Cartellverband oder dessen Schülerorganisation Mittelschüler-Kartell-Verband (MKV). Die männliche Form ist kein Zufall: Der MKV nimmt bis heute keine Frauen auf.
Der Steirer Bartenstein ist eine auffällige Ausnahme. Er ist Mitglied der deutschnationalen Studentenverbindung ATV Graz. Auf deren Homepage wird er bis heute als „Alter Herr“angeführt. Und dann gibt es eine weitere steirische Besonderheit: In den 1970er Jahren war die FPÖ auf Bundesebene noch eine Kleinpartei. In der steirischen Landeshauptstadt Graz konnte sie dennoch den Bürgermeister stellen.
Bürgermeister der zweitgrößten Stadt in Österreich war zwischen 1973 und 1983 Alexander Götz – der kurzfristig auch FPÖ-Bundesobmann wurde. Der Hintergrund: Die ÖVP hatte Götz zum Bürgermeister gemacht – obwohl die FPÖ bei der Wahl 1973 mit knapp 17 Prozent weit abgeschlagen nur drittstärkste Partei geworden war. Und dann gibt es da noch eine Partei, die früher auch in der Steiermark enorm einflussreich war. Heute ist sie weitgehend vergessen – obwohl sie auch für die heutige Geschichte Österreichs sehr bedeutend ist.
Der rechte Landbund, die vergessene Partei
In der Ersten Republik ist der Landbund eine große Nummer. Die bäuerlich geprägte Partei sitzt bis 1934 gemeinsam mit den Christlichsozialen in fast jeder Bundesregierung. In Kärnten und im Burgenland stellt sie sogar die Landeshauptmänner. Weitere Hochburgen der vor allem evangelischen Partei: Die Steiermark, Oberösterreich und Teile von Niederösterreich.
Politisch ist der Landbund eindeutig positioniert: Deutschnational, früh faschistisch und rabiat antisemitisch. Doch das gleiche Programm vertreten auch die Nazis – und gleichzeitig schwenken auch die Christlichsozialen zunehmend auf einen faschistischen Kurs um.
Deutschnational -> Nazi -> ÖVP
Für den Landbund gibt es damit einfach keinen eigenständigen Platz mehr. Die Folge: Der vermutlich mit Abstand größte Teil des Landbundes geht in der NSDAP auf. Der andere wechselt zur „Vaterländischen Front“ der Austrofaschist:innen. Und nach 1945 geht es dann flink zur ÖVP.
Als die ÖVP nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs neu gegründet wird, heißt sie nach verschiedenen Quellen zu Beginn sogar noch ganz offiziell „ÖVP (Christlichsoziale und Landbund)“. So schreibt es etwa der extrem rechte Leopold Stocker Verlag. Anfragen an die ÖVP und ihr Vogelsang-Institut zur Gründungsgeschichte der ÖVP wurden nicht beantwortet.
Doch was den Landbund betrifft, ist der einschlägige Verlag aus Graz eine durchaus relevante Quelle: Leopold Stocker, der Gründer des Verlags und später ein Nazi, war immerhin der erste Obmann des Landbunds gewesen.
Der Landbund als Rutsche der Nazis in die ÖVP
Ursprünglich hätte der Landbund nach 1945 eigentlich neu gegründet werden sollen. In der ersten Regierung der Zweiten Republik soll sogar ein Sitz für die deutschnationale Partei freigehalten worden sein. Doch es kommt anders: Stattdessen schluckt die ÖVP den Landbund.
Der Landbund dürfte inzwischen „größtenteils Bestandteil des heutigen Bauernbundes der ÖVP sein“, heißt es bereits 1946 in einer Studie des „Österreichischen Forschungsinstituts für Wirtschaft und Politik“. Welche Folgen das hat?
Im ÖVP-nahen Vogelsang-Institut erscheint 2018 eine sehr interessante Studie. Es geht um ÖVP-Politiker mit Nazi-Vergangenheit. Warum viele Nazis nach dem Ende des Krieges ihren Weg zur ÖVP finden, wird dort so erläutert: „Eine Erklärung“ dafür wäre, dass sich der Landbund „1945 zum großen Teil in den Bauernbund“ eingegliedert hätte. Und über diese Schiene können nun viele Nazis in der Zweiten Republik Karriere machen.
Vom verhinderten NSDAP-Mitglied zum ÖVP-Minister
Da ist etwa der Steirer Franz Thoma, er wird 1952 Landwirtschaftsminister für die ÖVP. In der Ersten Republik war Thoma noch Nationalratsabgeordneter für den Landbund gewesen. Nach 1938 wäre er eigentlich auch gerne NSDAP-Mitglied geworden, laut Vogelsang-Institut bekam er bereits eine vorläufige Mitgliedskarte.
Doch schlussendlich wird sein Mitgliedsantrag abgelehnt. Dabei könnten auch alte Rivalitäten eine Rolle gespielt haben: Die NSDAP in der Steiermark war stark von früheren Heimwehr-Mitgliedern geprägt. Möglicherweise war die ehemalige Landbund-Konkurrenz einfach nicht willkommen.
Vom Nazi zum dritten Nationalratspräsidenten
Ein weiterer ehemaliger Landbündler und Nazi wird 1953 sogar der dritte Präsident des Österreichischen Nationalrats: Karl Hartleb, Vizekanzler der ersten Republik und nach 1938 NSDAP-Ortsgruppenleiter. Der kommt zwar nach 1945 beim FPÖ-Vorläufer „Verband der Unabhängigen“ (VdU) unter – doch zum dritten Nationalratspräsidenten wählen ihn ÖVP und VdU gemeinsam.
Auch aus der zweiten großen deutschnationalen Partei der Ersten Republik bedient sich die ÖVP: Aus der „Großdeutschen Volkspartei“ (GDVP), die in den 1930er Jahren in der NSDAP aufgegangen war.
Das Rote Kreuz und der SS-Mann
Da ist etwa der Niederösterreicher Oswald Haberzettl, den die ÖVP 1960 in den Bundesrat entsendet. In der Ersten Republik war Haberzettl noch ein „Großdeutscher“ – dann wechselt er zu den Nazis. Kein Problem für die ÖVP. Zusätzlich wird Haberzettl auch noch Präsident des Roten Kreuz in Wien und Niederösterreich sowie Vizepräsident des österreichischen Roten Kreuz.
Der steirische ÖVP-Nationalratsabgeordnete Wilhelm Mandl schafft sogar ein besonderes Kunststück. Von den katholisch-paramilitärischen OSS tritt er bereits 1934 zur damals illegalen NSDAP über, später wird er auch Mitglied der SS. Als Lehrer ist Mandl dazu Mitglied des NS-Lehrerbundes. Doch all das ist 1945 in der sogenannten „Stunde Null“ kein Problem.
Noch im Jahr 1945 wird Mandl Bezirksschulinspektor – der einstige SS-Mann ist damit verantwortlich für die Aufsicht an steirischen Schulen. Ab 1969 schickt die ÖVP Mandl ins Parlament.
Keine Einzelfälle
Das alles sind keine Einzelfälle: Das Vogelsang-Institut hat für seine Studie nach eigenen Angaben insgesamt 560 führende ÖVP-Mitglieder überprüft: Minister, Abgeordnete zum Nationalrat und Bundesrat sowie Mitglieder der Landesregierungen. Dazu die Landtagspräsidenten sowie die Klubobmänner der Landtage. Im Klartext: Die (absolut männlich geprägte) Führungsspitze der Partei.
Viele wichtige ÖVP-Politiker:innen werden damit allerdings nicht durchleuchtet: Es fehlen nicht nur alle Landtagsabgeordneten und die Bürgermeister:innen zumindest großer Städte. Sondern auch alle Leitungsmitglieder der ÖVP und ihrer Bünde auf Bundes- und auf Landesebene. Doch vor allem der Bauernbund wäre hier mit seiner Integration der ehemaligen Landbündler äußerst interessant gewesen.
„Überrascht“ über die vielen Nazis
Das Projektteam des Vogelsang-Institut schreibt, dass es „überrascht“ gewesen sei, „dass die Personenzahl bei den ‚Alten Kämpfern‘ und ‚Illegalen‘ in der ÖVP höher war als in der SPÖ“. Als „Alte Kämpfer“ und „Illegale“ galten in Österreich jene Nazis, die bereits vor dem Verbot der NSDAP im Juni 1933 beigetreten waren.
Gleichzeitig sei an dieser Stelle angemerkt: Viel besser sehen auch die Zahlen der SPÖ nicht aus. So gab es über den „Bund sozialdemokratischer AkademikerInnen“ (BSA) über Jahre einen bezeichnenden Witz: „Was unterscheidet den BSA von der SA? Der Buchstabe ‚B‘!“ Der BSA bekam zurecht den Spitznamen „Rote Waschmaschine“.
Insgesamt: Mindestens rund 10 Prozent Nazis
Und das Gesamtergebnis der ÖVP-Studie? Insgesamt 53 Personen werden als NSDAP-Angehörige oder verdächtige Zweifelsfälle geführt, das sind fast zehn Prozent aller untersuchten Personen. Im absoluten Führungskern der ÖVP. Ein beachtlicher Wert für angeblich verfeindete politische Lager. Die ÖVP-Studie ist dabei noch reichlich großzügig.
So werden etwa Personen nicht als NSDAP-Mitglieder gerechnet, die zwar einen Beitrittsantrag gestellt hatten, aber kein Parteibuch ausgehändigt bekamen. Das konnte beispielsweise der Fall gewesen sein, wenn jemand vor der Übergabe an die Front ging.
Dazu ist die Grundlage der Studie entscheidend: Herangezogen wird die Registrierung von Nazis nach dem Ende des Krieges. Doch die beruhte zum guten Teil auf eigenen Angaben. Obwohl es in der Studie sogar selbst heißt, dass „bei den Registrierungen auch bewusst gelogen oder unterlassen wurde“. Gut möglich also, dass die tatsächliche Zahl der Nazis in der Führung der ÖVP noch um einiges höher war.
Jemand, der seine Mitgliedschaft ohnehin nie verheimlicht hatte, ist Taras Borodajkewycz.
„Ich bin ja freiwillig beigetreten“
„Ich habe niemals meine Mitgliedschaft bei der NSDAP verleugnet. Ich bin ja freiwillig beigetreten zum Unterschied von manchen Zeitgenossen, die dann behaupten, sie sind gezwungen worden. Ich bin freiwillig beigetreten.“ Das großteils männliche Publikum lacht und applaudiert.
Es ist der Wiener Universitätsprofessor Taras Borodajkewycz, der da am 24. März 1965 vor sympathisierenden Student:innen spricht. Es ist nur ein weiterer brauner Rülpser des Professors an der Universität für Welthandel, der heutigen Wirtschaftsuni. Seine Vorlesungen sind bekannt für die antisemitischen Ausfälle des Professors.
Organisationen der Linken reicht es nun endgültig, sie rufen zu einer großen Demo gegen Borodajkewycz in Wien auf. Tausende folgen dem Aufruf. Ihnen gegenüber stehen Rechte, die teils mit der Parole „Hoch Auschwitz“ provoziert haben sollen.
Der Totschlag von Ernst Kirchweger
Es kommt zu „schwersten Schlägereien“ in „allen Straßen der Innenstadt“, wie der inzwischen verstorbene KZ-Überlebende Rudi Gelbard in einem eindrucksvollen Interview schildert. Die Linken hätten eine „starke Ordnertruppe“ aufgeboten und sich auf die erwartbare Konfrontation vorbereitet, so Gelbard.
Dennoch gibt es einen Toten: Der einschlägig bekannte Rechte Gunther Kümel schlägt Ernst Kirchweger vor dem Wiener Hotel Sacher nieder. Der Kommunist und ehemalige Straßenbahn-Betriebsrat Kirchweger stirbt an seinen Verletzungen. Kümel ist in Deutschland bis heute in der extremen Rechten aktiv.
Borodajkewycz kommt aus dem christlichsozialen Lager
Diese Geschichte hat sich bis heute in das Gedächtnis der Zweiten Republik eingebrannt. Doch was heute weit weniger bekannt ist: Wie eng Borodajkewycz mit der ÖVP vernetzt war. Ursprünglich kam er aus dem katholisch-nationalen Lager und war auch Mitglied im katholischen Cartellverband. Dort hatte er bedeutende Funktionen, so war er etwa Sekretär des Katholikentages.
Gleichzeitig war Borodajkewycz bereits 1933 oder spätestens 1934 illegales NSDAP-Mitglied sowie Mitarbeiter des NS-Nachrichtendienstes. Er schulte unter anderem Angehörige der SA und der SS. Nach dem Ende des Krieges wurde Borodajkewycz dann zwar offiziell aus dem CV ausgeschlossen, doch die alten Verbindungen hielten wohl weiterhin.
Borodajkewycz und die ÖVP
Besonders gute Verbindungen dürfte Borodajkewycz zum damaligen ÖVP-Unterrichtsminister Theodor Piffl-Perčević gehabt haben, der sich dessen Pensionierung lange Zeit widersetzte. Laut dem Historiker Manfred Mugrauer waren sowohl Minister Piffl-Perčević wie Bundeskanzler Raab sogar Duz-Freunde des „freiwilligen NSDAP-Mitglieds“ Borodajkewycz.
Absolut zutreffend schreibt die konservative Presse 2015 über Borodajkewycz: „Er glaubte sich seines Netzwerks in der ÖVP und im katholischen CV sicher zu sein.“ Doch die Verbindungen zwischen Borodajkewycz und der ÖVP gehen noch viel tiefer.
Die Geheimkonferenz in Oberweis
Nach dem Zweiten Weltkrieg stellen sich die Nazis in Österreich schnell neu auf. Sie gründen den Verband der Unabhängigen (VdU), aus dem später die FPÖ hervorgeht. Während die SPÖ diese Gründung sogar noch fördert, um das rechte Lager zu spalten, hat die ÖVP andere Pläne: Sie will lieber eine rechte Sammelpartei unter Einschluss der Nazis.
Und genau das soll dann im Mai 1949 auf einer Geheimkonferenz im oberösterreichischen Oberweis besprochen werden. Anwesend: Führende ÖVP-Politiker und einflussreiche Nazis. Der gern bemühte Begriff „ehemalige“ Nazis wäre hier unpassend – durch das Verbot der NSDAP hatten die handelnden Personen ja nicht automatisch ihre Ideologie verändert. Und diese Personen waren ja genau deshalb bei diesem Geheimtreffen, weil sie das Nazi-Lager repräsentieren sollten.
Im Boot mit Kriegsverbrechen und Putschisten
Für die ÖVP sitzt in Oberweis der spätere Bundeskanzler Raab am Tisch, dazu schickt die Partei mehrere Nationalratsabgeordnete. Die Nazis entsenden unter anderem Borodajkewycz zu den Verhandlungen. Möglicherweise war auch Wilhelm Höttl anwesend – ein enger Vertrauter des oberösterreichischen Nazi-Kriegsverbrechers Ernst Kaltenbrunner gewesen, der 1946 hingerichtet worden war.
Doch wie Historiker Matthias Falter schreibt, war bei der Geheimkonferenz in Oberweis „eine eindeutige parteipolitische Zuordnung der Verhandelnden nicht immer möglich“. So nahm etwa auch Theo Wührer am Treffen teil, der frühere Adjutant von Kriegsverbrecher Kaltenbrunner. Ihn hatte die ÖVP geschickt. Für die Nationalratswahl im Oktober 1949 wurde dann sogar eine öffentliche Nazi-Unterstützung für die ÖVP organisiert. Unterschrieben wurde der Wahlaufruf für die ÖVP von über hundert bekannten Nazis.
Nazis stimmen „mit aller Überzeugungskraft für die ÖVP“
Du kannst das folgende Banner mit einem Klick auf das X wegdrücken und weiterlesen! Oder Du kannst davor noch Journalismus mit Meinung und Haltung unterstützen!
Die Unterstützungserklärung der Nazis für die ÖVP, aus der Historiker Falter zitiert, ist bezeichnend: Dieser Wahlkampf würde darüber entscheiden, ob Österreich „weiterhin äußerster Vorposten gegen die rote Flut aus dem Osten“ bleiben würde. Daher würden „alle ehemaligen Nationalsozialisten mit aller Überzeugungskraft zu beeinflussen versuchen, der ÖVP bei dieser Wahl ihre Stimme zu geben“.
Einer der Unterzeichner: Der ehemalige steirische Heimwehr-Führer und Nazi Walter Pfrimer. Der hatte bereits 1931 in der Steiermark einen Putsch versucht, den nach ihm benannten „Pfrimer-Putsch“. 1938 wurde er dann Mitglied des großdeutschen Nazi-Scheinparlaments in Berlin. Das Ziel von Pfrimer und den anderen Nazi-Kadern bei der Wahl 1949: Die „Sammlung aller antibolschewistischen Kräfte“. Sogar der erste Führer der Nazis in Österreich ging später zur ÖVP.
Walter Riehl, ab 1919 Vorsitzender der „Deutschen Nationalsozialistischen Arbeiterpartei“ (DNSAP) in Österreich. Er zerstritt sich allerdings später mit Hitler und konnte deshalb im NS-Regime keine führende Rolle mehr spielen. Nach 1945 ging er dann zur ÖVP. Die sei, so zitiert ihn das ÖVP-Vogelsang-Institut, die einzige Partei, die nicht den „Racheengel“ gegenüber den Nazis spielen und eine „mehr auf Versöhnung ausgerichtete Politik“ betreiben würde (den VdU/FPÖ gab es damals noch nicht). Walter Riehl forderte auch alle „Ehemaligen“ auf, die ÖVP zu wählen, „um nicht dauernd als sogenannte ‚Faschisten‘ abseits zu stehen.“ Riehl bekräftigte diese Wahlempfehlung nochmals in einer programmatischen Rundfunkrede am 1. Februar 1953.
Gemeinsame Kandidatur von ÖVP und FPÖ
Wie viel solche Aufrufe bewirkt haben, ist heute naturgemäß nicht festzustellen. Doch sie stehen stellvertretend für die enge Zusammenarbeit von ÖVP und dem Nazi-Milieu nach 1945. Für die Bundespräsidentschaftswahl im Jahr 1957 stellen ÖVP und FPÖ dann sogar einen gemeinsamen Kandidaten auf: Den Arzt Wolfgang Denk.
Der hatte, so Historiker Falter, „sowohl im autoritären Ständestaat als auch im Nationalsozialismus Karriere gemacht“. Doch einschlägige Botschaften und Kandidaturen schaffte die ÖVP auch ganz ohne die FPÖ.
Ein Bundeskanzler, ein angeblich „echter Österreicher“ – und ein Antisemit
Im Wahlkampf 1970 etwa bewirbt die ÖVP den damaligen Bundeskanzler Josef Klaus als „echten Österreicher“. Eine offensichtlich antisemitische Anspielung auf den jüdischen Hintergrund des Sozialdemokraten Bruno Kreisky, der gegen Klaus antritt. Wer das für zu weit hergeholt hält, sollte sich die Vergangenheit von Klaus näher ansehen.
Die „Deutsche Studentenschaft“ war in der Ersten Republik der Zusammenschluss von katholischen und deutschnationalen Studentenverbindungen. Etwas weniger höflich ausgedrückt: Der Zusammenschluss der zwei großen faschistischen Strömungen in Österreich. Gemeinsam hatten sie eine erdrückende Mehrheit an den Unis. Anfang Juli 1932 verteilte diese „Deutsche Studentenschaft“ an der Uni Wien Flugblätter gegen Ernst Peter Pick. Der war als neuer Dekan der medizinischen Fakultät vorgesehen.
Jüdische Professoren unerwünscht
Pick wurde mit folgenden Worten zum Rückzug aufgefordert: Die Deutsche Studentenschaft stünde auf dem Standpunkt, „dass Professoren jüdischer Volkszugehörigkeit akademische Würdenstellen nicht bekleiden dürfen“.
Der neue Dekan solle schließlich bedenken, dass er sich „an einer deutschen Hochschule“ befinde und „dass die deutschen Studenten als ihre Führer nur deutsche Lehrer anerkennen!“. Unterzeichner des antisemitischen Aufrufs für die „deutsch-katholischen“ Studenten: Der spätere ÖVP-Bundeskanzler Josef Klaus.
Waldheim und der Holocaust
Für die Bundespräsidentschaftswahl 1986 stellt die ÖVP dann sogar einen waschechten SA-Mann als Kandidaten auf: Den Niederösterreicher Kurt Waldheim. Der ÖVP-Kandidat war im Zweiten Weltkrieg Offizier am Balkan und in Griechenland gewesen. Unter anderem war er im griechischen Thessaloniki stationiert gewesen. Die Stadt galt vor dem Zweiten Weltkrieg als „Jerusalem des Balkans“.
Die Nazis haben alleine in Thessaloniki 50.000 Menschen deportiert und ermordet. Und Oberleutnant Waldheim war dabei nicht nur irgendein kleines Rädchen. Er war sogar Mitglied des Stabs von Alexander Löhr, einem österreichischen Wehrmachtsgeneral und Kriegsverbrecher. Löhr wurde 1947 in Belgrad für seine Verbrechen gegen die Menschlichkeit hingerichtet.
Der SA-Mann Waldheim soll gerettet werden
In der Zeit des Austrofaschismus war Waldheim noch Mitgründer der katholischen Schülerverbindung Comagena Tulln gewesen. Offensichtlich kein Hindernis für eine Karriere im Nazi-Regime. Und diese Nazi-Vergangenheit Waldheims muss in der ÖVP auch gut bekannt gewesen sein.
ÖVP-Bundespräsident Waldheim war hochrangiger Wehrmachtsoffizier, SA-Mann und Adjudant von Kriegsverbrecher Löhr in Thessaloniki und Jugoslawien, während zehntausende Menschen deportiert und ermordet wurden. In dieser ORF 3-Doku wird er zum armen Sündenbock. Das ist widerlich. pic.twitter.com/ZhoQB0FdM3
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) May 3, 2024
Denn bereits 1946 schreibt der damalige Außenamts-Generalsekretär Heinrich Wildner laut Profil in sein Tagebuch: Waldheim sei „eben vom Gericht als Angehöriger der SA-Reiterstandarte bezeichnet“ worden. ÖVP-Außenminister Karl Gruber wolle ihn nun „retten“.
Die Reaktion der ÖVP: „Jetzt erst recht“
Als die Vergangenheit Waldheims im Wahlkampf 1986 dann Stück für Stück in der breiten Öffentlichkeit bekannt wird, rückt Gruber erneut als Verteidiger aus. Er präsentiert gar ein eigenes „Weißbuch“, in dem Waldheims Einsatz am Balkan und während der Deportationen in Thessaloniki weißgewaschen werden soll.
Nachdem die USA Waldheim auf eine Watchlist setzen, schickt der damalige ÖVP-Außenminister Alois Mock seinen Vorgänger Gruber gar auf Staatskosten als Sonderemissär in die Welt. Und während des Wahlkampfes? Da plakatiert die ÖVP die Parole „Jetzt erst recht“. Waldheim wird mit 53,9 % zum Bundespräsidenten gewählt.
Die faschistischen Freunde im Ausland
Die einschlägige Schlagseite der ÖVP zeigt sich nach 1945 auch in ihrer Sympathie für internationale faschistische Regime. Was heute nicht mehr so präsent ist: Faschistische Diktaturen gab es in Europa auch noch nach 1945: in Spanien, Portugal und Griechenland.
In Griechenland herrscht das blutige Obristenregime zwischen 1967 und 1974. In Portugal ist der Faschismus ab 1926 durchgehend bis zur Nelkenrevolution 1974 an der Macht. Und in Spanien herrschen die Faschist:innen nach den Bürger:innen Krieg von 1939 bis spätestens 1981 – zum faktischen Ende der Diktatur gibt es bis heute unterschiedliche Interpretationen. Die ÖVP hat keine Berührungsängste.
In Lissabon wird „Grândola Vila Morena“ gesungen, das Lied der Nelkenrevolution
Ganz im Gegenteil. Die katholisch-faschistischen Regime in Portugal und Spanien sind schließlich die historischen Geschwister der Christlichsozialen. Bezeichnend in diesem Zusammenhang sind etwa die Erinnerungen des österreichischen Diplomaten Wolfgang Schallenberg – sein Sohn Alexander ist derzeit ÖVP-Außenminister.
„Kaum ideologische Hemmungen“
Diplomat Schallenberg zufolge gab es unter den führenden Parteieliten der ÖVP „kaum ideologische Hemmungen“, den spanischen Diktator Francisco Franco zu unterstützen. Ausgegraben hat das Zitat der Forscher Fabio Wolkenstein in seiner Studie „Die dunkle Seite der Christdemokratie“. Ähnliches galt für Portugal. Und so wurde dann auch gehandelt.
So wollte etwa der österreichische ÖVP-Außenminister und spätere Europarats-Generalsekretär Lujo Tončić-Sorinj sicherstellen, dass Österreich in den UNO-Gremien „so portugalfreundlich wie möglich“ abstimme. Laut dem rechten Stocker-Verlag hatte Tončić-Sorinj selbst eine Vergangenheit in der Heimwehr.
Die Täter sind tot, die Ideologie ist geblieben
Heute werden sich in der ÖVP klarerweise weder Mitglieder der christlichsozialen Austrofaschist:innen noch der NSDAP finden. Es ist biologisch erledigt. Doch viele ideologische Traditionen sind geblieben.
So ist es etwa kein Zufall, dass der Mittelschüler-Kartell-Verband bis heute als Symbol die Fahne des Austrofaschismus verwendet. Es ist die konsequente Fortsetzung ideologischer Traditionen, die sich in der ÖVP bis heute widerspiegeln. Der heutige Innenminister Gerhard Karner etwa ärgert sich 2007 über die SPÖ. Wie er diesen Ärger äußert?
Niederösterreich hätte sich „nicht verdient, dass hier mit Beratern, mit Herren aus Amerika und Israel ein Schmutzkübel über das Land geworfen wird, dass das Klima hier bewusst vergiftet wird“. Die „Herren aus Israel“, die das Klima „vergiften“. Es sind einschlägige Codes. Karner war übrigens auch verantwortlich für das Dollfuß-Jubelmuseum im niederösterreichischen Texing. Und der austrofaschistische Diktator Engelbert Dollfuß war ein überzeugter Antisemit.
„Vor drei Jahren als rechtsradikal abgetan“
ÖVP-Shooting-Star und Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz behauptet 2018 gegenüber dem Boulevardblatt Österreich: „Vieles von dem, was ich heute sage, ist vor drei Jahren noch massiv kritisiert und als rechtsradikal abgetan worden.“ Es sorgt für heiße Diskussionen. Dabei hatte sich Kurz mit dem „Rechtsradikalismus“ nur zu den Wurzeln der ÖVP bekannt.
Im März 2023 schlägt dann ÖVP-Europaministerin Karoline Edtstadler sogar eine gemeinsame Kandidatur der Europäischen Volkspartei (EVP) und der extrem rechten „Fraktion der Konservativen und Reformer“ (EKR) für die EU-Wahl 2024 vor. Mitglieder der EKR sind unter anderem die postfaschistische Partei Fratelli d’Italia der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni, die polnische Ex-Regierungspartei PiS sowie die faschistische Vox aus Spanien.
Letztlich ist all das aber nicht überraschend. Diese Politik ist tief in der DNA der ÖVP verankert. In Österreich wird hin und wieder gefordert, die ÖVP solle doch zu ihren alten „christlichsozialen Wurzeln“ zurückkehren. Es ist eine gefährliche Drohung.
Ergänzt um Informationen über Walter Riehl.
Diese Recherche war viel Arbeit. Wieviel ist Dir guter Journalismus wert?
Standpunkt.press wird ausschließlich über Deine Spenden finanziert. Schon ab fünf Euro kannst Du einen wichtigen Beitrag leisten. Und wenn Du standpunkt.press künftig monatlich unterstützt, können in Zukunft noch viel mehr Recherchen erscheinen. Vielen Dank!
• Spendenkonto – monatlich/einmalig:
IBAN: AT64 1420 0200 1026 2551
BIC: BAWAATWW
Easy Bank, 1100 Wien
Kontoinhaber: Michael Bonvalot
(Bitte die Mailadresse als Verwendungszweck, damit ich Dich bei technischen Fragen erreichen kann!)
• Kreditkarte und Paypal – monatlich/einmalig:
• Steady – monatlich: Klick hier für Steady!
[Steady zieht hohe Gebühren ab, Bank/Paypal ist daher besser, wenn es Dir möglich ist!]
• Patreon – monatlich: Klick hier für Patreon!
[Patreon zieht hohe Gebühren ab, Bank/Paypal ist daher besser, wenn es Dir möglich ist!]
Vielen Dank für Deine Unterstützung!