In Graz sollen Kader der Identitären die weit rechte Liste Öxit unterstützen. IB-Chef Sellner hat eine Unterstützungserklärung für das BZÖ abgegeben. Auf die FPÖ ist die IB offenbar böse.

Bereits seit Wochen flirten die neofaschistische Gruppe „Identitäre Bewegung“ (IB) und die Reste der FPÖ-Abspaltung „Bündnis Zukunft Österreich“ (BZÖ) nun miteinander. Die Kärntner Landesgruppe des BZÖ wollte IB-Chef Martin Sellner jüngst gar als Spitzenkandidat für die kommende Nationalratswahl aufstellen.

https://www.standpunkt.press/aufrissplatz-frauenhaus-wie-identitaere-ueber-frauen-schutzeinrichtungen-denken-645/

Parteiintern kam das allerdings nicht durchgehend gut an, die allerletzten Reste der Wiener Landesgruppe lösten sich als Reaktion prompt auf. Sellner lehnte die Spitzenkandidatur zwar ab, macht nun aber publikumswirksam Werbung für das BZÖ, das in Kärnten als „Allianz der Patrioten“ antreten möchte.

Unterstützungserklärung für FPÖ-Abspaltung

Im Netz hat Sellner gar ein Video veröffentlicht, in dem er erklärt, wie die Unterstützungserklärungen korrekt ausgefüllt werden, damit das BZÖ zur Wahl antreten kann. Für massive Klicks für das Video sorgte das notorische Boulevard-Magazin OE24.

Sellners Ergüsse waren dem Magazin einen eigenen Artikel wert, das Video wurde mit einer Sequenz eingebettet, wo Sellner fast eineinhalb Minuten referieren konnte. Das Video zeigt insgesamt vor allem eine gewisse Entfremdung zwischen FPÖ und IB. Sellner erklärt etwa, die FPÖ hätte sich „nicht besonders toll verhalten in den letzten Wochen, Monaten“.

Böse auf die FPÖ

Daher würde Sellner es „begrüßen, dass das BZÖ mit der Liste Allianz der Patrioten“ zur Wahl antreten würde. Das BZÖ hätte sich in der „Christchurch-Affäre“ immerhin „voll solidarisch auf die Seite der IB“ gestellt. Er würde sich eine Partei wünschen, die „weniger heuchlerisch“ in Bezug auf die IB ist – offensichtlich ein Seitenhieb auf die FPÖ.

Keine gute Nachricht ist diese partielle Entfremdung für die Nachwuchs-Kameraden der IB. Über die FPÖ gab es bisher Möglichkeiten für Jobs und Karrieren – immerhin gibt es sogar im Parlamentsklub der FPÖ mehrere MitarbeiterInnen mit IB-Hintergrund.

Ob die aktuelle Politik der IB nur ein Fingerzeig an die FPÖ ist oder ob es tatsächlich eine strategische Neuorientierung gibt, das müssen die nächsten Monate zeigen. Immerhin hatte die IB noch vor Kurzem die Vorzugsstimmenwahl von Ibiza-Videostar Heinz-Christian Strache ins EU-Parlament befeuert.

Unterstützung für Öxit-Liste?

Gleichzeitig mit der Unterstützung für das BZÖ soll es auch Wahlkampfhilfe der IB für die weit rechte Liste Öxit geben. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss extrem rechter Kleinparteien mit Schwerpunkt auf dem EU-Austritt.

In Graz soll zumindest ein IB-Aktivist die Öxit-Leute beim Sammeln von Unterstützungserklärungen zum Antritt für die Nationalratswahl unterstützt haben. Das schreibt die Partei Der Wandel mir gegenüber in einer Stellungnahme.

AktivistInnen des Wandel sind in Graz auf die Öxit-Leute gestoßen. Ein Mann hätte sich als Aktivist der Identitären vorgestellt und gesagt, dass die IB bei Öxit „aushelfen“ würde.

Suche nach neuen FreundInnen

Offiziell hatte die IB sich bisher von Parteipolitik eher distanziert – was nichts daran änderte, dass Kader der Gruppe immer wieder Wahlkampf für die FPÖ gemacht haben. Doch nach dem partiellen Zerwürfnis mit der FPÖ-Spitze suchen die Identitären offenbar verzweifelt nach neuen Bündnispartnern.

Kein Wunder, die Gruppe ist in den Mühen der Ebene angekommen. Die IB dürfte in Österreich über verfestigte Kaderstämme in Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark verfügen – doch substantielle Zugewinne sind aktuell nicht zu vermerken. Gleichzeitig schwebt immer noch ein Finanzstrafverfahren als Damoklesschwert über Sellner und Co.

Immer öfter taucht etwa der Begriff „Mosaik-Rechte auf“, neue Bündnisse sollen geschlossen werden. Es ist zwar unklar, ob die verlorenen Söhne und Töchter der IB nicht ohnehin bald wieder ihren Weg in die Strukturen der FPÖ finden werden. Doch es passt ins Bild, dass die IB nun mit dem BZÖ – oder Öxit – zusammenarbeitet.

Taktische Distanzierung

Gleichzeitig zeigt es auch, wie taktisch die Distanzierung der IB von der klassischen deutschnationalen Rechten ist. Das Kärntner BZÖ mit seinem Generalsekretär Karlheinz Klement fiel immer wieder durch einschlägige Rülpser auf, das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands attestiert Klement gar eine „ins Neonazistische weisenden Geisteshaltung“.

Die treibende Kraft der Liste Öxit ist die Initiative Heimat und Umwelt. Bereits auf der Startseite der Homepage dieser Gruppe findet sich eine Kornblume – früher das Erkennungszeichen der illegalen NSDAP in Österreich.

Flop in Frankreich

Ein Wahlabenteuer mit IB-Nähe ging bei der EU-Wahl übrigens bereits in Frankreich gründlich schief. IB-Vordenker Renaud Camus, der den Slogan von einem angeblichen „Großen Austausch“ geprägt hatte, wollte mit einer eigenen Liste zur EU-Wahl antreten, La Ligne claire (Die klare Linie).

Das Ganze endete in einem Desaster, von der Listenzweiten tauchte ein Bild auf, wo sie vor einem Hakenkreuz betet. Camus zog sich von seiner eigenen Liste zurück, die Liste bekam in ganz Frankreich gerade einmal 1893 Stimmen.

Zeichen der Schwäche

Wahlinitiativen passen nicht ganz zur bisherigen Linie der IB, die mit „Metapolitik“ und Einflussnahme statt eigener Parteipolitik punkten wollte. Insgesamt können diese Wahl-Initiativen der IB in Bezug auf Österreich eher als Zeichen der Schwäche und der Suche nach Verbündeten gedeutet werden. Diese Schwäche zeigen auch die aktuellen Mobilisierungen.

IB-Zentrum in Halle. Bild: Michael Bonvalot

So wollte die Gruppe am 20. Juli mit einem Aufmarsch in Halle Stärke zeigen. Halle ist so etwas wie das informelle Zentrum der Organisation in Deutschland.

Reinfall in Halle

Die Gruppe verfügt in der Stadt in Sachsen-Anhalt unmittelbar neben dem Campus der Universität sogar über ein eigenes Haus. Der Aufmarsch, an dem sich auch ÖsterreicherInnen beteiligten, wurde allerdings ein ziemlicher Reinfall.

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Die IB konnte gerade einmal wenige hundert Personen mobilisieren, die dann stundenlang in der Gegend herum standen. Die potentiellen Aufmarsch-Routen waren von AntifaschistInnen blockiert.

Proteste in Wien angekündigt

Auch in Wien möchte die neofaschistische Gruppe bald ihr Glück versuchen. Am 7. September wollen die Kameraden, wie bereits in den letzten Jahren, auf den Wiener Kahlenberg ziehen, einen Ausflugsberg am Rande der Stadt.

Bereits das ist ein Zeichen der Schwäche, Aufmärsche im Stadtgebiet wurden Jahren regelmäßig von AntifaschistInnen gestört und blockiert. Die linken Bündnisse „Offensive gegen Rechts“ sowie „Plattform radikale Linke“ rufen bereits zu Protesten gegen den Aufmarsch der Neofaschisten am 7. September auf.

Meine gesammelten Artikel über die Identitären findest Du hier. 

 

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