Bei den Wahlen im Burgenland tritt eine selbsternannte „Liste Hausverstand“ an. Tatsächlich ist es eine Abspaltung der FPÖ – samt dubiosen Corona-Verschwörern. Und an der Spitze stehen einschlägige Kader.

Schon die Plakate der „Liste Hausverstand“ zeigen, woher der Wind weht. Ein durchgestrichenes Windrad und daneben das Wort „Wohlstand“. Und dazu ein durchgestrichener Mensch mit einer Schutzmaske und dem Wort „Freiheit“. Warum weniger erneuerbare Energie „Wohlstand“ bedeutet? Und wie es zu mehr „Freiheit“ führen soll, an einer tödlichen Krankheit zu sterben?

Das erklärt die „Liste Hausverstand“ (LH) auf ihren Plakaten leider nicht. Dabei sollte eigentlich bereits der Hausverstand sagen, dass das nicht wahnsinnig logisch ist.

Bild: Michael Bonvalot

Doch die Botschaft ist natürlich eindeutig: Einerseits zeigt LH damit, dass die Truppe auf den rechten Krieg gegen die Windkraft setzt. Hier habe ich alles dazu für Dich aufgeschrieben. Und andererseits sollen offensichtlich die Stimmen der Corona-Szene abgeholt werden. Und auch hier agieren einschlägige Figuren im Hintergrund, wie wir später noch sehen werden!

Wer gegen die FPÖ-Spitze kandidiert, wird ausgeschlossen

So schnell ist die rechte Einigkeit vorbei! Bis vor wenigen Jahren galt Géza Molnár noch als eine Nachwuchshoffnung der FPÖ, er war sogar bereits Landesparteisekretär im Burgenland. Doch nun kandidiert er als Spitzenkandidat der LH gegen die eigene Partei. Gemeinsam mit anderen ex-blauen Kadern. Vorangegangen war ein Fraktionskampf in der traditionell wild zerstrittenen FPÖ Burgenland.

Noch 2020 wollte Molnár eigentlich FPÖ-Landeschef werden, unterlag aber in einer Kampfabstimmung knapp. Kurz danach folgte der Ausschluss aus der Landespartei. Und er war nicht der einzige: Auch FPÖ-Landtagsabgeordneter Manfred Haidinger flog bei den Blauen raus – auch er hat jetzt bei LH angedockt und kandidiert auf Platz 2 der Landesliste. Auffällig: Auch Haidinger hatte vor seinem Ausschluss als Landesobmann der FPÖ Burgenland kandidiert. Sagen wir es so: Es deutet auf ein interessantes Demokratieverständnis in der FPÖ hin.

Noch mehr blaue Spalter!

Und die LH (offizielle Abkürzung: „HAUS“) zieht noch weitere blaue Funktionäre an: So trat etwa Burgenlands FPÖ-Arbeitnehmer:innen-Chef Alexander Reinprecht zu Molnárs Liste über – er macht nun den Wahlkampfleiter für die Liste. Der Arbeiterkammerrat zeigt sich etwa über die Energiepreise besorgt – doch gleichzeitig sagt Reinprecht in der Krone: „Wir sitzen da in einem Boot mit unseren Arbeitgebern.“ Für einen angeblichen Vertreter der Beschäftigten eine äußerst unterwürfige Botschaft.

Ebenfalls mit von der Partie: Hans Ackerbauer, Ortsparteiobmann und Gemeinderat in Wimpassing im Bezirk Eisenstadt-Umgebung. Doch Ackerbauer ist für die Blauen wichtiger, als diese Funktion ausdrückt. Denn er ist auch der ehemalige FPÖ-Chef in der Landeshauptstadt Eisenstadt.

Worum es ihm beim Übertritt tatsächlich geht, erklärt der Ex-Blaue in einer Aussendung: Ackerbauer war für die Landtagswahl im Bezirk Eisenstadt-Umgebung von der FPÖ nur auf Platz 2 gereiht worden. Nun probiert er sein Glück offenbar bei der rechten Abspaltung.

Jammern über die Windkraft

Das zentrale Thema der LH ist der Kampf gegen die klimagerechte Energiewende. So fordert Molnár im Interview mit dem ORF Burgenland: „Diese Energiewende muss gestoppt werden“. Dazu müsse der Ausbau von Wind- und Sonnenstrom „gestoppt“ werden, so Molnár ernsthaft in der Burgenland-Ausgabe der Krone. Wie die FPÖ die Windkraft zerstören will, habe ich hier für Dich aufgeschrieben.

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Nach dem Sieg der Kärntner Windkraft-Gegner:innen bei der Volksabstimmung im Jänner 2025 fordert Molnár auf der LH-Homepage auch eine entsprechende Abstimmung im Burgenland. Offensichtlich wollen die burgenländischen Rechten also das Rad der Geschichte zurückdrehen – im Sinne der Öl- und Gaskonzerne. Doch gleichzeitig behauptet die Liste auf ihrer Homepage ernsthaft, sie sei für eine „nachhaltige Wirtschafts- und Umweltpolitik“. Es ist wohl bestenfalls ein Treppenwitz der Geschichte.

Neofaschistische Identitäre findet Molnár „unbedenklich“

Und auch sonst ist Spitzenkandidat Molnár schon lange eindeutig unterwegs. So lud die FPÖ-Jugendorganisation „Ring freiheitlicher Jugend“ 2015 die neofaschistische Gruppe Identitäre zu einem Vortrag nach Eisenstadt. Sogar der damalige FPÖ-Chef im Burgenland, Johann Tschürtz, distanzierte sich via Kurier.

Der damalige FPÖ-Funktionär Molnár dagegen besuchte die Identitären. Und erklärte danach via Kurier, der Vortrag wäre doch ohnehin „unbedenklich“ gewesen. Dazu würde er ja auch die „Befürchtung der Identitären“ teilen, dass „Muslime die Mehrheit bilden“. Zur Einordnung: In ganz Österreich gibt es gerade einmal rund acht Prozent Muslime. Das zeigen die Daten der Statistik Austria.

Molnár ist Mitglied bei einer Rechtsaußen-Burschenschaft

Doch Übereinstimmungen zwischen Molnár und den Identitären sollten ohnehin nicht verwundern: Denn Molnár ist auch Mitglied einer deutschnationalen Studentenverbindung: Beim einschlägigen Corps Hansea in Wien, wie er selbst zugibt. Es ist eine schlagende und deutschnationale Verbindung. Und die Hansea wiederum fiel in den vergangenen Jahren immer wieder eindeutig auf. So berichtete ein ehemaliges Mitglied schon 2020 gegenüber FM4, dass in der Verbindung „mehrere Personen“ Funktionen übernommen hätten, „die auch äußerst aktiv bei den Identitären waren“. Fotos zeigen dazu eine deutsche Reichskriegsflagge im Verbindungslokal.

Letztlich nicht überraschend bei Figuren wie Hansea-Aktivist Alexander Schleyer, gleichzeitig ehemals parlamentarischer Mitarbeiter der FPÖ. Der steuerte 2017 das Boot, mit dem die Gruppe Identitäre Menschen im Mittelmeer an der Flucht in die EU hindern wollte. Die Aktion scheiterte übrigens auf peinlichst mögliche Weise.  Die Identitären hatten eine Crew aus Sri Lanka angeheuert und diese dann laut der Internationalen Transportarbeiter Gewerkschaft (ITF) in Spanien sitzen gelassen, ohne deren Bezahlung sicherzustellen. Die acht Matrosen aus Sri Lanka suchten schließlich um Asyl in der EU an. Die Identitären hatten also selbst neue Flüchtlinge in die EU geschleppt.

Molnárs „Hansea“ soll laut FM4 sogar das Kunststück geschafft haben, teilweise aus dem deutschnationalen Dachverband „Kösener Senioren-Convents-Verband“ ausgeschlossen zu werden. Alles, was Du über Burschenschaften wissen musst, habe ich hier für Dich aufgeschrieben! Von A bis Z!

Die Zerfleischung der FPÖ Burgenland

Im ORF Burgenland spricht Molnár von der LH als einem „Wahlbündnis aus mehreren Gruppen“. Doch tatsächlich ist „HAUS“ vor allem die Liste, wo sich die zahlreichen Ausschuss-Produkte der FPÖ Burgenland sammeln. Neben den jüngsten Spaltern rund um Molnár muss hier vor allem Manfred Kölly genannt werden, im Burgenland eine bekannte Größe. Er kandidiert auf Platz 3 der LH.

Kölly und sein Mitstreiter Wolfgang Rauter verließen die FPÖ bereits 2007 nach einem Streit. Ein durchaus schwerer Schlag für die Landespartei: Rauter war immerhin Parteichef der FPÖ Burgenland gewesen, Kölly der freiheitliche Klubchef im Eisenstädter Landtag. Die beiden gründen nach ihrem Bruch mit den Blauen die „Freie Bürgerliste“, später umbenannt in „Bündnis Liste Burgenland“ (LBL).

Lesetipp! Alle Abspaltungen der FPÖ:
Von den Neoliberalen bis zu den Neonazis

Und die FPÖ-Spalter schaffen es damals offenbar, zahlreiche Blaue mit ihrer Abspaltung mitzunehmen: Schon bei der Gemeinderatswahl 2007 tritt die neue Partei nach eigenen Angaben mit etwa 450 Kandidat:innen in rund 60 Gemeinden an. Danach schafft die LBL auch wiederholt den Einzug in den Landtag, 2015 in einem Wahlbündnis mit der Kurzzeit-Partei des obskuren rechten Milliardärs Frank Stronach (das „Team Stronach“ bestand selbst vor allem aus FPÖ-Splittern).

Vom Wahlbetrug zum Hausverstand

Nach der Wahl 2020 ist dann allerdings Schluss: Die LBL fliegt aus dem Landtag – und geht 2022 sogar in Konkurs. Für eine Partei durchaus ein Kunststück. Kölly selbst war kurz davor zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 17 Monaten verurteilt worden: Er hatte als Bürgermeister von Deutschkreutz bei der Wahl 2017 zahlreiche Stimmzettel gleich selbst angekreuzt – und sich dabei auch noch eine Vorzugsstimme gegeben. Da werden Wahlen zum Kinderspiel. Außer natürlich, die Gerichte kommen dazwischen.

Nach dem Urteil wollte er sich „politisch in den Ruhestand begeben“, wie Kölly selbst damals sagte. Doch auch das hat nicht so gut geklappt. Denn bei der Nationalratswahl im September 2024 kandidiert Kölly im Burgenland auf einmal als Spitzenkandidat einer neuen Liste namens „Die Gelben“. Und das ist eine wirklich absurde Truppe.

Denn Teil der Liste von Ex-FPÖ-Kader Kölly sind einerseits Proponent:innen der einschlägigen Corona-Szene. Das würde ja noch gut zusammenpassen. Doch mit im Boot ist auch die islamisch-religiöse Liste SÖZ (Soziales Österreich der Zukunft). Und das passt nun wirklich nicht so gut zu einem strammen Recken.

Die Verschwörungsszene ist mit an Bord

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Wo Rechte zu Wahlen antreten, darf die Verschwörungsszene nicht fehlen! Und das ist auch im Burgenland der Fall. Dort sind nun auch die Reste des burgenländischen Ablegers der Coronapartei MFG unter das Dach der „Liste Hausverstand“ geschlüpft. Drei ehemalige Vorstandsmitglieder der Verschwörungs-Partei kandidieren nun für die LH, Ex-MFG-Landessprecher Gerald Aufmuth auf Platz 5 der Liste. Wenig überraschend tönt auch Molnár einschlägig und jammert über einen „Chor der Impf- und Maskenfreunde“.

Und er kritisiert sogar die FPÖ Burgenland dafür, dass sie in der Pandemie „keinen Finger gerührt“ hätte. Dass die Impfung und die Masken weltweit zweifellos Millionen von Menschen das Leben gerettet haben, erwähnt Molnár nicht. Das wäre wohl zu viel Hausverstand.

Burgenländische Reste-Rampe: Heute hier, morgen dort

Komplettiert wird die rechte Reste-Rampe schließlich von Herbert Adelmann. Auch er hat schon eine lange einschlägige Geschichte. Begonnen hat Adelmann ebenfalls bei der FPÖ, ab 2019 war er Bezirksparteiobmann von Oberpullendorf. Doch schon 2020 wechselt er erstmals (?) die Partei: Nachdem Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sein „Team HC Strache“ gründet, wird Adelmann der neue Landessprecher der Strache-Fraktion. Da scheint allerdings auch nicht so gut funktioniert zu haben.

Denn bei den Gemeinderatswahl 2022 kandidiert Adelmann auf einmal mit einer „Liste Klartext“. Die schafft zwar den Wahlantritt in 15 burgenländischen Gemeinden – scheitert aber in jeder einzelnen Gemeinde am Einzug in den Gemeinderat. Und nun versucht es Adelmann offenbar bei der nächsten FPÖ-Abspaltung.

Pack schlägt sich, Pack verträgt sich

Bekanntlich heißt es ja: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Und das gilt offenbar auch für die Rechten im Burgenland: Vor der Landtagswahl gab es sogar Gespräche über eine Wiedervereinigung der LH mit der FPÖ. Das bestätigt Molnár im Interview mit dem ORF. Die Gepräche seien aber „ergebnislos verlaufen“.

Es ist dabei tatsächlich nicht ausgeschlossen, dass die LH den Sprung in den Landtag schafft. Einerseits war in der Vergangenheit bundesweit zwar kaum eine FPÖ-Abspaltung langfristig erfolgreich. Warum zum Schmiedl, wenn es einen Schmied gibt? Doch andererseits ist die Lage im Burgenland durchaus besonders, nachdem es dort mit der Liste Burgenland über Jahre eine erfolgreiche FPÖ-Abspaltung gab – die jetzt wohl in der LH aufgehen könnte. Dazu kommen die Reste der Corona-Szene und auch die „Liste Klartext“.

Rechte für Doskozil

Und wen würde die LH zum Landeshauptmann wählen, falls sie es in den Landtag schafft? Hier hat der rechte Molnár eine klare Meinung. Wenn die SPÖ stimmenstärkste Partei würde (wovon auszugehen ist), dann würde er SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil unterstützen. Das sei „demokratiepolitisch geboten“, so Molnár im ORF. Auch wenn FPÖ und ÖVP eine Mandatsmehrheit im Landtag hätten. Eine durchaus bemerkenswerte Unterstützung für den sozialdemokratischen Rechtsausleger Doskozil.

Apropos Rechtsausleger! Molnár behauptet im ORF auch: Er sei „gegen das Parteiensystem und gegen die Parteipolitik“. Einerseits ist das offensichtlich eine gefährliche Drohung: Wer soll denn die Wähler:innen vertreten, wenn nicht verschiedene Parteien? Das beantwortet HAUS nicht. Doch was sicher ist: Solche Parolen sind auch bei jenen beliebt, die tatsächlich viel lieber eine Diktatur hätten.

Gleichzeitig ist diese Parole aber auch wahnsinnig unlogisch: Warum tritt HAUS bei Wahlen an und will in den Landtag, wenn sie gleichzeitig gegen das Parteiensystem gegen die Parteipolitik sind? Es scheint, da müssen die rechten Recken wohl noch ein wenig nachschärfen. Ein wenig Hausverstand könnte helfen.

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