Der Meeresspiegel steigt in der Klimakrise immer schneller. Die Folge: Immer mehr Regionen werden überflutet. Diese Karte zeigt, welche Städte und Länder bald im Wasser versinken könnten.
Wer den Markusplatz in Venedig besuchen will, sollte sich besser beeilen. In der Wintersaison ist der weltberühmte Platz zwar oft für einige Tage überschwemmt. Es ist das berühmte Acqua alta, auf Deutsch: Das hohe Wasser. Die wenigen übrig gebliebenen Bewohner:innen der Lagunenstadt ziehen sich dann meist ihre Gummistiefel an – und für Tourist:innen ist es eine zusätzliche Attraktion.
Doch was heute noch ein kleines Ärgernis darstellt, könnte schon in wenigen Jahren zur Katastrophe werden. Denn bereits in rund 25 Jahren könnte der gesamte Großraum Venedig regelmäßig überflutet werden – samt den beliebten Strandstädten Jesolo und Caorle. Und das Problem betrifft nicht nur die unmittelbare Umgebung von Venedig: Tatsächlich wird wohl bald die gesamte italienische Adriaküste fast bis hinunter nach Rimini und San Marino laufend überflutet werden.
In den nächsten Jahren drohen großflächige Überschwemmungen
Auf regelmäßige Flutkatastrophen sollten sich auch viele Menschen einstellen, die im Norden Europas wohnen. Etwa in Deutschland, Großbritannien, Dänemark, Polen, den Niederlanden, Belgien oder in Frankreich. Denn besonders betroffen in Europa ist die gesamte Küstenlinie der Nordsee.
Und das alles ist noch gar nichts gegen die hunderten Millionen Menschen, die in anderen Regionen der Welt durch den steigenden Meeresspiegel gefährdet sind. So liegt etwa die thailändische Hauptstadt Bangkok nur wenige Meter über dem Meeresspiegel. Allein dort sind rund 15 Millionen Menschen gefährdet. Großflächige Überschwemmungen drohen auch in China und Bangladesch.
Die interaktive Karte zeigt die Gefahr
Welche Gefahr der Menschheit in den kommenden Jahrzehnten droht, zeigen Klima-Wissenschafter:innen der Forschungseinrichtung „Climate Central“. Sie haben eine interaktive Karte ins Netz gestellt, wo alle Nutzer:innen selbst prüfen können, wie sich der Planet in den nächsten Jahren verändern wird.
Die Daten bilden Forschungsergebnisse, die in führenden Fachzeitschriften publiziert wurden. Und auf dieser Grundlage zeigt die interaktive Karte, welche Regionen der Erde in den nächsten Jahrzehnten regelmäßig von Überflutungen betroffen sein werden. Das Ergebnis ist erschreckend.
Doch selbst diese Karte zeigt nicht das gesamte Flutproblem – denn hier wird „nur“ der steigende Meeresspiegel analysiert. Doch in der Klimakrise werden auch Flüsse durch Extrem-Wetterereignisse immer öfter über die Ufer treten. Dazu wird Starkregen die Kanalisation überfordern – auch in ansonsten gut vor Hochwasser geschützten Dörfern und Städten. Die Folge sind Überschwemmungen.
In einem durchschnittlichen August regnet es in Wien insgesamt 68 Liter pro Quadratmeter. Doch allein heute hat die Messstation Hohe Warte 110 Liter gemessen. Die S45, die Franz-Josefs-Bahn sowie die Linien 37 und 42 sind unterbrochen. Die Klimakrise ist jetzt. pic.twitter.com/zhf3qEyx3Y
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) August 17, 2024
Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik in Wien, geht davon aus, dass „exponierte Alpentäler mit fortschreitender Klimakrise teilweise aufgeben werden“ müssen. In den französischen Alpen etwa sei das Dorf Saint-Christophe-en-Oisans Anfang Juli 2024 bereits so schwer zerstört worden, dass es nur mehr teilweise wieder aufgebaut wird.
Und Klima-Experte Steurer hat ein grimmiges Bild für die Zukunft: „Das ist erst der Anfang bei harmlosen 1,5 Grad Erhitzung. Niemand kann sich derzeit vorstellen, wie das bei 3 Grad in der 2. Hälfte dieses Jahrhunderts sein wird. Wir werden dann wohl besser verstehen, wie Wassermassen ganze Talschaften geformt haben.“
Heftige Überflutungen im Tiroler St. Anton am Arlberg. Teile des Ortszentrums wurden überschwemmt, dazu ging auch noch eine große Mure ab. Unwetter mit Starkregen nehmen in der Klimakrise immer weiter zu. Die Klimakrise ist jetzt.
📽 Tirols Wetter und Infodienst pic.twitter.com/xkWOZ1UTy9
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) August 17, 2024
„Glück“ ist ein seltsames Wort, wenn es um die Überflutung großer Regionen der Erde geht. Dennoch gibt es auf der interaktiven Überschwemmungskarte von „Climate Central“ einen eigenen „Glücksfaktor“, der jeweils eingestellt werden kann. „Glück“ bedeutet laut “ Climate Central“, dass Umweltverschmutzung und globale Erwärmung „schwächere Auswirkungen auf die Meeresspiegel haben, als Wissenschaftler allgemein erwarten“. Pech wäre das Gegenteil. Dazwischen kann auch noch „medium“ Glück gewählt werden.
Pech gehabt
Die Karte gibt auch noch weitere Auswahlmöglichkeiten. Etwa, ob alles weiter geht wie bisher oder doch noch entschlossene Maßnahmen gesetzt werden. Oder: Ob der „führende Konsens“ der Fachwelt angenommen wird statt pessimistischer Prognosen. Und für die gäbe es leider gute Argumente.
Denn für den „führenden Konsens“ wird der sogenannte „IPCC-Bericht“ von 2021 verwendet, eine systematische Übersichtsarbeit über den bis dahin vorhandenen Wissensstand. Doch immer wieder zeigt sich: Die Klimakrise überholt frühere Prognosen meist sehr schnell. Doch sogar mit „medium“ Glück und dem „führenden Konsens“ wird es in den nächsten Jahren richtig bitter.
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Denn dann werden zahlreiche Regionen auf diesem Planeten bereits unter dem jährlichen Überflutungslevel liegen. Dieses Level beschreibt den durchschnittlich einmal im Jahr erwartbaren Überschwemmungspegel. Richtig übel sieht es etwa an der Nordsee aus.
An der Nordseeküste – haben die Fische bald viel mehr Wasser
Es gibt einen bekannten Schlager aus den 1980er Jahren über die Nordseeküste. Dort seien „die Fische im Wasser und selten an Land“, heißt es im Refrain. Die Fische könnten allerdings bald viel mehr Platz haben. Und schon damals wurde auch gesungen: „Nach Flut kommt die Ebbe, nach Ebbe die Flut. Die Deiche, sie halten mal schlecht und mal gut.“ In der Klimakrise wird „mal schlecht, mal gut“ allerdings zu wenig sein.
Und hier sprechen wir von Regionen, wo Millionen von Menschen leben. In Deutschland betrifft das etwa die Einwohner:innen von Hamburg, Bremen oder Bremerhaven. In Dänemark sind Teile der Hauptstadt Kopenhagen gefährdet, in den Niederlanden Amsterdam und Rotterdam. In Belgien könnte es Antwerpen und Brügge treffen, in Frankreich die berühmte Hafenstadt Calais, in Polen die beiden Metropolen Danzig und Stettin. Und dazu kommen auch noch große Teile von Südostengland.
Aber die Dämme?
Bereits jetzt liegen viele Regionen an der Nordsee nur knapp über dem Meeresspiegel. Einige sogar darunter, vor allem in den Niederlanden. Dort wäre eigentlich schon jetzt ein Viertel des Landes unter dem Meeresspiegel – zurückgehalten wird das Wasser nur von gigantischen Dämmen. Die niederländische Hauptstadt Amsterdam etwa ist durch den sogenannten Abschlussdeich abgesichert, ein 32 Kilometer langes Bauwerk quer durch eine frühere Meeresbucht.
Solche Dämme werden in den kommenden Jahren wohl noch viel häufiger gebaut werden müssen. In einigen Fällen könnte das wohl auch gelingen, beispielsweise in London oder Hamburg. Beide Städte würden 2050 eigentlich teilweise unter dem jährlichen Flutlevel liegen. Doch sowohl London wie Hamburg haben einen Vorteil: Sie liegen nicht direkt am offenen Meer. Das gleiche gilt für Amsterdam.
Für Bremen, Den Haag und Südengland sieht es übel aus
Mit Staudämmen auf der Themse bzw. der Elbe könnte die Gefahr für London und Hamburg also minimiert werden. Allerdings auch nur, solange genug Geld da ist und das Wasser nicht zu sehr steigt. Denn ein steigender Meeresspiegel bedeutet auch: Schon bevor Flüsse ins Meer fließen, steigt auch dort der Pegel an.
Sehr übel sieht es deshalb für einige Städte und Regionen aus, die entweder direkt am Meer liegen oder nur knapp über dem Meeresspiegel. Etwa die deutschen Städte Bremen und Bremerhaven, das niederländische Den Haag, das belgische Brügge oder die französische Hafenstadt Calais. Und natürlich all die kleineren Orte in diesen Regionen. Dazu kommen große Flächen im ländlichen Südostengland bis hinein in die berühmte Universitätsstadt Cambridge.
Große Probleme für Landwirtschaft, Ernährung und Trinkwasser
Um die Dimensionen zu verdeutlichen: Cambridge liegt heute noch rund 80 Kilometer von der Meeresküste entfernt. Aufgrund der großen Flächen, die jeweils betroffen sind, wird es hier mit Staudämmen wohl schwierig. Und hier geht es eben nicht um eine unangenehme Überschwemmung alle zehn oder zwanzig Jahre. Alle genannten Regionen werden laut Climate Central bereits 2050 unter dem jährlichen Flutlevel liegen. Und damit nur noch schwer bewohnbar.
Dazu kommen die Folgen für die Landwirtschaft: Fruchtbare Böden können von Salzwasser überflutet und teils abgetragen werden. Dazu schiebt sich das Salzwasser landeinwärts, nicht zuletzt über das Grundwasser. Die Folge: Die Böden versalzen. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Trinkwasser wird schwieriger.
Der Doomsday-Gletscher
In der Klimakrise steigt der Meeresspiegel Jahr für Jahr und immer schneller. Der Grund: Durch die globale Erwärmung schmelzen die Polkappen ab. Dabei gibt es sogenannte Kipppunkte. Da ist etwa der Thwaites-Gletscher in der Arktis – mit einer Fläche von 192.000 km² ist er mehr als doppelt so groß wie Österreich.
Der Gletscher schmilzt bereits jetzt mit dramatischer Geschwindigkeit ab und ist inzwischen schon für rund 4 % des weltweiten Anstiegs des Meeresspiegels verantwortlich. Doch Thwaites funktioniert auch als Korken, warnen Klimaexpert:innen. „Wir wissen, dass erwärmtes Ozeanwasser viele Gletscher der Westantarktis erodiert, aber über den Thwaites sind wir ganz besonders besorgt“, sagt etwa Keith Nicholls vom British Antarctic Survey gegenüber dem Spiegel.
Sollte Thwaites wegschmelzen, könnten große Teile des Eisschild in der Arktis folgen. Und das würde bedeuten, dass der Meeresspiegel weltweit um mehrere Meter ansteigt. Klimaexpert:innen nennen Thwaites deshalb auch den „Doomsday“-Gletscher.
Schon wenige Zentimeter führen in die Katastrophe
Der Begriff ist wohl keine Übertreibung. Denn beim Thwaites-Gletscher geht es um mehrere Meter. Und welch dramatische Folgen bereits ein Anstieg von wenigen Zentimetern hat, zeigt der einstmals beliebte französische Badeort Lacanau. Früher hieß das kleine Städtchen in der Nähe der Atlantik-Metropole Bordeaux noch „Lacanau Plage“, also „Lacanau Strand“. Doch der Strand wurde in den vergangenen Jahren großteils einfach weggespült. Inzwischen heißt der Ort „Lacanau Océan“. Und es wird ihn nicht mehr lange geben.
Alte Fotos zeigen, dass der Strand früher noch mehrere hundert Meter breit gewesen war, wie der Journalist Stefan Brändle berichtet. Heute sei davon kaum noch etwas zu sehen. Ein bis zwei Meter Sand würde das Meer jedes Jahr fressen. „Und bei Stürmen wie ‚Christine‘ im Jahr 2014 verliert die Küste bis zu zehn Meter“, erzählt Hervé Cazenave, der für die Küstenregion verantwortlich ist.
Dabei geht es hier nur um wenige Zentimeter: Laut der US-Weltraumbehörde Nasa ist der Meeresspiegel in der Region im Zeitraum von 20 Jahren um 9,3 Zentimeter gestiegen. Ab 2030 soll de Lacanau Océan komplett abgesiedelt werden.
Ganze Länder werden verschwinden
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Doch während die Einwohner:innen von Lacanau Océan in Frankreich zumindest landeinwärts ziehen können, werden andere Länder sogar komplett von der Landkarte verschwinden. Etwa die kleine Inselrepublik Kiribati im Pazifik. Kein Teil des Landes liegt mehr als zwei Meter über dem Ozean.
Schon in wenigen Jahrzehnten werden die Inseln laut Prognosen weitgehend unbewohnbar werden – einige kleine Inseln sind bereits im Meer verschwunden. Und schon lange davor drohen für die rund 120.000 Einwohner:innen lebensgefährliche Engpässe beim Trinkwasser und der Ernährungssicherheit.
Die Städte sinken ein
In vielen Großstädten des Planeten werden die drohenden Überflutungen noch durch ein weiteres Problem verschärft: Die Städte sinken ein, wie eine neue Studie zeigt, die im April 2024 im Journal Science veröffentlicht wurde. Hauptsächlich verantwortlich dafür ist die Entnahme von Grundwasser, dazu kommt das Gewicht der Gebäude.
Es gibt aber auch noch weitere Ursachen, etwa die Vibrationen durch Verkehr. In China könnte sich deshalb in den kommenden hundert Jahren die urbane Fläche verdreifachen, die unter dem Meeresniveau liegt. Betroffen wären bis zu 130 Millionen Menschen. In den USA sinkt New York besonders stark ab. Steigende Meeresspiegel und sinkende Städte. Das ist keine gute Kombination.
New Orleans „aufgeben“
Die Bilder gingen damals um die Welt. Bereits 2005 waren große Teile von New Orleans im US-Bundesstaat Louisiana komplett überflutet worden. Und dieses Szenario wird sich in Zukunft wohl immer häufiger wiederholen, wie auch die Klimakarte von Climate Central zeigt. Schon 2010 berichtete die Süddeutsche Zeitung von einer Fraktion in der weltberühmten Musikmetropole. Die würde fordern, die „am tiefsten liegenden und [2005] am stärksten zerstörten Viertel aufzugeben“. Seitdem haben zahlreiche weitere Hurricanes den Bundesstaat schwer getroffen.
Und nun stimmen die Menschen mit den Füßen ab: Der Großraum New Orleans war zwischen 2020 und 2023 bereits die US-Metropolregion mit dem größten Bevölkerungsverlust. Es ist die große Flucht vor dem Wasser. Denn in den nächsten Jahrzehnten werden große Teile von New Orleans wohl tatsächlich aufgegeben werden müssen. Weil sie nicht mehr bewohnbar sind.
Allein in China sind wohl um die hundert Millionen Menschen direkt betroffen
Richtig übel wird die Lage, wenn wir den Blick nach Asien richten. Im China etwa sind mehrere bedeutende Küstenregionen betroffen. Vor allem das berühmte Perlflussdelta, das als „Werkbank der Welt“ gilt. Allein in dieser Region im Süden von China leben und arbeiten um die 70 Millionen Menschen.
In Europa sind vor allem zwei frühere Kolonialstädte im Delta bekannt: Hongkong und Macao. Doch tatsächlich handelt es sich beim Perlflussdelta inzwischen um den wohl größten städtischen Ballungsraum des Planeten. Allein in Guangzhou, der größten Stadt der Region, leben inzwischen über 20 Millionen Menschen – das benachbarte Shenzhen ist nur wenig kleiner.
Betroffen sind auch noch viele weitere Regionen in China. So wird laut den Daten von Climate Central bereits im Jahr 2050 auch die Metropole Shanghai unter dem jährlichen Flutlevel liegen. Mit 25 Millionen Einwohnerinnen ist Shanghai eine der größten Städte der Welt.
Und es gibt bereits deutliche Anzeichen, wie ernst die Lage ist: Im April 2024 etwa mussten zehntausende Menschen ihre Wohnungen verlassen, nachdem Shanghai von schweren Unwettern heimgesucht worden war. Im Jahr davor hatte es ebenfalls heftige Überschwemmungen gegeben.
Jakarta wird versinken
Existentielle Probleme drohen auch in Jakarta. Mit rund 34 Millionen Einwohner:innen ist die Hauptstadt von Indonesien eine der bevölkerungsreichsten Großstädte der Welt. Doch bereits jetzt liegen rund 40 Prozent der Region unter dem Meeresspiegel, wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtet. Die brutale Folge: Bis 2050 wird laut WSJ rund ein Drittel der Stadt unter Wasser stehen. Indonesien hat jetzt mit einer radikalen Maßnahme reagiert: Die Hauptstadt soll verlagert werden: In eine Stadt namens Nusantra, die mit Milliardenausgaben extra neu gebaut werden soll – die Rede ist von rund 30 Milliarden Euro.
Das Projekt verzögert sich allerdings aufgrund der gigantischen Kosten immer mehr. Doch sogar, wenn der Neubau gelingen sollte: Dann ist zwar die Infrastruktur der Regierung verlagert. Doch Nusantra würde laut WSJ nur Platz für zwei Millionen Einwohner:innen bieten. Was geschieht mit den vielen weiteren Millionen von Menschen, die in Jakarta leben?
Teile von Bangkok werden kaum zu retten sein
Auch ein Großteil der thailändischen Hauptstadt Bangkok liegt nur wenige Meter über dem Meeresspiegel. Steigt dieser, steigt auch der Pegel des Flusses Chao Phraya, der sich durch Bangkok schlängelt und im Süden der Stadt ins Meer fließt. Dazu sinkt Bangkok auch noch jedes Jahr um etwa einen Zentimeter, wie der Spiegel berichtet. Bereits 2011 kamen bei heftigen Überschwemmungen in Thailand rund 800 Menschen ums Leben. Und schon damals war auch die Hauptstadt schwer betroffen. In der Stadt mit über 15 Millionen Einwohner:innen zeigen sich gleichzeitig die sozialen Folgen der Überschwemmungen.
Wer es sich leisten kann, zieht in höher gelegene Regionen oder in Hochhäuser. Wer dafür kein Geld hat, versinkt im Wasser. Verschärft wird das Problem durch Grundstücksspekulationen und Bodenversiegelung. Stellvertretend dafür steht die Geschichte von Somjai, die in der Nähe des Makkasan-Tempels im Zentrum von Bangkok lebt. In den 1980er Jahren gab es dort noch Felder, wie sie erzählt.
Die Bodenversiegelung macht alles noch schlimmer
Doch inzwischen sind aus den bewirtschafteten Äckern von früher Hochhäuser mit Fitnessstudios geworden. Somjai erzählt der Journalistin Maria Stöhr: „Das Regenwasser ist früher einfach durch die Gassen unseres Viertels gerauscht und in den nahen Kanal geflossen.“ Heute könne das Wasser nicht mehr abfließen: Direkt vor den Kanal sind Hochhäuser gebaut worden. Sie versperren dem Wasser den Weg. „Wenn es heute regnet, staut sich das Wasser in meiner Hütte wie in einem Pool.“
Und schließlich ist da noch das ausgedehnte Delta des Ganges in Indien und Bangladesch. Auf der indischen Seite ist die Metropole Kolkata (früher: Kalkutta) betroffen, rund 15 Millionen Menschen leben dort. Dramatisch ist die Lage auch in Bangladesch. Ein Teil des Landes liegt schon jetzt nicht einmal einen Meter über dem Meeresspiegel, der Großteil nicht mehr als fünf Meter. Doch bereits in den letzten Jahrzehnten ist der Meeresspiegel um 35 cm gestiegen. Tendenz: Steigend. Und zwar buchstäblich.
Die Menschen werden flüchten müssen
Forscher:innen sagen laut Deutschlandfunk voraus, dass daraus bis Ende des Jahrhunderts mindestens ein Meter wird. Damit würden rund 20 Prozent der Fläche von Bangladesch dauerhaft überschwemmt. Auch die interaktive Karte von Climate Central zeigt die heftigen Überflutungen, die künftig die Region heimsuchen könnten. Betroffen sind auch Dhaka, die Hauptstadt von Bangladesch, sowie die zweitgrößte Stadt Chattogram.
Im Jahr 2050 werden in Bangladesch rund 220 Millionen Menschen leben. Zwischen zehn und 30 Millionen von ihnen werden laut National Geographic dann bereits vor dem Wasser flüchten müssen. Sie werden zu Klimaflüchtlingen werden. Immer wieder zeigt sich dabei die falsche Vorstellung, dass es ja noch Jahrzehnte dauern würde, bis die beschriebenen Folgen sichtbar werden. Doch tatsächlich ist das natürlich ein andauernder Prozess. Das Wasser steigt jedes Jahr.
Seuchen und Kriege drohen
Und auch hier geht es nicht nur um die direkten Überschwemmungen: Mit dem höheren Meeresspiegel wird das Salzwasser immer tiefer in das Mündungsdelta des Ganges eindringen. Damit fehlt Süßwasser – sowohl als Trinkwasser wie für die Nahrungsmittelproduktion in der Landwirtschaft.
Eine Studie der US-amerikanischen Militärakademie National Defense University kommt für die Region zu einer grimmigen Prognose: Es drohen Seuchen, soziale und religiöse Konflikte, Kriege sowie Kämpfe um Lebensmittel und sauberes Wasser. Um dieses Problem stellt sich keineswegs nur in Südostasien.
Es ist noch nicht zu spät
Aktuell steht die Menschheit in der Klimakrise an einem Wendepunkt. Die drohenden Wassermassen sind dabei nur eine gefährliche Folge der Klimakrise. Die Erhitzung der Landflächen bedroht uns genauso wie die Erwärmung der Ozeane, die sich dramatisch beschleunigt. Dazu gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass der Golfstrom versiegen könnte – mit weitreichenden Folgen für die Nahrungsmittelproduktion.
So würden dann laut einer Studie der OECD rund die Hälfte der Anbauflächen für Mais und Weizen verschwinden. Auch sonst gäbe es nur Nachteile: Im Winter würde es zwar deutlich kälter, doch im Sommer bliebe es fast genauso heiß. Viele Folgen der Klimakrise sind bereits unumkehrbar. Doch mit entschlossenen Maßnahmen könnte das Schlimmste immer noch verhindert werden. Im Klartext würde das bedeuten: Nachhaltigkeit statt der kurzfristigen Profitlogik des Kapitalismus.
Die Karte von Climate Central ist damit vor allem eine Warnung. Sie macht die Gefahr deutlich und sichtbar. Alle Menschen sollten sie sehen.
Ergänzt um Informationen über die Überschwemmungsgefahr durch Flüsse sowie die Lage in Indonesien.
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