Das Wahlrecht für deutschsprachige SüdtirolerInnen könnte mehrere zusätzliche Mandate für ÖVP und FPÖ bedeuten.
Bereits am 7. September sollen die inhaltlichen Vorgaben für eine doppelte Staatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen stehen. Das berichtet die Tiroler Tageszeitung. Es hätten bereits zwei Strategiesitzungen zur Doppelstaatsbürgerschaft stattgefunden, dabei sei auch der Kreis der möglichen AntragstellerInnen definiert worden. Bis zum 7. September soll an einem finalen Gesetzesentwurf gefeilt werden.
Laut den Wünschen von ÖVP und FPÖ sollen künftig alle in Südtirol wohnhaften italienischen StaatsbürgerInnen mit deutscher oder ladinischer Muttersprache einen österreichischen Pass beantragen können – so wären sie in Österreich auch wahlberechtigt. Damit handelt es sich also um weit mehr als ein Signal insbesondere der FPÖ an ihre deutschnationalen Kernschichten. Vielmehr könnte es hier um knallharte Machtinteressen und um eine Verschiebung der Parteienlandschaft in Österreich gehen.
Laut Südtiroler Landesregierung leben gegenwärtig in Südtirol rund 520.000 Menschen, davon sind 64 Prozent deutschsprachig, 4 Prozent sprechen ladinisch und 24 Prozent italienisch. Rund 350.000 Menschen könnten also die österreichische Staatsbürgerschaft beantragen. Unter den deutschsprachigen SüdtirolerInnen haben gegenwärtig rechte Parteien eine klare Vormachtstellung. In Südtirol hat sich in der deutschsprachigen Bevölkerungsgruppe nicht einmal eine klassische sozialdemokratische Partei entwickelt.
Rechte Dominanz
Bei der letzten Landtagswahl im Oktober 2013 hat die Südtiroler Volkspartei (SVP), die Schwesterpartei der ÖVP, 45,7 Prozent erhalten, das sind 131.000 Stimmen. Auf „Die Freiheitlichen“, die Südtiroler Schwesterpartei der FPÖ, entfielen 17,9 Prozent oder 51.510 Stimmen. Die ebenfalls rechtsgerichtete Süd-Tiroler Freiheit kam auf 7,2 Prozent oder 20.743 Stimmen.
Gemeinsam haben die Schwesterparteien von Schwarz und Blau sowie die Süd-Tiroler Freiheit also rund 70 Prozent erhalten, das sind über 200.000 Stimmen. Nun ist das Parteiensystem in Südtirol nicht 1:1 mit Österreich vergleichbar, eben weil eine sozialdemokratische Partei fehlt. Die SVP paktiert auf Bundesebene in Italien auch oft mit den Parteien der Linken, weil diese die Minderheitenrechte verteidigen.
Dennoch darf wohl davon ausgegangen werden, dass ein großer Teil jener, die in Südtirol SVP, Freiheitlich oder Freiheit wählen, in Österreich für entsprechende Parteien votieren würde. Verschärft wird das dadurch, dass vermutlich in der Tendenz eher österreichisch-patriotische WählerInnen die österreichische Staatsbürgerschaft einlösen würden.
Mandate bereits für unter 30.000 Stimmen
Für ÖVP und FPÖ ist das sehr interessant. Denn so könnte die Doppelstaatsbürgerschaft für Menschen aus Südtirol mehrere zusätzliche Mandate im Parlament bedeuten. Wie viele Stimmen es für ein Mandat benötigt, ist in Österreich je nach Wahlkreis unterschiedlich. Doch in Salzburg beispielsweise gab es in der Vergangenheit Mandate bereits für unter 30.000 Stimmen. Bei den über 200.000 Stimmen für SVP, F und SF wären das also umgelegt potentiell etliche Mandate für ÖVP und FPÖ.
Vorgemacht hat das Ungarns rechte Regierungspartei FIDESZ, die dortige Schwesterpartei der ÖVP. Ministerpräsident Viktor Orbán und die FIDESZ haben ab 2011 das Wahlrecht für ungarische Minderheiten in den Nachbarländern durchgesetzt. Laut MDR wählten bei den Parlamentswahlen 2014 mehr als 95 % dieser neuen WählerInnen dann die Regierungspartei.
Aktuell gibt es allerdings bereits Proteste der italienischen Rechts-Regierung. Eigentlich steht die dortige Lega-Fünf-Sterne-Koalition der österreichischen Regierung inhaltlich sehr nahe. Doch es ist das alte Problem der NationalistInnen: sobald es um den jeweils eigenen Nationalismus geht, werden aus Verbündeten schnell Gegner. Im Vordergrund geht es bei der Doppelstaatsbürgerschaft für Menschen aus Südtirol also um klassische deutschnationale Spielchen der FPÖ. Im Hintergrund könnten knallharte Machtinteressen stehen.
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