Der US-Finanzvorstand von Epoch Times wurde wegen mutmaßlicher Beteiligung an einem Geldwäschesystem von 67 Millionen Dollar festgenommen. Die rechte Verschwörungs-Plattform hat einen enorm aktiven deutschsprachigen Ableger.

Der Finanzvorstand des US-Ablegers der extrem rechten Plattform „Epoch Times“ wurde in New York verhaftet. Gegen Weidong („Bill“) Guan wurde vor dem Bezirksgericht im südlichen Manhattan Anklage wegen Verschwörung zur Geldwäsche und wegen zweifachen Bankbetrugs erhoben. Es geht um insgesamt 67 Millionen Dollar. Das hat die Staatsanwaltschaft am 3. Juni in einer Presseaussendung bekannt gegeben.

Trump ist ihr Held

Der US-Ableger der Zeitschrift „Epoch Times“ gilt inzwischen als eine der wichtigsten rechten Plattformen des Landes. Und auch im deutschsprachigen Raum ist die einschlägige Plattform bereits seit einiger Zeit höchst aktiv. Präsentiert werden neben scheinbar unverdächtigen Artikeln auch regelmäßig verschwörungsideologische Inhalte, etwa zur Klimakrise oder zur Corona-Pandemie.

Der Trump Tower in New York. Bild: Michael Bonvalot

Auf Epoch Times erscheinen etwa Berichte mit schwachsinnigen Behauptungen wie „Meteorologen und Wissenschaftler erklären, warum es keinen ‚Klimanotstand‘ gibt“. Besonders gern ins Rampenlicht rückt Epoch Times den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Kaum ein Tag vergeht auf der Plattform ohne einen positiven Bericht oder ein Video über den rechten Republikaner.

Im Hintergrund lenkt der Falun Gong-Kult

Dazu steht auch China immer wieder im Zentrum der Berichterstattung. Nicht weiter verwunderlich, schließlich gilt Epoch Times als eng verknüpft mit der „Falun Gong“-Sekte. Epoch Times bestritt diese Verbindung lange Zeit. Doch ganz wurde auf Hinweise auch nicht verzichtet: So heißt es auf der deutschsprachigen Seite von Epoch Times, dass „einige der Gründer“ gleichzeitig „Praktizierende“ der „Meditationspraktik Falun Gong“ seien.

Ein Sprecher von Falun Gong Österreich behauptet mir gegenüber in einem Statement, dass „auf keinen Fall“ davon gesprochen werden könne, dass die Epoch Times eine „Falun Gong Zeitung“ wäre. Ansonsten verwendet er das gleiche Wording wie die Epoch Times: „Einige FG Praktizierende“ hätte sich „zusammengetan, um die Epoch Times zu gründen“. Die Gruppe sei auch keine Sekte, das sei ein „Kampfbegriff“. Auf der US-Seite von Epoch Times heißt es allerdings nach den jüngsten Anschuldigungen ganz offen, Falun Gong sei der „Glaube der Gründungsmitglieder“ und das rechte Medium wäre bei der Gründung „von Spenden von Falun Gong Praktizierenden“ gefördert worden.

Pro-Trump-Aufmarsch in Wien

In Österreich ist die Gruppe auch bereits durch mindestens einen einschlägigen Aufmarsch aufgefallen: Exakt am 6. Jänner 2021 – also an dem Tag, wo Trump-Anhänger:innen in Washington blutig das Kapitol stürmten – ging Falun Gong auch in Wien für Trump auf die Straße. Angeführt wurde der Marsch von einem Kastenwagen mit Epoch-Times-Werbung sowie von mehreren Personen mit Falun Gong-Jacken. Das konnte ich damals vor Ort beobachten und dokumentieren.

Auffallend war, dass der Bus in Wien ein Kennzeichen aus dem Vorarlberger Bezirk Bludenz hatte, also vom anderen Ende Österreichs. Eine „Royal Virtue Association“, die ebenfalls am Bus beworben wurde, hat ihren Sitz in Liechtenstein, nur wenige Kilometer entfernt von Bludenz.

Antisemitismus, QAnon und Wladimir Putin

Insgesamt war der Aufmarsch mit einigen Dutzend Personen – unter ihnen einschlägig bekannte extreme Rechte – vom Heldenplatz über den Graben bestenfalls lächerlich. Weit weniger lächerlich waren die Inhalte: So wurden auch Symbole der Verschwörungserzählung QAnon und deren Code „WWG1WGA“ mitgeführt. Der Code steht für „Where we go one we go all“ (Sinngemäß: Einer für alle, alle für einen). QAnon behauptet, dass angebliche liberale Eliten heimlich Kinder foltern würden, um aus ihnen das Stoffwechselprodukt Adrenochrom zu gewinnen.

Aufmarsch von Epoch Times und Falun Gong am Graben in Wien am 06. Jänner 2021. Bild: Michael Bonvalot

Das solle dann den Alterungsprozess aufhalten. Es ist nichts anderes als die Wiederholung der alten antisemitischen Verschwörungserzählung von den angeblichen Kindermorden durch Jüdinnen und Juden. Dazu wurde beim Aufmarsch in Wien auch eine Fahne mit dem QAnon-Code samt den Gesichtern von Trump und Wladimir Putin präsentiert.

Diese Fahne war wohl nicht zufällig in den Farben Scharz-Weiß-Rot gehalten, also den Farben des Deutschen Kaiserreichs. Diese Farben wurden später von den Nazis verwendet – und werden heute regelmäßig von einschlägigen Rechten präsentiert, etwa mit der „Reichsflagge“ oder der „Reichskriegsflagge“.

In einem nachträglichen Statement schreibt ein Repräsentant von Falun Gong/Falun Dafa Österreich, dass die Gruppe „unpolitisch“ sei und es nicht Falun Gong zuzuschreiben sei, wenn „einzelne Personen mit Falun Gong Jacken an irgendwelchen Märschen teilnehmen“. Auf konkrete Nachfragen wurde nicht mehr eingegangen.

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Eine der wichtigsten verschwörungsideologischen Plattformen

Insgesamt wird Epoch Times inzwischen in über 20 Sprachen publiziert, in den USA gibt es auch eine erfolgreiche Printausgabe. Dort ist die Zeitschrift, gemessen an der Zahl der Abonnent:innen, bereits die viertgrößte Zeitung des Landes, wie NBC im Oktober 2023 berichtete. Finanziert wurde dieser rasante Aufstieg durch den Aufbau einer teuren Redaktion und durch ebenso teure Marketingkampagnen.

Vor dem US-Präsidentschaftswahlkampf hat Epoch Times sogar nochmals neue und größere Büroräume und Produktionsstudios in Kalifornien bezogen, neues Personal eingestellt und eine weitere Anzeigenoffensive gestartet. Doch gleichzeitig konnte die Organisation lange Zeit immer mehr Geld verdienen – wie das geht, blieb bisher unklar. Laut NBC hat Epoch Times in den USA „ein Vermögen angehäuft und ihren Umsatz in zwei Jahren um unglaubliche 685 Prozent auf 122 Millionen Dollar im Jahr 2021 gesteigert, wie aus den jüngsten Steuerunterlagen der Gruppe hervorgeht“.

Gigantische Gewinne trotz enormer Ausgaben

Und auch im deutschsprachigen Raum fällt auf, dass Epoch Times über enorme Geldmittel verfügen muss. Die Seite ist professionell gemacht, es werden mehrere Artikel am Tag veröffentlicht. Dazu gibt es fallweise Liveticker, aktuelle Meldungen im Stundentakt, einen Podcast und sogar eine eigene aufwendig und professionell gestaltete Videoplattform namens „Epoch TV“.

Beworben wird die Plattform mit umfangreichen Marketingkampagnen in den sozialen Medien. Das alles muss richtig viel Geld kosten. Doch Inserate gibt es auf der Seite ebenso wenig wie Spendenaufrufe.

Es geht um mindestens 67 Millionen US-Dollar

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Die nun erhobenen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen US-Epoch-Times-Finanzvorstand Weidong („Bill“) Guan sind heftig. Guan soll „mit anderen konspiriert haben, um an einer weitreichenden, grenzüberschreitenden Verschwörung teilzunehmen“, so der Vorwurf.

US-Staatsanwalt Damian Williams sagt: „Bill Guan, der Finanzchef eines weltweit tätigen Zeitungs- und Medienunternehmens, soll sich mit anderen verschworen haben, um sich selbst, das Medienunternehmen und dessen Tochtergesellschaften zu begünstigen, indem er Dutzende von Millionen Dollar an betrügerisch erlangten Leistungen der Arbeitslosenversicherung und anderen Erträgen aus Straftaten wusch. Als die Banken Fragen zu den Geldern stellten, soll Guan wiederholt gelogen und fälschlicherweise behauptet haben, die Gelder stammten aus rechtmäßigen Spenden an das Medienunternehmen.“

Der 61-jährige Guan soll an einem transnationalen Plan beteiligt gewesen sein, um illegal erworbene Gelder in Höhe von mindestens 67 Millionen US-Dollar zugunsten von Epoch Times und zu seinem eigenen Vorteil zu waschen. Guan hat die Anschuldigungen laut einer Gerichtsmitteilung bestritten und es gilt die Unschuldsvermutung für alle Beteiligten. Er wurde gegen eine Kaution von 3 Millionen Dollar freigelassen und darf sich neben anderen Beschränkungen nur noch in Teilen von New York und New Jersey bewegen, wie der US-Sender CNBC berichtet.

Ein riesiges Geldwäsche-Schema

Zur Durchführung der Geldwäsche soll es ein eigenes „Make Money Online“ (MMO) Team gegeben haben, das in einer der internationalen Niederlassungen „des Medienunternehmens“ angesiedelt war. Um welches Land es geht, gibt die New Yorker Staatsanwaltschaft derzeit nicht bekannt. Ebenso wird in der offiziellen Presseaussendung der Name Epoch Times nicht genannt.

In einem ersten Schritt sollen Guan und seine Komplizen durch Betrug Millionensummen erworben haben. In einem zweiten Schritt hätte das MMO-Team dann gestohlene persönliche Identifikationsdaten genutzt, um verschiedene Konten zu öffnen. Von diesen Konten wäre das Geld dann an Konten überwiesen worden, die mit „dem Medienunternehmen“ verbunden waren und anschließend weiter gewaschen wurden.

Wo kommt denn auf einmal das ganze Geld her?

Etwa zur gleichen Zeit, als die Geldwäsche begann, soll die Finanzbuchhaltung des „Medienunternehmens“ laut Staatsanwaltschaft einen Anstieg der Jahreseinnahmen gegenüber dem Vorjahr um ca. 410 Prozent ausgewiesen haben – von ca. 15 Millionen Dollar auf ca. 62 Millionen Dollar. Als Banken diesbezüglich bei Guan nachfragen, hätte dieser gelogen und behauptet, der Anstieg der Mittel würde aus Spenden stammen.

Aufmarsch von Trump-Anhänger:innen vor dem Kapitol in Washington D.C. Bild: Michael Bonvalot

Guan droht wegen Verschwörung zur Geldwäsche eine Höchststrafe von 20 Jahren Gefängnis, für die zwei Fälle wegen Bankbetrugs steht die Höchststrafe bei jeweils 30 Jahren Gefängnis. Die Anklagen beziehen sich laut Staatsanwaltschaft nicht auf die Aktivitäten des Medienunternehmens im Bereich der Nachrichtenerfassung. Laut mehreren US-Medien hat Epoch Times zuerst nicht auf Bitten um eine Stellungnahme geantwortet. Eine Anfrage an Epoch Times Deutschland wurde gestellt und wird im Fall des Eintreffens eingefügt.

In einem Statement, das am 17. Juni auf der US-Seite der Truppe publiziert wurde – also nach Erscheinen dieses Artikels -, distanziert sich Epoch Times von den kriminellen Aktivitäten. Das mutmaßliche „Fehlverhalten einer Person“ würde „nicht stellvertretend für das gesamte Personal oder die gesamte Organisation“ stehen. Allerdings bleibt damit unklar, was mit dem ganzen Geld geschehen ist. Bereits am 7. Juni ist jedenfalls John Zhong Tang zurückgetreten, der CEO von Epoch Times. Das gab die Plattform bekannt.

Wie finanzieren sich diese Plattformen eigentlich?

Nachdem die Staatsanwaltschaft in New York von einer „grenzüberschreitenden Verschwörung“ ausgeht, stellt sich nun natürlich auch die Frage, ob und welche internationalen Ableger von Epoch Times beteiligt waren. Aus rechtlichen Gründen wird an dieser Stelle explizit festgehalten, dass keinem der Epoch-Times-Ableger, insbesondere auch nicht dem deutschsprachigen, irgendwelche strafrechtlichen Vorhaltungen gemacht werden.

Was aber jedenfalls festgehalten werden kann: Die Staatsanwaltschaft in New York glaubt offenbar nicht so ganz, dass der Anstieg der Vermögenswerte in den USA vor allem auf Spenden beruht. Und was nicht nur in den USA auffällt, sondern auch im deutschsprachigen Raum: Verschiedene extreme rechte Plattformen sind finanziell eine regelrechte Black Box.

Da steckt offenbar enorm viel Geld dahinter – doch es ist vollkommen unklar, wie sich diese Plattformen finanzieren können. Vielleicht werden die Geldwäsche-Ermittlungen gegen Epoch Times hier ja weitere Erkenntnisse liefern.

Ein Statement von Falun Gong Österreich sowie Statements von Epoch Times wurden nachträglich eingefügt.

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