NeofaschistInnen und extreme Rechte organisierten am Samstagabend einen „Fackelzug“. Als Ordner waren slowakische Nationalisten mit paramilitärischen Tarn-Uniformen eingesetzt.

Rund 230 extreme Rechte sind am Samstagabend am Wiener Kahlenberg aufmarschiert. Der Berg ist zwar tagsüber ein beliebtes Ausflugsziel, doch der abendliche Aufmarsch fand weitgehend ohne Öffentlichkeit statt. Präsent war ein breites rechtsextremes Spektrum von neofaschistischen Identitären, deutschnationalen Burschenschaften und Hooligans über konservative extreme Rechte bis hin zu Monarchisten und christlichen Rechtsextremen.

Als Ordnerdienst der Veranstaltung fungierte unter anderem eine paramilitärische Abordnung der slowakischen Nationalistenorganisation „Slovenskí Branci“ (SB, deutsch Slowakische Rekruten). Das englischsprachige Medienportal Vsquare hat im Jänner 2019 eine längere Recherche über diese Organisation veröffentlicht. SB wird darin als eindeutig paramilitärische Organisation mit verschiedenen Einheiten und militärischen Rängen beschrieben.

Bild: Michael Bonvalot

Die „Rekruten“ würden in Kampftaktiken, Guerillakampf und Waffengebrauch ausgebildet. In Wien traten die SB-Paramilitärs in Tarn-Uniformen mit darauf angebrachten slowakischen Fahnen sowie Ordnerjacken auf. Während des Aufmarsches versuchten sie in militärischer Ordnung aufzutreten und marschierten im Gleichschritt. Gut erkennbar stand dabei auf ihren Ordnerjacken der Schriftzug „Ordner Okzident“.

Bild: Michael Bonvalot

Bei „Okzident“ handelt es sich um eine der aufrufenden Organisationen für den Aufmarsch – ein führender Aktivist ist Ex-Pegida-Lachnummer Georg Nagel, der vor seinem rechten Coming Out schon einmal im pinken Plüsch-Kostüm mit Plastik-Penis auftrat.

Der Fackelzug der extremen Rechten stand unter dem Vorwand der sogenannten Türkenbelagerung des Jahres 1683. Damals war das „Entsatzheer“ zur Beendigung der Belagerung über den Kahlenberg nach Wien vorgestoßen. Propagandistisch versuchten die Veranstalter, dieses mehr als 300 Jahre zurückliegende Ereignis für ihre heutige Agitation zu verwenden.

Nur sehr wenige verirrten sich zum extrem rechten Aufmarsch. Bild: Michael Bonvalot

Die „ruhmreiche Geschichte“ sei „ein Auftrag an die Zukunft“, „für Volk und Vaterland“ einzustehen, heißt in einem Aufruf der Veranstalter. Ob es sich bei der Parole „für Volk und Vaterland“ um eine Anlehnung an die NS-Parole „Für Führer, Volk und Vaterland“ handelt, muss selbstverständlich offenbleiben und wird hier schon allein aus rechtlichen Gründen auch nicht behauptet.

Sie marschierten ganz offiziell „Für Volk und Vaterland“

Aufgerufen zum rechten Fackelzug hatte eine sogenannte „Kahlenberg-Allianz“. Neben Okzident besteht diese aus dem Wiener Akademikerbund – der aufgrund seiner extrem rechten Haltung sogar aus der ÖVP flog -, dem Anti-Abtreibungsverein Pro Vita sowie einer dubiosen „Plattform Gedenken 1683“.

Auffallend ist die Übereinstimmung dieser Plattform mit den sogenannten „Pro-Life-Aufmärschen“ der christlichen extremen Rechten. Passend dazu gab es von der Bühne religiöse Parolen und Attacken auf Homosexuelle und Linke.

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Sammelpunkt: Toilette. Bild: Michael Bonvalot

Offiziell nicht auf der Aufrufer-Liste steht die neofaschistische Gruppe Identitäre. Dennoch spielt sie in der Mobilisierung zweifellos eine wichtige Rolle und hatte die Kahlenberg-Aufmärsche überhaupt erst initiiert. Und auch heuer mobilisierte die Gruppe über verschiedene Kanäle in den sozialen Medien für den Aufmarsch.

Auffallend geringe Teilnahme

Auch auf dem Aufmarsch selbst waren mehrere bekannte Kader der Identitären sowie Personen mit Shirts der Gruppe zu sehen. Auch die Banner waren bereits von Identitären-Aufmärschen bekannt. Die TeilnehmerInnenzahl von rund 230 Personen, die ich kurz nach Beginn auf Höhe Parkplatz Kahlenberg gezählt habe, ist allerdings auffallend schwach.

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Offenbar schaffen es alle genannten Strukturen nur in einem sehr eingeschränkten Ausmaß, Personen auf die Straße zu bringen. Entsprechend verzweifelt klangen die wiederholten Lautsprecher-Aufrufe zu Beginn des Aufmarsches nach „Mehr Abstand“ – offenbar der Versuch, mehr darzustellen, wo einfach nicht mehr da war.

Das war wohl auch den VeranstalterInnen bewusst. So sprach der letzte Redner am Aufmarsch zwar zuerst großmundig von den „lieben Wienern“, an die er sich wenden würde – vor höchstens 230 Personen eine dreiste Ansage. Dann aber eher weinerlich: „Heute marschieren gerade ein paar hundert Menschen mit uns.“

Diesmal keine bekannten FPÖ-FunktionärInnen

Offizielle FPÖ-Unterstützung fehlte heuer, nachdem im vergangenen Jahr noch die bekannte FPÖ-Politikerin Ursula Stenzel auf dem Aufmarsch gesprochen hatte. Einzig der ehemalige FPÖ- und BZÖ-Spitzenfunktionär Ewald Stadler zeigte sich am Rande der Kundgebung. Stadler, einst bekannt als Jörg Haiders „Dobermann“, tritt heute für die christliche Rechte auf.

Attacken auf JournalistInnen

Am Rande des Aufmarschs wurden JournalistInnen von den SB-Ordnern und anderen Teilnehmern immer wieder attackiert und bedroht. Ein Kollege wurde mehrmals gestoßen, später wurde ihm sogar sein Handy kurzfristig gestohlen. Erst als ich bei einem leitenden Offizier der Polizei-Einsatzeinheiten eine Intervention forderte, wurde das Handy zurückerstattet (dieser Offizier ist mir bekannt, weil er Anfang September in einem Verfahren zur Verteidigung der Pressefreiheit aussagen musste, das ich gegen die Polizei angestrengt hatte).

Dennoch muss festgehalten werden, dass es sich hier mutmaßlich um einen versuchten Raub handelt, was ich dem Offizier auch mitgeteilt habe. Bei mir selbst versuchten slowakische Ordner und Aufmarsch-Teilnehmer mehrmals, mich abzudrängen. Daneben gab es die üblichen Versuche, meine Dokumentation zu behindern.

Nachdem die Aufmärsche am Kahlenberg in den letzten Jahren von antifaschistischen Protesten begleitet waren, blieben diese heuer aus. (Wegen der Einschränkung meiner Berichterstattung am Aufmarsch 2017 führe ich bis heute ein Verfahren gegen die Wiener Polizei.) Die Wiener Linke mobilisiert derzeit stattdessen vor allem für das zentrale Thema der Aufnahme der geflüchteten Menschen aus Moria.

Dazu fanden bereits in den vergangenen Tagen eine ganze Reihe von Demonstrationen statt – allerdings mitten in Wien und nicht am Rande der Stadt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Bereits am Donnerstag Abend hatten mehrere hundert Menschen spontan auf der Wiener Ringstraße für die Menschen aus Moria demonstriert. Am Freitag demonstrierten dann bis zu 2500 Menschen vom Bundeskanzleramt zum Rathaus, am Samstag waren erneut rund 1000 Menschen auf der Straße. Und für die nächsten Tage sind bereits weitere Demonstrationen für die Rechte der geflüchten Menschen angekündigt.

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