Nachdem ich letztes Jahr die Zusammenarbeit des Fußballers mit einem extremen Rechten aufgedeckt hatte, plädierte Martin Hinteregger auf Unwissenheit. Doch bei der zweiten Auflage des „Hinti-Cups“ gibt es erneut einschlägige Verbindungen.

Fußballer Martin Hinteregger macht es schon wieder. Bei der zweiten Auflage des „Hinti-Cup“ im Juni 2023 zeigt sich erneut eine Zusammenarbeit mit der einschlägigen Familie Sickl. Obwohl Hinteregger sich im vergangenen Jahr angeblich noch von den extrem rechten Sickls distanziert hatte.

„Jegliche Geschäftsbeziehung zur Familie Sickl wird aufgrund des aktuellen Wissensstandes mit sofortiger Wirkung abgebrochen“. Diese Zeilen hatte der ehemalige österreichische Teamspieler Martin Hinteregger am 9. Juni 2022 auf Instagram veröffentlicht. Es war die Reaktion auf meinen Artikel zu den geschäftlichen Beziehungen des Fußballers mit dem einschlägig bekannten Heinrich Sickl – so gut wie alle großen Medien in Österreich und Deutschland hatten über meine Recherche berichtet. (Hier könnt ihr meine Recherche lesen!) Doch wie sich jetzt herausstellt, gibt es weiterhin laufende Beziehungen.

Und was hat sich geändert?

Denn Mitte Juni 2023 soll der „Hinti-Cup“ erneut in Sirnitz ausgetragen werden, Hintereggers Kärntner Heimatdorf. Gesponsert übrigens vom Uhrenhersteller Jacques Lemans sowie von Puntigamer, einer Marke des Heineken-Konzerns. Die Erstauflage im letzten Jahr sollte ursprünglich von einer gemeinsamen Firma des Fußballers mit dem Grazer Ex-FPÖ-Gemeinderat und Identitären-Förderer Sickl ausgerichtet werden. Heuer dagegen tritt von Beginn an der lokale Verein SGA Sirnitz als offizieller Veranstalter für den „Cup“ auf, der diesmal von 15. bis 18. Juni stattfinden soll. Faktisch verantwortlich dürften aber wohl dennoch vor allem die Hintereggers sein.

Vater Franz Hinteregger wird im Impressum der Veranstaltungspage als Vertreter des SGA Sirnitz genannt, Sohn Martin Hinteregger (der einst beim SGA spielte) ist laut Impressum „Idee und Product Owner“. Alles andere wäre wohl auch etwas überraschend – schließlich ist der ehemalige Teamspieler Hintereggger sowohl Namensgeber wie Hauptfigur und Werbeträger des „Hinti-Cup“. Kurz gesagt: Ohne „Hinti“ kein „Cup“.

Das „Schloß Albeck Sickl e.U.“

Und noch etwas hat sich real nicht geändert: Die prominente Bewerbung des Schloss Albecks auf der Veranstaltungsseite für den Hinti-Cup. Samt angeschlossener Fußball-Ausstellung. Und dieses Schloss gehört weiterhin der Familie Sickl. Für das Schloss verantwortlich ist laut Impressum die Firma „Schloß Albeck Sickl e.U.“. E.U., das steht für „eingetragene/r Unternehmer/in“. Ich habe im Firmenbuch recherchiert: Die Firma gehört der ehemaligen FPÖ-Ministerin Elisabeth Sickl, Prokurist ist Sohn Heinrich Sickl. Die Verbindungen liegen also klar auf dem Tisch.

Blenden wir zurück. Die scheinbare Distanzierung Hintereggers gegenüber der Familie Sickl war seine Reaktion auf eine Recherche von mir, die im Juni 2022 durch die Decke ging. Es half nichts: Der damalige Teamspieler, der zu diesem Zeitpunkt bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag stand, beendete rund zwei Wochen nach Erscheinen meines Artikels seine Karriere. Die Eintracht – mit ihrem bekannt antifaschistischen Ruf – hätte seinen Vertrag ansonsten wohl auch aufgelöst.

Förderer der Neofaschist:innen

Ich hatte dokumentiert und belegt, wie Hinteregger eine gemeinsame Firma mit Heinrich Sickl aufgebaut hatte, einem Grazer Ex-FPÖ-Gemeinderat und zentralen Förderer der neofaschistischen Gruppe Identitäre. Sickl trat unter anderem als Ordner bei Aufmärschen der Neofaschist:innen auf, auch sonst könnte es Unterstützung gegeben haben: So findet sich Sickls Name auf einer Spendenliste der Identitären, deren Existenz 2019 bekannt wurde. Die Liste liegt mir vor. Und auch organisatorisch spielte Sickl eine zentrale Rolle für die neofaschistische Truppe.

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Bis zumindest 2019 war der damalige FPÖ-Gemeinderat sogar der Vermieter des steirischen Zentrums der Identitären in Graz. Hier habe ich das für euch aufgeschrieben. Erst als die Sache öffentlich wurde und der Druck immer weiter stieg, erklärte Sickl gegenüber Medien, dass der Mietvertrag aufgelöst worden sei.

Es bleibt in der rechten Familie

Im Kärntner Dorf Sirnitz wollten Hinteregger und Sickl über eine gemeinsame Firma eine Veranstaltung namens „Hinti-Cup“ ausrichten. Teile der Veranstaltung hätten im lokalen Schloss Albeck stattfinden sollen – samt einer angeblich „bunten“ Ausstellung zum Thema „Faszination Fußball“. Auch die Besitzer:innen von VIP-Tickets hätten im Schloss versorgt werden sollen, wie es damals auf der Veranstaltungsseite hieß. Und auch hier zeigten sich einschlägige Verbindungen: Denn das Schloss gehört, wie beschrieben, der Familie Sickl. Konkret Elisabeth Sickl, Mutter des Ex-Gemeinderats und selbst im Jahr 2000 kurzfristig sogar FPÖ-Ministerin in der ersten schwarz-blauen Koalition. Wie „bunt“ bei dieser politischen Ausrichtung die Fußball-Ausstellung geworden wäre? Es darf hinterfragt werden.

Nach meiner Veröffentlichung musste Hinteregger zurückrudern. Er hätte „keine Kenntnisse über vergangene oder zukünftige Aktivitäten seitens der Familie Sickl“, schrieb er zuerst auf Instagram. In die gleiche Richtung gingen weitere Statements gegenüber verschiedenen Medien. Letztlich ein wenig weltfremd.

In Sirnitz leben gerade einmal rund 300 Personen. Und Hinteregger will nicht gewusst haben, dass sein eigener Geschäftspartner Gemeinderat der zweitgrößten Stadt des Landes war? Und dessen Mutter, die lokale Schlossbesitzerin, sogar ehemals Ministerin? In einem Interview mit dem Standard am 20. Juni 2022 hörte sich das Ganze dann schon etwas anders an.

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Angebliche Distanzierung

Da sagte Hinteregger über Heinrich Sickl: „Ich weiß, dass er FPÖ-Politiker war, was in Österreich ja nichts Schlimmes ist.“ Bereits das lässt tief blicken. Weiter ging es mit: „Ich habe ihn als positiven, netten Menschen kennengelernt. Wenn ihr ihn kennenlernen würdet, würdet ihr das Gleiche sagen.“ (Das Interview insgesamt hat übrigens einen gewissen Beigeschmack: Trotz der extrem rechten Problematik spielte der Standard mit einem eigenen Team beim Hinti-Cup mit, wie am Ende des Interviews explizit ausgewiesen wird). Doch auch in diesem Interview versuchte Hinteregger noch eine halbherzige Distanzierung.

Wenn er etwa über Sickls Verbindungen zu den neofaschistischen Identitären Bescheid gewusst hätte, hätte er „anders reagiert“, so der Fußballer. Künftig würde er „genauer hinsehen“, mit wem er zusammenarbeitet und auch die Partner bei seinen drei anderen Firmen überprüfen.

Angriff ist nicht immer die beste Verteidigung

Parallel attackierte Hinteregger mich übrigens über verschiedene Medien. Unter anderem mit den Worten: „Der Journalist, was das veröffentlicht hat, der ist ja ein klar Linksextremer, denke ich, linksextremer Journalist“. Was hier allerdings auffällt: Das Framing „linksextremer Journalist Bonvalot“ findet sich in Österreich buchstäblich laufend. Allerdings in einschlägig extrem rechten Medien, denen meine Recherchen offensichtlich enorm gegen den Strich gehen. Unter anderem in solchen, wo Heinrich Sickl als verantwortliche Person auftritt. Wie glaubwürdig Hintereggers Distanzierungen waren, was ich zu seinen Angriffen auf mich sage und wie tief seine Verbindungen zu Sickl tatsächlich gewesen sein müssen, habe ich hier aufgeschrieben.

Doch kaum ist das Scheinwerferlicht nicht mehr auf den Ex-Teamspieler gerichtet, scheint wieder alles anders zu sein. 2023 wird das Schloss der Sickls erneut auf der Veranstaltungspage für den Hinti-Cup an verschiedenen Stellen prominent beworben. Die schon im vergangenen Jahr angekündigte Ausstellung „Faszination Fußball“ auf dem Sickl-Schloss steht ebenfalls wieder im Programm. Übrigens angeblich immer noch „bunt“.

Beste Verbindungen

Laut Hinti-Cup-Page lief die Fußball-Ausstellung im vergangenen Jahr sogar über mehrere Monate als Dauerausstellung im Schloss – samt Foto von Hinteregger, der als Werbeträger auftritt. Alles zu finden auf der Seite des Hinti-Cups. Update 17.06.2023: Nachdem ich diese Recherche veröffentlicht hatte, wurden die Hinweise auf Schloss Albeck auf der Veranstaltungsseite stillschweigend gelöscht. Die Ausstellung „Faszination Fußball“ wird allerdings weiter prominent an verschiedenen Stellen auf der Seite beworben, einzig die Information zum Veranstaltungsort wurde entfernt.

Vorher:

Nachher:

Gesponsert wird das Schloss der Sickls von zahlreichen bekannten Betrieben, teils auch von öffentlichen Institutionen: Etwa den Banken Raiffeisen, Kärntner Sparkasse und BKS, der Generali Versicherung, dem mehrheitlich landeseigenen Energieanbieter Kelag, dem Papierkonzern Mondi, dem Getränkehersteller Pago / Eckes-Granini, den Bauriesen Porr und Swietelsky oder der Wirtschaftskammer Kärnten. Und als Schlusspunkt die Kärnten Kultur und das österreichische Bundeskanzleramt. Da hat jemand gute Verbindungen.

Was sagt Hinteregger?

Und was sagen der SGA Sirnitz und Martin Hinteregger dazu? Auf meine erste Anfrage erhielt ich die Antwort, dass die Ausstellung im Sickl-Schloss „nicht im Rahmen der Veranstaltung“ stattfinden würde. Sie sei „eine eigenständige Jahresausstellung von Familie Sickl“. Es gäbe „keine aktuelle Zusammenarbeit“ zwischen dem Hinti-Cup und der Familie Sickl. Auf meine Nachfrage, warum die Veranstaltung der Sickls dann auf der Hinti-Cup-Seite explizit als Teil des Programms beworben wird, habe ich keine Antwort mehr erhalten. Ebenfalls keine Antwort habe ich auf meine Frage erhalten, warum das Sickl-Schloss darüber hinaus noch mehrmals auf der Seite beworben wird.

Außerdem, so der SGA Sirnitz, sei diesmal nicht Martin Hinteregger der Ausrichter der Veranstaltung, sondern der SGA. Damit wäre auch Hintereggers Stellungnahme zum Ende der Geschäftsbeziehungen mit der Familie Sickl nicht relevant. Ich würde hier etwas „vermischen“. Auf meine Nachfrage, warum dann Martin Hinteregger als „Idee und Product Owner“ im Impressum genannt wird, habe ich keine Antwort mehr erhalten.

Es gibt keine Ausreden mehr

Der SGA hatte auch angeboten, meine persönliche Anfrage an Martin Hinteregger weiterzuleiten. Das habe ich gerne wahrgenommen und ihn gefragt, warum auf der Seite des Hinticups mit seinem Foto für eine Dauerausstellung auf Schloss Albeck geworben wird. Ebenfalls gefragt habe ich ihn, wie sich die aktuelle Situation mit seiner Stellungnahme verträgt, dass er „jegliche Geschäftsbeziehung zur Familie Sickl“ abbrechen würde. Darauf habe ich – erraten – keine Antwort erhalten.

Update: Hinteregger selbst hat mir nach Erscheinen dieses Artikels mehrmals Nachrichten via Instagram geschickt, teils mitten in der Nacht und zumeist mit reichlich dubiosem und kryptischem Inhalt. Auf meine Frage, warum er nichts zu seiner neuerlichen Zusammenarbeit mit Sickl sagen würde, kam dann allerdings keine Antwort mehr.

Im letzten Jahr wollte sich Hinteregger noch mit Unwissenheit herausreden. Vieles davon war reichlich weltfremd, doch wir können ihn niemanden hinein sehen. Doch spätestens dieses Jahr kann das nicht mehr gelten. Wir wissen, dass Hinteregger inzwischen ausreichend über die einschlägigen Verbindungen der Sickls informiert ist. Wir wissen es, weil er in zahlreichen Interviews mit entsprechenden Fragen konfrontiert worden ist und darauf geantwortet hat. Das ist der „aktuelle Wissensstand“, wie Hinteregger es ausdrückte. Es gibt keine Ausreden mehr.

Ergänzt am 17.06.2023 um Entwicklungen nach Erscheinen des Artikels.

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