Die FPÖ-Vertraute Kathrin Zierhut könnte neue Co-Geschäftsführerin von ORF 3 werden. Damit hätte sie eine zentrale Funktion im Kultur- und Infosender des ORF.
Nachdem die ÖVP mit Roland Weißmann den ORF übernommen hat, werden auch zahlreiche andere Posten beim Staatssender neu besetzt. Einer der Posten, die aktuell frei werden, ist die Co-Geschäftsführung von ORF 3. Die bisherige Geschäftsführerin, Eva Schindlauer, wird auf einem grünen Ticket als kaufmännische Geschäftsführerin ins Direktorium aufsteigen.
Der Spartensender ORF 3 konzentriert sich innerhalb des ORF auf Kultur und Information. Und genau dort könnte jetzt eine Vertraute der FPÖ zum Zug kommen. Denn als neue Co-Geschäftsführerin von ORF 3 ist Kathrin Zierhut im Gespräch, wie der Standard und DieMedien.at berichten. Gegenüber dem Standard hätte sie auch bereits ihr Interesse deponiert, ORF-3-Chef Peter Schöber soll sich aktuell noch querlegen.
Die Personalie wäre äußerst brisant. Denn Kathrin Zierhut verdankt ihren Aufstieg im ORF maßgeblich der FPÖ. In den 1990er Jahren war sie laut Standard als Bezirksrätin im 15. Wiener Gemeindebezirk selbst aktive FPÖ-Funktionärin. Rekrutiert haben soll sie der damalige Parteimanager und spätere FPÖ-Verteidigungsminister Herbert Scheibner. 2009 wechselte sie dann aus einem privaten Betrieb zum ORF und stieg dort rasch auf.
Rascher Aufstieg
2015 wurde sie Finanz- und Personalchefin in einer ORF-Marketingtochter. Dort erlebten Mitarbeiter*innen und Betriebsrät*innen Zierhut bei Meinungsunterschieden als sehr konsequent, einzelne sprechen von „beinhart“, wie der Standard 2019 berichtete. Wirklich wichtig wurde Zierhut aber erst, als die FPÖ ab Dezember 2017 gemeinsam mit der ÖVP eine schwarz-blaue Koalition bildete.
Der Sozialdemokrat Alexander Wrabetz, der zu diesem Zeitpunkt als Generaldirektor den ORF leitete, versuchte durch zahlreiche personelle und inhaltliche Entscheidungen, ÖVP und FPÖ günstig zu stimmen. Wie wir heute wissen: Völlig umsonst. Die ÖVP hat sich mit Roland Weißmann für jemanden mit eindeutigem schwarz-türkisen Stallgeruch entschieden. Auch Zierhut profitierte von den Unterwerfungsgesten von Wrabetz.
Im September 2018 wurde sie Leiterin für Human Resources, im Februar 2019 wurde sie bereits für einen Vorstandsposten gehandelt. Ab Mai 2019 wurde die FPÖ-Vertraute dann zusätzlich zur Leitung der Human Resources noch verantwortlich für Unternehmensplanung, Personalentwicklung, Personal-Administration, Organisationsentwicklung und die Revision des ORF. Die ehemalige FPÖ-Bezirksrätin war damit Personalchefin des ORF – eine absolute Schnittstelle im Sender. Zierhut wurde zu einer der zahlreichen Personen, die mit der FPÖ an Schalthebel der Macht kamen.
Der schwarz-blau geführte ORF-Stiftungsrat forderte massive Kürzungen, die nicht ohne Kündigungen umzusetzen gewesen wäre. Verantwortlich für die Umsetzung dieser Kündigungen wäre Zierhut gewesen.
Rechte Kürzungen
Solche Kürzungen sind gleichzeitig eine klassische Strategie rechter Parteien an der Regierung: Öffentlich-rechtliche Sender aushungern und stattdessen Medien unterstützen, die ohne jede Einschränkung die eigenen politischen Interessen bedienen. Wie weit solche wechselseitigen Verbindungen gehen können, zeigt die jüngst aufgeflogene ÖVP-Österreich-Connection, die Sebastian Kurz den Job als Bundeskanzler kostete.
Die rechten Parteien in Österreich orientieren sich dabei offensichtlich unter anderem an den Vorbildern Ungarn und Slowenien. So wurde etwa Mitte Oktober bekannt, dass die rechtsnationale Regierung in Slowenien ab 2022 Nachrichtensendungen sowie informative Talkshows teils kürzen, teils völlig abschaffen will.
Der Aufstieg von Zierhut schien im Mai 2019 weitgehend ungebremst weiter zu gehen. Doch wie so viele andere Personen auf einem blauen Ticket wurde wohl auch sie von der Veröffentlichung des Ibiza-Skandals am 17. Mai 2019 relativ kalt erwischt. Dennoch war sie auch nach dem Zusammenbruch der schwarz-blauen Regierung noch für einen weiteren Aufstieg im ORF im Gespräch.
FPÖ-Tätigkeit irrelevant?
Im Team von ÖVP-Mann Roland Weißmann sei sie etwa für den Job als Finanzdirektorin im Gespräch gewesen, berichtet das profil. Das hätte Weißmann bei der Wahl zum ORF-Generaldirektor im August 2021 die Stimmen der vier Stiftungsräte der FPÖ bringen sollen. Zierhut selbst behauptete 2019 gegenüber dem Kurier, ihre frühere Funktionärstätigkeit für die FPÖ sei „irrelevant“. Das allerdings entspricht – freundlich formuliert – nicht unbedingt dem Eindruck, der sich faktisch ergibt.
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Die Co-Geschäftsführung von ORF 3 könnte im Verhältnis zur Tätigkeit als Personalchefin des ORF für Zierhut ein Schritt zur Seite sein. Ein Aufstieg ist es wohl eher nicht. Doch gleichzeitig ist die Position keineswegs irrelevant. ORF 3 bringt etwa jeden Werktag eine dreieinhalbstündige Live-Strecke mit Nachrichten und Analysen. Dazu sendet ORF 3 Doku-Neuproduktionen und ist ein zentraler Ansprechpartner für die österreichische Kulturszene.
Es ist hinlänglich bekannt, wie die FPÖ in der Vergangenheit sowohl Nachrichtensendungen des ORF attackiert hat wie auch die österreichische Kulturszene. Unter diesen Bedingungen könnte nun eine Vertraute der FPÖ als Co-Geschäftsführerin von ORF 3 eingesetzt werden. Das sind keine guten Nachrichten. Doch noch ist es nicht zu spät für die ORF-Führung, sich anders zu entscheiden. Der Ball liegt beim ÖVP-Vertrauten und künftigen ORF-Generaldirektor Roland Weißmann.
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