Der Fall Pilz kann und soll auch Anlass zur Reflexion des eigenen Verhaltens verstanden werden. Dürfen Männer dennoch Kritik äußern?

Wohl kaum ein Mann kann guten Gewissens von sich behaupten, sich immer korrekt und sich notwendigen (und eigenen) Standards folgend verhalten zu haben. Wer das behauptet, lügt sich wohl in den meisten Fällen selbst in den Sack bzw sollte eigene Muster nochmals reflektieren.

Manche Männer, die für Pilz in die Bresche springen, haben vielleicht sogar eigene ähnliche Verhaltensmuster vor Augen oder/und haben Angst, die nächsten zu sein, über die gesprochen wird. Es könnte aber stattdessen auch ein guter Anlass sein, mit eigenen Mustern zu brechen. Insofern sollte und muss #metoo auch als Aufruf zur Reflexion an alle Männer verstanden werden.

Im Netz kursiert nun teils auch ein (von Männern geführter) Diskurs, dass Männer Pilz nicht kritisieren dürften, Motto: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.“ Das ist nachvollziehbar, dennoch halte ich Kritik an Pilz auch durch Männer für legitim.

Er selbst hat hohe Standards angelegt und dabei Migranten in einen fast automatischen Zusammenhang mit Sexismus gebracht. Es gelte „die Pflicht, die Rechte der Frauen zu respektieren. Wer das nicht will, kann wieder gehen“. Er hat damit rassistische Vorurteile bedient und sogar Abschiebungen eingefordert, wenn jemand Rechte von Frauen nicht respektiert.

Screenshot: Der Standard

Nun gibt es Vorwürfe, die so substantiell sein müssen, dass Pilz unmittelbar nach dem Bekanntwerden zurücktrat. Unter anderem wird ihm vorgehalten, dass er ein Arbeitsverhältnis als Arbeitgeber ausgenutzt hat und eine andere Frau so massiv körperlich bedrängte, dass er von anderen weggezogen werden musste. Den zweiten Vorwurf bestreitet auch Pilz nicht, den ersten bestreitet er.

Pilz selbst hat in seiner Zeit als Abgeordneter wohl nicht schlecht verdient, nach dem Verlust des Mandats sind kaum Sorgen um seine Absicherung angebracht. Er selbst wollte Menschen hingegen sogar abschieben, die die Rechte von Frauen nicht respektieren und damit lebensverändernde Fakten schaffen. Eine Frau so zu bedrängen, dass der Mann weggezogen werden muss (nochmals: Pilz bestreitet das nicht), ist wohl kaum als Respekt vor Frauen zu betrachten.

Pilz wird nun an den Maßstäben zu messen sein, die er lautstark und rassistisch besetzt für andere gefordert hat. Und das halte ich für richtig und gut.

Gleichzeitig aber befreit das nicht davon, weiterhin eigene Muster kritisch zu reflektieren und darüberhinaus (und nicht stattdessen!) auch patriachale Muster und Rollenbildern zu hinterfragen, die zwangsläufig immer neue „Fälle Pilz“ produzieren werden.

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