Die SchwurblerInnen hatten keine Masken und hielten keine Abstände. Rechtsextreme haben einen Journalisten verletzt. Doch die Polizei hat protestierende Linke über Stunden bei Minusgraden gekesselt.

Mehrere tausend Corona-SchwurblerInnen sind am Samstagnachmittag über mehrere Stunden auf der Wiener Ringstraße aufmarschiert. Zentral beteiligt an der Organisation des Aufmarschs waren einschlägig bekannte extrem rechte AktivistInnen wie Jennifer Klauniger und Martin Rutter sowie rechtsextreme Kleinparteien.

Am Aufmarsch selbst beteiligten sich dann auch Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, Neonazi-Führer Gottfried Küssel sowie Kader der neofaschistischen Gruppe Identitäre. Auch Identitären-Gesicht Martin Sellner hat offebar am Aufmarsch teilgenommen, wie mir mehrere Personen bestätigt haben.

Neonazis und NeofaschistInnen beteiligt

Der eindeutig rechts dominierte Charakter des Aufmarschs zeigte sich dann auch in zahlreichen Bannern und Schildern. So marschierte die neofaschistische Gruppe „Identitäre“ etwa mit Bannern mit Slogans wie „Heimatschutz statt Mundschutz“ oder „Stoppt den Globalistendreck“.

Bild: Michael Bonvalot

Der Begriff „Globalisten“ wird oftmals als antisemitischer Code verwendet. Die rechtsextreme Kleinpartei „Initative Heimat und Umwelt“ marschierte ebenfalls mit einem Banner, auch Symbole der verschwörungstheoretischen rechten Qanon-Bewegung waren laufend zu sehen. Dazu gesellten sich einschlägig bekannte Sprüche gegen die „Neue Weltordnung“, Verschwörungstheorien zu Impfungen und Masken oder absurde Vergleiche mit dem Faschismus.

Bild: Michael Bonvalot

Bild: Michael Bonvalot

Bild: Michael Bonvalot

Spaltung in der rechten Szene

Der Aufmarsch begann dann allerdings mit großer Verwirrung. In der Nacht vor dem Marsch hatte es offenbar eine Spaltung in der einschlägigen Szene gegeben. Klauniger warf Rutter auf der Plattform Telegram öffentlich vor, auf einem Foto eine Maske getragen zu haben und bezeichnete dieses Verhalten als „verrat“ (Rechtschreibfehler im Original).

Vermutlich deshalb begann der Samstag mit zwei parallelen Kundgebungen am Heldenplatz sowie am Maria-Theresien-Platz, der nur wenige Meter entfernt liegt. Rutter beklagte übrigens zu Beginn des Aufmarschs, dass ich gemeinsam mit der Polizei Busse der SchwurblerInnen angehalten hätte.

Gegen 14.15 Uhr vereinigten sich die beiden Kundgebungen dann aber doch auf der Ringstraße und begannen ihren Aufmarsch. Dabei kam es über die gesamte Dauer zu massenhaften Verstößen gegen die COVID-Verordnungen, fast niemand trug eine Maske.

Dennoch schritt die Polizei zu keinem Zeitpunkt ein oder löste den Aufmarsch auf. Im Gegenteil konnte ich wiederholt beobachten, wie der Einsatzleiter mit der maskenlosen rechten Aktivistin Klauninger sprach, die an der Spitze des Zuges marschierte. Ein Einschreiten gegen den Verstoß gegen die Maskenpflicht konnte ich dagegen nicht beobachten.

Hartes Vorgehen gegen Linke

Bereits gegen 13 Uhr hatten sich am Stephansplatz linke AntifaschistInnen zu einer Protest-Demonstration versammelt. Über 800 Menschen marschierten hinter dem Leitbanner mit dem Slogan „Corona ist der Virus – Kapitalismus ist die Krise – Für einen solidarischen Lockdown“. Die linke Demonstration zog vorerst bis zum Ballhausplatz.

Als danach aber einige linke AktivistInnen gegen 15.30 Uhr den Aufmarsch am Ring auf Höhe Stubentor blockierten, griff die Polizei hart durch. Nach rund einer halben Stunde wurde die Blockade gewaltsam aufgelöst, danach wurden zahlreiche AktivistInnen noch mindestens zwei Stunden bei Minusgraden eingekesselt.

Laut Landespolizeidirektion Wien wurden alle Personen angezeigt, die an der Blockade teilgenommen hatten. Polizeisprecher Markus Dittrich sprach danach von mindestens fünf vorübergehenden Festnahmen. Was für ein Unterschied zum rücksichtsvollen Vorgehen der Polizei beim Aufmarsch mit Beteiligung von Neonazis und NeofaschistInnen.

Faschistischer Angriff auf Journalisten

Am Rande der antifaschistischen Blockade kam es auch zu wiederholten Provokationen und Angriffen durch faschistische Fußball-Hooligans – die allerdings teils auch sehr schnell laufen mussten. Bei einem der Angriffe wurde ein Kollege in meiner unmittelbaren Nähe mehrmals ins Gesicht geschlagen und getreten.

Ich selbst wurde mit Bier beschüttet und massiv bedroht. Gesichert anwesend bei den Angriffen waren Personen aus dem Milieu des rechten Flügels der Austria-Fanszene, doch auch Personen mit Rapid-Bezug waren im Aufmarsch wiederholt zu sehen. Gegen 18 Uhr löste sich der Aufmarsch der Corona-SchwurblerInnen schließlich auf. Doch auch danach zogen rechtsextreme Kleingruppen weiter durch die Wiener Innenstadt.

Es waren sicherlich nicht alle, die heute in Wien auf der Straße waren, Rechtsextreme oder FaschistInnen. Doch alle, die heute auf der Straße waren, sind bewusst gemeinsam mit Rechtsextremen und FaschistInnen marschiert. Und sie alle haben die Gesundheit sehr vieler Menschen gefährdet.

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