Die britische Monarchie ist eine verbrecherische Institution. Und Charles III. ein esoterischer Milliardär mit rassistischer Familie.
Am 6. Mai 2023 wird in Großbritannien Charles III. ganz offiziell zum König gekrönt. Er wird damit zum formalen Staatsoberhaupt von Großbritannien, Australien, Kanada und zahlreichen weiteren Staaten. Umrahmt wird das von einem riesigen, dreitägigen Spektakel in Großbritannien und dem Commonwealth, wie der Zusammenschluss der von Großbritannien aus kolonisierten Weltgegenden heute heißt. Es ist die 40. Krönung eines britischen Staatsoberhaupts seit 1044 und die erste im 21. Jahrhundert.
Doch warum beschäftigen wir uns hier mit royaler Hofberichterstattung? Sollte sich Standpunkt.press nicht lieber mit spinnerten Esoteriker:innen, Superreichen, Nazis und globaler Ausbeutung befassen? Genau das tun wir. Denn die britische Monarchie steht im Zentrum all dieser Phänomene. Und der neue König Charles III. tut das auch. Hier kommen über Jahrhunderte aufgehäufter – tatsächlich: geplünderter – Reichtum und reaktionäre Schrulligkeit in einer Person zusammen.
Operation Reichsapfel
Das geht schon mit der Bezeichnung los, die sich der britische Staat und das Königshaus als Codename für das Krönungsspektakel ausgesucht haben: „Operation Goldener Reichsapfel“. Dieser Reichsapfel gehört zu den Kronjuwelen, die Charles III. während seiner Krönung mit sich herumschleppen wird. Es handelt sich um ein 16.5 Zentimeter großes Schmuckstück, dekoriert mit 375 Perlen, 365 Diamanten, 18 Rubinen und weiteren Edelsteinen. Geschmückt ist der Reichsapfel übrigens mit dem Kreuz – die von Großbritannien beherrschte Welt soll eine christliche sein.
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Woher die Schmuckstücke für die Kronjuwelen stammen? Großteils aus ehemaligen Kolonien von Großbritannien. Die Ex-Kolonien wollen diese inzwischen zurück. Doch der britische Staat und die britische Monarchie verweigern das seit Jahrzehnten konsequent.
So fordert etwa Indien bereits seit der Unabhängigkeit 1947 die Rückgabe des „Koh-i-noor“-Diamanten, ein zentrales Schmuckelement der britischen Krone. Reaktion der Monarchie: Sie wartete erst einmal bis 1976 ab und verweigerte dann die Rückgabe. Der Konflikt um den Diamanten schwelt bis heute weiter.
Der Amtseid wird bis heute auf die Krone abgelegt
Es geht bei der Krönung des neuen Königs um mehr als Symbolik. Denn die britische Krone symbolisiert bis heute auf vielen Ebenen auch den britischen Staat. Die Königin oder der König ist das Staatsoberhaupt. Beamt:innen, Soldat:innen oder Polizist:innen leisten in Großbritannien ihren Amtseid nicht auf Parlament oder Verfassung, sondern auf die Krone. Die Krone symbolisiert den Staat und umgekehrt. Und genau dieser Staat hat in den vergangenen Jahrzehnten auch sehr viel unternommen, um zu verschleiern, mit welcher Brutalität Großbritannien seine Macht in den Kolonien aufrechterhalten hat.

Bild: New Zealand Defence Force from Wellington, New Zealand, CC BY 2.0 https://creativecommons.org/licenses/by/2.0, Wikimedia Commons
Im Jahr 2012 kam der systematische Charakter dieser Verschleierung ans Licht. Da veröffentlichte die britische Tageszeitung „Guardian“ einen Artikel, wonach der britische Staat zehntausende Dokumente aus dutzenden ehemaligen Kolonien hat vernichten lassen. So wurden Beweise über Todesschwadronen und Folterkommandos vernichtet, die von britischer Seite gegen antikoloniale Unabhängigkeitsbewegungen eingesetzt worden waren. Die verstorbene britische Königin Elizabeth II. hat viele dieser Unabhängigkeitskämpfe als Staatsoberhaupt miterlebt. Doch zur britischen Rolle bei der Aufstandsbekämpfung gegen diese Bewegungen hat die Monarchin konsequent geschwiegen.
Sklaverei und koloniale Verbrechen
Mit dem Tod von Elizabeth II. ist diese lange verzögerte Debatte nicht mehr vermeidbar. Das wurde bereits in den Jahren vor dem Tod der Queen immer deutlicher. So wurde am 9. Juni 2020 in der südenglischen Hafenstadt Bristol die Statue des Sklavenhändlers Edward Colston von Demonstrant:innen vom Sockel gestürzt und ins Meer gekippt. Als Sklavenhändler war Colston Aktionär bei der „Royal African Company „(RAC). Die vom britischen König Charles II. im 17. Jahrhundert gegründete RAC diente der Ausbeutung von Goldvorkommen auf dem afrikanischen Kontinent sowie der Verschleppung zehntausender Menschen von Afrika nach Amerika für den Sklavenhandel.
This happened a few moments ago.
The Edward Colston statue has been pulled down. pic.twitter.com/E0BUxVHonc— BBC Radio Bristol (@BBCRB) June 7, 2020
#Bristol statue of Edward Colston has been pulled down and pushed into the harbour during the #BlackLivesMattter march pic.twitter.com/ME1yxAhw7G
— BBC Radio Bristol (@BBCRB) June 7, 2020
Den als Sklav:innen verschleppten Menschen wurde vor der Verschiffung das Siegel „RAC“ in die Haut eingebrannt. Auch direkte Vorfahren von Charles III. waren am Sklavenhandel beteiligt, wie der Guardian Ende April veröffentlichte. Nicht zuletzt deshalb wollen immer Menschen aus Commonwealth-Staaten das britische Königshaus loswerden.
Bewegung für die Abschaffung der Monarchie
So gibt es etwa in Jamaica eine breite Bewegung, die die Umwandlung des Inselstaates in eine Republik durchsetzen will – und wohl auch wird. Auch Premierminister Andrew Holness sagt: „Es ist Zeit, dass Jamaica eine Republik wird.“ Vom „Advocates Network Jamaica“ wird Charles III. als „direkter Profiteur am an afrikanischen und indigenen Menschen verübten Genozid, sowie der Brutalität und Unmenschlichkeit des Sklaverei und Kolonisierung Jamaikas und weltweit“ bezeichnet, der sich für die Verbrechen seiner eigenen Familie bislang nicht entschuldigt habe.
The Advocates Network has issued a call for Jamaicans to start a National Discussion around the country’s transition to a Republic. The campaign called “A Fi Wi Republic” includes action to remove King Charles III as Jamaica’s Head of State. #WeNaaEaseUp #OurJamaicanRepublic pic.twitter.com/BTIG2nOdNX
— Advocates Network Jamaica (@Advocatesnetja) April 3, 2023
Mit ähnlichen Argumenten hat sich bereits im Jahr 2021 der Karibik-Staat Barbados von der britischen Monarchie losgesagt und sich die Staatsform einer parlamentarischen Republik gegeben. Nicht zuletzt, um solchen Entwicklungen entgegenzusteuern, setzt die britische Monarchie bei den Krönungsfeierlichkeiten auf Diversität. Menschen mit dunkler Hautfarbe sollen prominente zeremonielle Rollen bekommen. Das kann aber nicht über den strukturellen Rassismus der britischen Krone und der britischen Aristokratie hinwegtäuschen.
Reichtum durch Diebstahl
Ausgebeutet wurde und wird dabei nicht nur in Übersee. Bis heute ist das britische Königshaus der größte Großgrundbesitzer im Vereinigten Königreich. Das Privatvermögen von Prinz Charles schätzte der „Guardian“ im April 2023 auf knapp 2 Milliarden Pfund. Damit ist der künftige König aus dem Geschlecht der Windsors einer der reichsten Menschen der Welt. „Windsor“ nennt sich das Königshaus übrigens erst seit dem Ersten Weltkrieg – eigentlich sitzt bis heute das deutsche Adelsgeschlecht Sachsen-Coburg und Gotha auf dem Thron. Woher der Reichtum dieser Adeligen stammt?
Neben der kolonialen Ausbeutung auch aus dem historischen Landraub, mit dem auf den britischen Inseln Millionen Kleinbauern und Kleinbäuerinnen von ihrem Land vertrieben und eigentumslos gemacht wurden. Dieser gigantische Diebstahl durch Monarchie und Adel war die Geburtsstunde der lohnabhängigen Arbeiter:innenklasse, deren Gegenüber eine feudale Großgrundbesitzerklasse war und ist.
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Die Krone und der Faschismus: Mehr als nur ein Flirt
Dieser Großgrundbesitz samt dazugehörigem Vermögen wird innerhalb der feudalen Familien vererbt. Daraus leitet sich ein Interesse ab, die eigene Blutlinie möglichst „rein“ zu halten. Das Familienerbe soll nicht verwässert werden oder an Familien und Klassen fließen, die als minderwertig betrachtet werden. Wie der Historiker Adam J. Sacks in einem Artikel für die britische linke Zeitschrift „Tribune“ beschreibt, ist dies auch eine Erklärung dafür, warum sich das britische Königshaus und große Teile der britischen Aristokratie Anfang des 20. Jahrhunderts schnell faschistischen, antisemitischen und nationalsozialistischen Ideologien zuwandten.
So pflegte das britische Königshaus enge Verbindungen zum britischen Faschistenführer Oswald Mosley. König Edward VIII., der im Jahr 1936 nur wenige Monate auf dem englischen Thron saß, war auch ein großer Befürworter Hitlers und der Nazis.
Mosley selbst entstammte übrigens ebenfalls einer aristokratischen Familie, die ihre Wurzeln bis ins zwölfte Jahrhundert zurückverfolgen kann. Britische pro-monarchistische Tageszeitungen wie die „Daily Mail“ publizierten bis zum Kriegsbeginn 1939 regelmäßig Lobeshymnen über Mussolini und Hitler. Gründer und Eigentümer der Daily Mail war Viscount Rothermere, ein Aristokrat, der Zeit seines Lebens gegen die Ausweitung des Wahlrechts auf eigentumslose Bevölkerungsschichten eintrat. Da ist es nur folgerichtig, dass von Queen Elizabeth II. Filmaufnahmen existieren, wie sie im Kindesalter vom engen Familienumfeld ermuntert wird, den Hitlergruß zu zeigen. Dafür kann das Kind Elizabeth natürlich nichts – doch in den kommenden Jahrzehnten setzten sich solche Traditionen weiter fort.
Rassismus und Esoterik im Königshaus
So fiel der Ehemann der Queen, Prinz Phillip, Zeit seines Lebens immer wieder durch rassistische Aussagen auf. Die Ehefrau von Prinz Harry, Meghan Markle, hielt es aufgrund andauernder rassistischer Anfeindungen nur kurze Zeit im königlichen Palast aus. Beide haben inzwischen ihre royalen Titel niedergelegt und leben in den USA. Und auch Harry selbst hat eine einschlägige Vergangenheit: Noch 2005 erschien er er bei einem Kostümfest mit einer Nazi-Uniform samt Hakenkreuzbinde. In seinen 2023 erschienenen Memoiren schreibt er, dass auch sein Bruder William und seine Schwägerin, Prinzessin Kate, ihn dazu ermutigt hätten. Es sagt einiges über die Familie.
Prince Harry, dressed as a Nazi. Incidentally he was more loved then, by those who hate him the most now. pic.twitter.com/GhS0tHJYyo
— Kwaku Esheru (@AkanKwaku) January 6, 2023
Der künftige König Charles III. dagegen wird gerne als eine Art Gegenmodell zur reaktionären Geschichte der Monarchie präsentiert. Ein Freund der ökologischen, kleinräumigen Landwirtschaft, der über Felder spazieren geht und nebenbei kritisch die moderne Architektur seines Heimatlandes betrachtet. Auch seine esoterischen Anwandlungen werden Charles III. gerne nachgesehen. Doch Charles ist ein überzeugter Befürworter der Homöopathie und intervenierte in der Vergangenheit sogar offen gegen Wissenschaftler:innen, die aufzeigten, dass es sich bei diesem Hokus Pokus nur um völlig überteuerte Zuckerkugeln handelt.
Hinter den Kulissen
Hinter dieser schrulligen Maske wird versteckt, dass Charles III. in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder eine wichtige Rolle im neokolonialen Gefüge Großbritanniens gespielt hat – und diese wohl auch weiter spielen wird. So veröffentlichte das britische Investigativmagazin „Declassified UK“ im Februar 2021 eine detaillierte Recherche über Charles‘ Dienstreisen im arabischen Raum.
Mitten in den Jahren der Revolte des arabischen Frühlings besuchte Charles zahlreiche Diktaturen, darunter Bahrain, Jordanien, Kuwait, Marokko, Katar und Saudi-Arabien. Während dieser Dienstreisen verhalf er britischen Rüstungskonzernen zu Waffenverkäufen an diese Regime in Höhe von 14.5 Milliarden Pfund. Hier wurden Waffen verkauft, die anschließend zur Niederschlagung der Protestbewegungen in der Region verwendet wurden und werden.
Hier geht es um Macht, Einfluss und Profite. Und das ist gleichzeitig eigentlich auch die Grundbeschreibung der britischen Monarchie. Für die politischen und wirtschaftlichen Eliten in Großbritannien ist die Monarchie zweifellos weiterhin eine Institution , die sich lohnt. Für den Rest der Welt wäre es allerdings besser, sie würde für immer verschwinden. Und der Reichtum der Krone könnte dann an die Nachkommen all jener Menschen verteilt werden, die von der britischen Monarchie über Jahrhunderte unterdrückt, bestohlen, gefoltert, versklavt und ermordet wurden.
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