Wir brauchen eine Obduktion für die verstorbene Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, fordert Gerichtsmediziner Peter Hofer. Schon allein, damit es keine rechten Verschwörungserzählungen gibt.

Der Tod der Ärztin Lisa-Maria Kellermayr ist das schreckliche Ende einer unerträglichen Jagd auf einen Menschen. Kellermayr hatte sich unermüdlich und ohne Angst um Aufklärung gegen Verschwörungsmythen bemüht. Das führte zu mehrfachen konkreten Morddrohungen, die – nicht zuletzt aufgrund der Untätigkeit der Behörden – zur Schließung ihrer Ordination führten. Nach Medienberichten hat diese Situation nun auch zu ihrem Suizid geführt.

Die Staatsanwaltschaft Wels hält laut Medien ein Fremdverschulden für ausgeschlossen und hat aus diesem Grund keine gerichtsmedizinische Obduktion angeordnet. Das ist aus mehreren Gründen nicht nachvollziehbar.

Zunächst wurden die Ermittlungen in diesem Todesfall von oberösterreichischen Behörden durchgeführt. Und genau die Behörden in Oberösterreich waren aufgrund ihrer mutmaßlichen Untätigkeit bei den Drohungen gegen Kellermayr massivster Kritik ausgesetzt. Allein dieser Umstand wirft, gelinde gesagt, ein schiefes Licht auf diese Entscheidung. Auf die Ermittlungsbehörden wird aufgrund ihrer Untätigkeit in den nächsten Tagen zweifellos eine Lawine an Anschuldigungen einprasseln. Damit wäre schon im eigenen Interesse eine Obduktion dringend anzuraten.

Doktorin Kellermayr war mit Morddrohungen gegen ihre Person konfrontiert. Es hat somit sicherlich eine konkrete Gefährdung ihrer Person gegeben. Laut Medienberichten liegt ein Abschiedsbrief vor, Zweifel an einem Suizid sollen nicht bestehen. Doch aus eigener gerichtsmedizinischer Erfahrung – und auch aus der Erfahrung vieler Kolleg*innen – ist eine Vielzahl an Fällen bekannt, wo sich nach einer Obduktion trotz zunächst eindeutiger Faktenlage doch Hinweise für ein Tötungsdelikt ergeben haben. Solche Fälle sind auch zahlreich in der einschlägigen Literatur zu finden.

Zu einer gerichtsmedizinischen Untersuchung gehört etwa die Durchführung toxikologischer Untersuchungen. Diese dienen dem Zweck, eine Beeinträchtigung etwa durch Drogen oder Medikamente auszuschließen oder nachzuweisen. Ohne derartige Untersuchungen wird sich niemals endgültig klären lassen, ob ein*e Verstorbene/r zum Zeitpunkt des Todeseintritts überhaupt handlungsfähig war.

Schließlich sind ohne Obduktion verschiedenen Spekulationen und Verschwörungsmythen Tür und Tor geöffnet. Schon jetzt werden in einschlägigen Telegramgruppen unterschiedlichste Verschwörungserzählungen verbreitet. So kursiert etwa in der einflussreichen Telegram-Gruppe „Fairdenken Wien“ die Nachricht, Kellermayr sei „erledigt“ worden, weil sie „nicht mehr impfen wollte“.Solche Verschwörungserzählungen könnten durch die Durchführung einer Obduktion durch unabhängige Gerichtsmediziner*innen widerlegt werden.

Da ich die Aktenlage nicht kenne, liegt es mir fern, hier irgendjemandem konkrete Vorwürfe zu machen. Doch im Gesamtbild erscheint der schnelle Verzicht auf eine Obduktion aus meiner gerichtsmedizinischen Sicht allerdings nicht nachvollziehbar.

Folgt Peter Hofer auf Twitter!

Hilfe in Krisensituationen!

Wenn Du oder Dir nahestehende Personen sich in einer psychischen Ausnahmesituation befinden oder Suizid-Gedanken haben, zögere nicht! Es gibt Unterstützung und Hilfe!

Die Psychiatrische Soforthilfe bietet in Österreich unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall. Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147. Weitere Informationen und Hilfsangebote findest Du unter https://www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention.html.

In Deutschland erreichst Du den psychiatrischen Bereitschaftsdienst rund um die Uhr unter 116 117. In der Schweiz erreichst Du das Ärztefon jederzeit unter 0800 33 66 55.

Wenn Angehörige von Dir betroffen sind, findest Du Informationen, Rat und Materialien unter www.suizidpraevention.at und www.agus-selbsthilfe.de.

_____________________
Hast Du diesen Beitrag gut gefunden? Es steckt viel Arbeit darin.

Mein Name ist Michael Bonvalot, ich bin der Herausgeber des stand.punkt. Ich hätte eine Bitte an Dich!

Die Artikel auf dieser Seite sind ohne Paywall für alle Menschen frei lesbar – und es wird hier auch niemals eine Paywall geben. Alle Menschen sollen die Inhalte auf dieser Seite lesen können, egal, wieviel Geld sie haben. Damit das möglich bleibt, brauche ich Deine Hilfe!

Wenn Du dieses Projekt gut findest, wenn Dir diese Arbeit etwas wert ist – dann bitte ich Dich um Deine Unterstützung! Besonders freue ich mich, wenn Du unsere Arbeit monatlich unterstützen möchtest. Nur so können wir planen und diese Arbeit professionell fortsetzen!

Schon ab 5 Euro im Monat kannst Du einen wichtigen Beitrag leisten – Damit noch mehr Menschen Journalismus mit Meinung und Haltung lesen können.

• Spendenkonto – monatlich/einmalig:

IBAN: AT64 1420 0200 1026 2551
BIC: BAWAATWW
Easy Bank, 1100 Wien
Kontoinhaber: Michael Bonvalot
(Bitte die Mailadresse als Verwendungszweck, damit ich Dich bei technischen Fragen erreichen kann!)

• Kreditkarte und Paypal – monatlich/einmalig:

• Steady – monatlich: Klick hier für Steady!
[Steady zieht hohe Gebühren ab, Bank/Paypal ist daher besser, wenn es Dir möglich ist!]

• Patreon – monatlich: Klick hier für Patreon!
[Patreon zieht hohe Gebühren ab, Bank/Paypal ist daher besser, wenn es Dir möglich ist!]

Vielen Dank für Deine Unterstützung!

Hast Du diesen Artikel lesenwert gefunden? Schick ihn jetzt weiter!