Der FK Austria Wien wird künftig vom russischen Energiekonzern Gazprom gesponsert. Das hat der Verein am Freitag bei einer Pressekonferenz bekannt gegeben. Was sind die Hintergründe?
Für die Austria könnte das neue Sponsoring ein Quantensprung sein. Zu Beginn will der Konzern zwar nur in den Nachwuchs der Violetten investieren, ein späteres Engagement bei den Profis schließt Alexander Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes von Gazprom, bei der Pressekonferenz aber nicht aus.
Beträge und konkrete Pläne werden nicht veröffentlicht, doch Wolfgang Katzian, Präsident der Austria, spricht von einem „tiefgehenden Engagement in der Nachwuchsarbeit“. Und klar ist natürlich, dass auch bei einem Nachwuchs-Sponsoring Mittel für den Bundesliga-Rekordmeister frei werden, die nun für die Profis verwendet werden können. Der Vertrag geht im ersten Schritt über fünf Jahre.
Die Austria baut bereits seit einiger Zeit ihre Infrastruktur intensiv aus. Das neu errichtete Stadion wurde vor kurzem eröffnet, das gesamte Investitionsvolumen beträgt laut Verein rund 48 Euro Millionen. Und hier ist nicht nur der Stadion inkludiert. Das sogenannte S.T.A.R.-Projekt der Austria umfasst vier Säulen nämlich Stadion, Trainingsplätze, Akademie sowie ein Regionales Nachwuchszentrum.
Der russische Konzern soll nun zur „Unterstützung aller Nachwuchs- und Akademie-Teams, von der U7 bis zu den Young Violets“ beitragen, so die Veilchen. Gazprom wird künftig auch als Trikotsponsor der Young Violets auftreten, der zweiten Mannschaft der Austria. Dieses Team spielt gegenwärtig in der zweithöchsten österreichischen Spielklasse. Auch die violette Akademie heißt ab sofort „Austria Wien Akademie powered by Gazprom Export“.
Hochpolitisches Sponsoring
Die Austria ist für Gazprom vermutlich ein guter Türöffner in Österreich. Der Verein hat bereits jetzt mehrere wichtige Sponsoren aus dem Energiebereich. Und klar ist, dass es sich um ein hochpolitisches Engagement handelt. Medwedew nennt das Sponsorprogramm des Konzerns im Fußballbereich treffend „Fußball für Freundschaft“. Es ist also der Versuch des Konzerns, guten Wind in den internationalen Auseinandersetzungen um Pipelines und Rohstoffe zu machen.
Gazprom ist eng mit der russischen Regierung verknüpft. Und die ist vor allem sehr daran interessiert, neue Pipelines zu bauen, die um die baltischen Staaten sowie die Ukraine herumreichen. So könnte Russland direkt die europäischen Märkte beliefern. Einerseits betrifft das eine Pipeline durch die Ostsee, die sogenannte Nord Stream 2.
Pipelines nach Österreich
Andererseits gab es auch ein Projekt für eine Pipeline durch das Schwarze Meer bis nach Österreich, die sogenannte South Stream. Das Projekt wurde zwar nach Druck der EU auf Bulgarien, einen der Partner des Projekts, vorerst auf Eis gelegt. Doch es darf davon ausgegangen werden, dass Russland immer noch Interesse an einer Umsetzung in der einen oder anderen Form hätte. In Österreich war und ist die teilstaatliche OMV der wichtigste Partner von Gazprom bei diesem und auch anderen Projekten. Die OMV wiederum sponsert bereits jetzt die Wiener Austria.
Mit der neuen österreichischen Bundesregierung erhofft sich Gazprom vermutlich Fürsprecher für künftige Projekte. Die FPÖ hat ja sogar einen offiziellen Kooperationsvertrag mit der russischen Regierungspartei „Einiges Russland“ von Präsident Wladimir Putin. Vermutlich ist es also auch kein Zufall, dass FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache bereits im Juni gegenüber dem Boulevardsende OE24 verkündete, dass er gehört hätte, „dass Gazprom bei einem Wiener Verein einstiegen will.“
Die Austria gilt zwar als sozialdemokratisch dominiert, mit Wolfgang Katzian ist der aktuelle Präsident auch gleichzeitig Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Doch die Kontakte im VIP-Club gehen natürlich über Parteigrenzen hinweg und sind offenbar für Gazprom so reizvoll, dass sie nun ein Sponsoring in Österreich beginnt.
Für kritische Fans der Austria ist die jetzige Situation zwiespältig. Einerseits steigt nun ein politisch zweifelhafter Konzern bei den Veilchen ein, der auch aus ökologischen Gründen regelmäßig und zurecht in der Kritik steht. Andererseits bringt der Einstieg neue finanzielle Mittel, die wiederum auch sportliche Erfolge bringen würden. Es ist das alte Problem des modernen Fußballs im Kapitalismus, wo letztlich eben doch vor allem Geld Fußball spielt.