Walter Rosenkranz gibt als Volksanwalt das „nette Gesicht“ der FPÖ. Tatsächlich zeigte der Burschenschafter schon Unterstützung für Identitäre und mutmaßliche Neonazis.
Öffentlich ist er nicht wahnsinnig bekannt. Dennoch schickt die FPÖ bei der Bundespräsidentschaftswahl 2022 ihren alten Kader Walter Rosenkranz ins Rennen. Ein eher schwacher Kandidat, der – Update! – im Oktober 2024 von den Blauen auch als erster Nationalratspräsident nominiert wird. Bei Medienauftritten gibt Rosenkranz sich gern freundlich und verbindlich. Tatsächlich ist er ein deutschnationaler Burschenschafter, der immer wieder mit einschlägigen Aussagen und Verbindungen aufgefallen ist.
Aufgestiegen ist Rosenkranz in der Zeit von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache: Zwischen 2008 und 2019 war er Nationalratsabgeordneter, von 2017 bis 2019 sogar Klubobmann im Nationalrat. Während der türkis-blauen Koalition, die an Ibiza zerbrochen ist, war er damit der Leiter der parlamentarischen FPÖ-Fraktion– und ist somit für alle politischen Entscheidungen dieser Zeit mitverantwortlich.
Volksanwalt und Kandidat
Dazu war der heute 60-jährige, der in Krems an der Donau geboren ist, zwischen 2013 bis 2019 auch Obmann der wichtigen FPÖ-Landesgruppe in Niederösterreich. Seit 2019 ist Rosenkranz nun auf einem FPÖ-Ticket einer der drei Volksanwälte in Österreich – ein Problem mit der Doppelfunktion als FPÖ-Kandidat und Volksanwalt sieht Rosenkranz offenbar nicht.
So berichtet die Wiener Zeitung etwa, dass der FPÖ-Kandidat in der Steiermark und Kärnten seine Wahlkampfauftritte gleich mit Sprechstunden als Volksanwalt verknüpft hätte. Und dass sich Rosenkranz während seines Wahlkampfes nicht einmal beurlauben ließ, ist auffällig: Eigentlich sollte der Job als Volksanwalt durchaus tagesfüllend sein.
Einmal Burschi, immer Burschi
Politisch auffällig wurde Rosenkranz erstmals Ende der 1980er Jahre, damals war er Obmann der Freiheitlichen Studenteninitiative (FSI). Die FSI wurde später mit der heutigen FPÖ-Studierendenorganisation Ring freiheitlicher Studenten (RFS) zusammengelegt. Wie die meisten männlichen Spitzenfunktionäre der FPÖ ist auch Rosenkranz Mitglied einer deutschnationalen Studentenverbindung: In seinem Fall ist es die Wiener Burschenschaft Libertas.
Heute ist er „Alter Herr“ seiner Verbindung – es gilt das „Lebensbundprinzip“: Einmal Burschi, immer Burschi. Die Libertas ist dabei einschlägig berüchtigt, sie steht sogar innerhalb der deutschnationalen Burschi-Szene ganz weit rechts.
So ist die Libertas Mitglied in der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“ (BG) innerhalb des Dachverbands „Deutsche Burschenschaft“ (DB). In der BG organisieren sich jene Burschenschaften, die sogar innerhalb der extrem rechten DB nochmals rechtsaußen stehen. Die österreichischen Verbindungen sind da traditionell ganz vorn dabei.
Preis für mutmaßliche Neonazi-Truppe
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Der Eingang zur „Bude“ der Libertas versteckt sich übrigens in der Wiener Gutenberggasse 13, einem Minigässchen mitten am hippen Spittelberg im 7. Bezirk. Die Burschis selbst wirken allerdings weniger hip: Sowohl die Homepage wie die Räumlichkeiten, die auf Fotos zu sehen sind, sehen eher so aus, als würden sie noch aus den Tagen stammen, wo Rosenkranz aktiver Mensurenschläger war. Doch das nur nebenbei. Ebenso ewiggestrig wie die „Bude“ dann die Ideologie.
So vergab die Libertas rund um das Jahr 2008 einen Preis „für herausragende Taten im Sinne des national-freiheitlichen Gedanken“ an eine Truppe namens „Bund freier Jugend“. Begründung der Rosenkranz-Burschenschaft für diesen Preis: „Durch seine von der Bevölkerung stark wahrgenommenen Kundgebungen und Veranstaltungen beanspruchte der BFJ in mutiger Weise ein Feld, das sonst quasi ausschließlich der Linken vorbehalten ist; der BFJ sieht sich für seine volkstreuen Aktivitäten stärkster staatlicher Repression ausgesetzt.“
Doch wen hat Rosenkranz da verteidigt?
Eine Behauptung, die eindeutig ein wenig Einordnung verdient! Etwa von Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Der schrieb in einem Gutachten über „offenkundige und verbrämte Verherrlichung nationalsozialistischer Ideen und Maßnahmen, zynische Leugnung von nationalsozialistischen Gewaltmaßnahmen“ durch den BFJ sowie über „eine hetzerische Sprache mit deutlich aggressivem Ton gegen Ausländer, Juden und ‚Volksfremde'“.
Rosenkranz selbst wertete Kritik an der Preisvergabe für diese Truppe am äußersten rechten Rand gegenüber den Niederösterreichischen Nachrichten damals als „reine Diffamierung“. Man habe doch nur zum Druck von Flugblättern etwas beigesteuert – „und die waren wirklich harmlos“, so der spätere Präsidentschaftskandidat.
Mit dem BFJ schließen sich übrigens auch die Kreise zwischen Rosenkranz und der einschlägigen Corona-Szene: Denn zwei zentrale Kader des BFJ waren Stefan Magnet und Michael Scharfmüller – heute sind beide als „Journalisten“ auf einschlägigen Kanälen aktiv. Beide saßen auch längere Zeit in U-Haft, vorgeworfen wurde ihnen, dass sie eine verbotene nationalsozialistische Organisation wieder aufbauen wollten. Ein Vorwurf, der schwer nachzuweisen ist. Magnet und Scharfmüller wurden rechtskräftig freigesprochen.
Rosenkranz und der „Arierparagraph“
Magnet hatte sich übrigens laut DÖW in einem Brief aus der Haft als „unbelehrbar und nicht re-sozialisierbar“ erklärt. Heute sind beide Ex-BFJ-Kader im extrem rechten Mediensumpf: Magnet ist die Frontfigur des Verschwörungssenders AUF1, Scharfmüller ist das Gesicht der Konkurrenzplattform „Info Direkt“.
Die Libertas von Rosenkranz machte auch später von sich reden, wie das DÖW berichtet: Am Höhepunkt des Burschenschafter-Streits um die anhaltende Gültigkeit des „Arierparagraphen“ wäre die Libertas 2011 unter jenen Rechtsaußen-Bünden gewesen, die eine „Erklärung zum volkstumsbezogenen Vaterlandsbegriff“ veröffentlichten. Dort sei „gegen jede Bestrebung, die Abstammung als notwendige Voraussetzung deutscher Volkszugehörigkeit allgemein oder in Einzelfällen für entbehrlich zu erklären“, protestiert worden.
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Mit diesem „Verrat“ würde sich die „Burschenschaft ihrem inneren Wesen nach selbst auf[geben]“. Letztlich nur konsequent, immerhin hatte die Libertas bereits 1878 den „Arierparagraphen“ eingeführt. Und Rosenkranz selbst? Der hatte– ebenfalls laut DÖW – einst in einem Burschenschafter-Jubiläumsband behauptet, der studentische Antisemitismus habe seinen Grund in der Tatsache, dass „überdurchschnittlich viele Juden Hörer an den Universitäten waren“. Und auch später wurde Rosenkranz immer wieder einschlägig auffällig.
Sympathie für Neofaschist:innen
So erklärte er noch im April 2019 als Klubobmann der damaligen Regierungspartei FPÖ in einem Interview in der ZIB 2, dass er die Aktionen der neofaschistischen Gruppe Identitäre anfänglich „durchaus erfrischend“ gefunden habe. „Das hat einen gewissen Charme gehabt“, so der FPÖ-Politiker.
Und auch jenseits der Sympathie für einschlägig faschistische Gruppen vertritt Rosenkranz ein eindeutiges Weltbild. So erklärte er im März 2017, es sei „der falsche Weg, noch immer Migranten aus Afrika durch eine EU-Mission auf dem Meer zu retten, um sie dann nach Europa zu schleppen“. Statt der Rettung von Menschenleben wollte er die „Festung Europa vorantreiben“.
Und wie passt das alles zur Tätigkeit von Rosenkranz als Volksanwalt? Wie die Faust aufs Auge: Unter den drei Volksanwält:innen gibt es eine Aufgabentrennung. Rosenkranz ist unter anderem für Polizei, Fremdenrecht und Asylwesen zuständig.
Ergänzt im Oktober 2024 um das Amt des Nationalratspräsidenten.
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